20. September 2023, 13:32 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Bewegungsmangel und eine hyperkalorische Ernährung sind die Hauptursachen für Fettansammlungen in der Leber. Da eine Fettleber keine Schmerzen verursacht, verstreicht häufig viel Zeit bis zur Diagnose. Die Folgen können drastisch sein: Aus einer anfänglichen Entzündung kann sich eine Leberzirrhose und Leberkrebs entwickeln. Jetzt macht eine Studie jedoch Hoffnung, dass es womöglich bald ein Medikament gegen die Fettleber geben könnte. FITBOOK-Redakteurin Sophie Brünke erklärt die Erkenntnisse der Forscher.
Die Fettleber ist insbesondere in den Industrienationen ein wachsendes gesundheitliches Problem, weltweit sind ganze 30 Prozent der Bevölkerung von einer nicht-alkoholischen Fettleber (NAFL) betroffen. Prekär ist, dass für diese Epidemie bisher keine medikamentöse Therapie zugelassen ist.1 Jetzt haben Forscher einen neuen Mechanismus in der Leber entdeckt, der für die Entwicklung eines Medikaments gegen Fettleber eine wirksame Stellschraube darstellt.2 Ein womöglich wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer medikamentösen Behandlungsmöglichkeit einer Fettleber.
Übersicht
So gingen die Wissenschaftler vor
„Eine Steigerung der körperlichen Aktivität und eine Verringerung der Kalorienmenge können helfen, die NAFL in den Griff zu bekommen, aber solche Änderungen des Lebensstils sind nur in frühen Stadien wirksam“, erklärt Hauptautor Mengyao Wu in einer Pressemitteilung.3 „Es gibt kein Medikament, um die übermäßige Fettspeicherung in der Leber umzukehren, sobald sich NASH (Entzündung der Leber, Steatohepatitis; A. d. R.) entwickelt hat.“
Im Mittelpunkt der Forschung steht ein Rezeptor in der Leber
Aus diesem Grund untersuchte das Forschungsteam ein Molekül, das in großen Mengen in der Leber vorkommt, den sogenannten Adhäsions-G-Protein-gekoppelten Rezeptor (kurz: Adgrf1).
Dieser Rezeptor ist ein Onkogen. Das bedeutet, dass er unter bestimmten Bedingungen an der Entwicklung von Tumorzellen beteiligt ist. Hauptsächlich wird Adgrf1 jedoch in der Leber gesunder Personen exprimiert. Bekannt ist, dass die Expression des Rezeptors bei fettleibigen Personen überraschenderweise wesentlich verringert ist.
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Modellierung des Rezeptors
Mittels einer Gentherapie wurde die Expression des Adgrf1 in der Leber bei fettleibigen Mäusen blockiert, um die Rolle des Rezeptors bei einer Fettleber zu untersuchen. Die klinische Relevanz wurde mithilfe von RNA-Profilen und Lebergewebe-Proben von NAFL-Patienten untersucht.
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Entdeckung eines neuen Mechanismus
Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass erhöhte Adgrf1-Spiegel in der Leber von Menschen und Mäusen auch zu einer erhöhten Ansammlung von Fett führten. Andersherum reduzierten sich die Fettwerte bei niedrigen Spiegeln.
Um den Mechanismus dahinter zu verstehen, führten die Wissenschaftler eine RNA-Sequenzierung durch. Die Blockierung des Rezeptors äußerte sich in einer veränderten Genexpression. Es konnte festgestellt werden, dass Adgrf1 die Expression von Enzymen, die an der Fettsynthese beteiligt sind, beeinflusst. Auch ein wichtiges, regulatorisch wirkendes Enzym namens Stearoyl-CoA-Desaturase 1 (kurz: Scd1) war davon betroffen. Über Scd1 ist bekannt, dass es bei Fettleber, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes eine Rolle spielt. Wurde bei Mäusen mit einer Fettleber das Scd1 gehemmt, verringerten sich auch die Symptome einer Adgrf1-vermittelten Fettlebererkrankung.
Die Ergebnisse beweisen, dass Adgrf1 eine Rolle bei der Regulierung des Fettstoffwechsels in der Leber spielt.
Wird es bald ein Medikament gegen Fettleber geben?
Die Studienergebnisse sind ohne Frage ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg, ein Medikament gegen Fettleber zu entwickeln.
Therapien, die den Adgrf1-Spiegel senken, könnten dazu beitragen, Fettansammlungen in der Leber bei Patienten zu verhindern, bei denen das Risiko besteht, an einer Fettleber zu erkranken.
Allerdings bedarf es weiterer Forschung, um die Wirksamkeit und Sicherheit der gezielten Modellierung von Adgrf1 bei Menschen zu bestätigen und geeignete Medikamente zu entwickeln.
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Quellen
- 1. Le, M.H., Le, D.M., Baez, T.C. et al. (2023). Global incidence of non-alcoholic fatty liver disease: A systematic review and meta-analysis of 63 studies and 1,201,807 persons. Journal of Hepatology.
- 2. Wu, M., Lo, T.H. Li, L. et al. (2023). Amelioration of non-alcoholic fatty liver disease by targeting adhesion G protein-coupled receptor F1 (Adgrf1). eLife.
- 3. eLife. Study identifies new drug target for preventing fatty liver disease. (aufgerufen am 20.09.2023)