5. April 2024, 14:45 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Fasten ist nicht jedermanns Sache. Was für den einen ein geliebtes Ritual ist, ist für den anderen bloß eine Qual. Doch Fasten birgt einige gesundheitliche Vorteile – das wussten schon unsere Vorfahren. Wie der Nahrungsverzicht im Körper wirkt und welche Prozesse es in Gang setzt, haben Forschende in London dank neuer Analysetechniken entschlüsselt. FITBOOK-Ernährungsexpertin Sophie Brünke erklärt die Erkenntnisse der Studie.
Das Konzept des Fastens zieht sich durch die Geschichte der Menschheit. Ob als spirituelles Ritual in der Frühzeit, medizinische Maßnahme in der Antike oder auch heute zum Abnehmen – dem Fasten fehlt es nicht an Beliebtheit. Doch noch heute forschen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen daran, herauszufinden, inwiefern der Verzicht auf Nahrung zu den nachgesagten gesundheitlichen Vorteilen führen kann. Forschende an der „Queen Mary University of London“ sowie der norwegischen „School of Sports Sciences“ sind den physiologischen Vorgängen im Körper nun in einer Interventionsstudie auf den Grund gegangen – und haben erhebliche Veränderungen in den Organen identifiziert.
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Übersicht
- Was bisher über Fasten bekannt war
- Studie begleitete Teilnehmende eine Woche lang beim Fasten
- Zwölf Probanden verzichteten sieben Tage auf Essen
- Die Teilnehmenden verloren durchschnittlich 5,7 Kilogramm
- Nach drei Tagen veränderten sich die Proteinspiegel
- Wie kann Fasten in Zukunft im Gesundheitswesen eingesetzt werden?
- Quellen
Was bisher über Fasten bekannt war
Wenn es dem Körper an Nahrung fehlt, greift er auf seine Reserven zurück. Zu Beginn wird der Vorrat von Glykogen, welcher in der Leber sitzt, verstoffwechselt. Glykogen ist die Speicherform von Glucose und gibt dem Körper für einen halben bis ganzen Tag Energie, ehe der Speicher erschöpft ist. Danach geht es ans Fett, der Energiestoffwechsel stellt sich um. Aus dem Körperfett gewinnt die Leber ersatzweise zur Glucose sogenannte Ketonkörper. Diesen Stoffwechselzustand nennt man Ketose.
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Studie begleitete Teilnehmende eine Woche lang beim Fasten
Beim Fasten baut der Körper nicht nur Fette ab, es kommt auf molekularer Ebene auch zu erheblichen Veränderungen im Stoffwechsel. Wie der Körper auf längere Perioden ohne Nahrung reagiert und welche Auswirkungen diese auf die Gesundheit haben – sowohl positiv als auch negativ – war bisher wenig erforscht. Neue Analysetechniken ermöglichten dem Forschungsteam rund um Studienautor Maik Pietzner 3000 verschiedene Proteine, welche im Blut zirkulieren, zu messen und so molekulare Anpassungen des Körpers an das Fasten greifbar zu machen.1
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Zwölf Probanden verzichteten sieben Tage auf Essen
An der Fastenintervention nahmen zwölf gesunde Probanden teil, fünf Frauen und sieben Männer. Für einen Zeitraum von sieben Tagen durften sie keine Nahrung zu sich nehmen und lediglich Wasser trinken. Das Forschungsteam überwachte hierbei ihren Gesundheitsstatus. Außerdem wurden die Veränderungen der Proteine im Blutspiegel vor, während und nach dem Fasten protokolliert. Durch die Identifikation der Proteine, welche an den Fastenreaktionen des Körpers beteiligt waren, konnten die Wissenschaftler mögliche gesundheitliche Folgen eines längeren Fastens vorhersagen, indem sie weitere genetische Daten aus vorherigen Studien heranzogen.
Die Teilnehmenden verloren durchschnittlich 5,7 Kilogramm
Wie zu erwarten, zeigte sich nach der Testwoche ein Gewichtsverlust. Im Schnitt nahmen die Probanden 5,7 Kilogramm ab. Diese setzen sich hauptsächlich aus Muskel-, Organ- oder Bindegewebsmasse zusammen. Bereits drei Tage später, nachdem die Probanden wieder mit der Nahrungsaufnahme begonnen hatten, bauten sich diese erneut auf. Das abgebaute Körperfett kehrte jedoch nicht zurück.
Nach drei Tagen veränderten sich die Proteinspiegel
Nach etwa drei Tagen Fasten kam es zu wesentlichen Veränderungen im Proteinspiegel, was auf eine Reaktion des gesamten Körpers auf die Nahrungskarenz hindeutet. Insgesamt veränderte sich jedes dritte untersuchte Protein während des Fastens in allen wichtigen Organen deutlich. Diese Veränderungen waren bei allen Probanden gleich. Zudem gab es charakteristische Merkmale des Fastens, die über die Gewichtsabnahme hinausgingen, wie etwa Veränderungen in Proteinen, die die unterstützende Struktur für Neuronen im Gehirn bilden.
In einer Pressemitteilung der Universität äußerte sich Institutleiterin Claudia Langenberg folgendermaßen zu diesen Erkenntnissen: „Zum ersten Mal können wir sehen, was auf molekularer Ebene im gesamten Körper passiert, wenn wir fasten. Fasten ist, wenn es sicher durchgeführt wird, eine wirksame Maßnahme zur Gewichtsabnahme. Beliebte Diäten, die Fasten beinhalten – wie etwa das intermittierende Fasten – behaupten, dass sie über die Gewichtsabnahme hinaus gesundheitliche Vorteile haben. Unsere Ergebnisse liefern Belege für die gesundheitlichen Vorteile des Fastens, die über die Gewichtsabnahme hinausgehen, diese waren jedoch erst nach drei Tagen völliger Kalorienrestriktion sichtbar – später, als wir bisher dachten.“2
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Wie kann Fasten in Zukunft im Gesundheitswesen eingesetzt werden?
Noch dürfte es wohl dauern, bis auf Rezept gefastet wird, doch die Studienerkenntnisse sind ein wichtiger Meilenstein. Pietzner erklärt in der Pressemitteilung: „Unsere Erkenntnisse haben eine Grundlage für uraltes Wissen darüber geliefert, warum Fasten bei bestimmten Erkrankungen eingesetzt wird. Während Fasten bei der Behandlung mancher Erkrankungen hilfreich sein kann, ist Fasten für Patienten mit gesundheitlichen Problemen oft keine Option. Wir hoffen, dass diese Erkenntnisse Aufschluss darüber geben können, warum Fasten in bestimmten Fällen von Vorteil ist, und die dann zur Entwicklung von Behandlungen genutzt werden können, die Patienten anwenden können.“