
25. März 2025, 12:55 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Wissen Sie, dass Ihre Ernährung eine große Rolle für die Leistungsfähigkeit Ihres Immunsystems spielt? Wer seine Anfälligkeit für Erkältungs- oder Grippeerreger reduzieren möchte, kann mit einer ausgewogenen Ernährung viel bewirken. Was ganz klar nicht auf dem Teller landen sollte: fettige Speisen. Diese tun dem Immunsystem gar nicht gut. Warum das so ist, erklärt jetzt eine aktuelle Studie genauer.
Die neue Studie der Universität von Michigan zeigt: Eine langfristig fettreiche Ernährung kann wichtige Immunzellen – sogenannte neutrophile Granulozyten – deutlich schwächen. Die Folge: Der Körper wird nicht nur anfälliger für Infekte, sondern kann sich auch nach gesundheitlichen Belastungen schlechter erholen. Doch wie genau bringt Fett das Immunsystem aus dem Gleichgewicht – und was haben Entzündungen und Immunzellen damit zu tun?
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Übersicht
Studie untersucht Immunzellen
Um diesen Fragen nachzugehen, führte das Forschungsteam eine Reihe aufwendiger Tierversuche durch. Über 16 Wochen erhielten Labormäuse entweder eine normale oder eine fettreiche Ernährung. Anschließend analysierten die Forschenden bestimmte Immunzellen – sogenannte Neutrophile – mithilfe bestimmter Methoden wie Einzelzell-RNA-Sequenzierung, Stoffwechselanalysen und Zelltransplantationen.1
Was sind Neutrophile?
Neutrophile gehören zu den weißen Blutkörperchen und spielen eine zentrale Rolle bei der Abwehr von Infektionen sowie der Unterstützung von Heilungsprozessen im Körper. Ihre Anzahl kann sich unter verschiedenen Umständen oder bei bestimmten Erkrankungen erhöhen, beispielsweise bei:
- Verletzungen
- Infektionen
- Entzündliche Erkrankungen
- Einnahme bestimmter Medikamente
- Bestimmte Formen von Leukämie
Am häufigsten geschieht ein Anstieg der Neutrophilen als normale Reaktion des Körpers auf eine Infektion. Ist die Neutrophilenzahl erhöht, stellt dies in vielen Fällen eine sinnvolle Abwehrreaktion dar, um Heilungsprozesse zu fördern oder eingedrungene Krankheitserreger und Fremdstoffe zu bekämpfen. Infektionen durch Bakterien, Viren, Pilze oder Parasiten können diesen Anstieg im Blut auslösen.2
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Was und warum wurde untersucht?
Übergewicht steht seit Längerem im Verdacht, das Immunsystem zu beeinträchtigen – unter anderem durch dauerhafte, unterschwellige Entzündungen im Körper. Dabei sind bestimmte Entzündungsbotenstoffe im Blut erhöht, etwa IL-6 oder TNF-α. Gleichzeitig steigt die Zahl bestimmter Immunzellen wie Monozyten, Makrophagen und Neutrophile. Während über die Rolle von Monozyten und Makrophagen schon viel bekannt ist, sind die Auswirkungen auf Neutrophile bislang kaum erforscht.3,4
Genau hier setzt die aktuelle Studie an: Die Forschenden wollten herausfinden, ob eine langfristig fettreiche Ernährung die Funktion dieser Immunzellen verändert – etwa ihre Fähigkeit, Bakterien zu bekämpfen oder die Regeneration des Knochenmarks zu unterstützen.
Ablauf der Studie
Männliche C57BL/6J-Mäuse erhielten ab der sechsten Lebenswoche für 16 Wochen entweder eine Normalkost (13,5 Prozent Fett) oder eine Hochfettkost (60 Prozent Fettanteil). Sogenannte C57BL/6-Mäuse zählen zu den am weitesten verbreiteten Inzuchtlinien in der biomedizinischen Forschung. Da die Tiere innerhalb eines Stammes genetisch gleich sind, lassen sich Versuchsergebnisse zuverlässig vergleichen – ohne durch genetische Unterschiede beeinflusst zu werden. Typisch für Inzuchtstämme ist die große Einheitlichkeit in erblichen Eigenschaften wie Aussehen, Verhalten und Reaktion auf experimentelle Eingriffe.5
Das Forschungsteam analysierte einzelne Immunzellen auf ihre Genaktivität, untersuchte ihre Stoffwechselvorgänge, testete ihre Fähigkeit zur Abwehr von Bakterien und führte Zelltransplantationen durch. Auch die Einlagerung von Fetten in den Zellen wurde sichtbar gemacht.
Einsatz von Hemmstoffen
Zudem setzten die Forschenden bestimmte Hemmstoffe ein: Mit C75 blockierten sie die Fettsäuresynthase (FAS) – ein Enzym, das in der Zelle neue Fettsäuren herstellt. Mit Etomoxir hemmten sie Carnitin-Palmitoyltransferase 1a (CPT1a). Dieses Enzym sorgt dafür, dass Fettsäuren in die Mitochondrien gelangen, wo sie zur Energiegewinnung verbrannt werden. Zusätzlich wurde die Wirkung von Palmitat getestet – einer gesättigten Fettsäure, wie sie typischerweise in tierischen Fetten vorkommt.
Das ist das Ergebnis der Studie
Die Studie ergab, dass eine 16-wöchige Hochfettkost bei Mäusen zu einer signifikanten Expansion (starkem Anstieg) unreifer und gealterter Neutrophilen im Knochenmark führt – jedoch auf Kosten ihrer Funktionalität. Konkret zeigte sich:
Reduzierte Immunfunktion
Neutrophile aus HFD-Mäusen („High-Fat-Diet“), die sich fettreich ernährt haben, wiesen eine deutlich eingeschränkte Fähigkeit ihrer Transportfunktion sowie der Funktion des Abtötens von Pseudomonas aeruginosa auf. Letzteres ist ein krankheitserregendes Bakterium, das besonders für Menschen mit geschwächtem Immunsystem gefährlich werden kann. Es kommt häufig in Krankenhäusern vor, ist widerstandsfähig gegen viele Antibiotika und kann z. B. Lungenentzündungen, Harnwegsinfektionen oder Wundinfektionen verursachen.6
Eine weitere Beobachtung: Die Bildung von sogenannten NETs (Neutrophil Extracellular Traps) war unter HFD-Bedingungen sowie nach Palmitat-Zugabe vermindert. Unter NETs versteht man netzartige Strukturen, die von aktivierten Neutrophilen gebildet werden. Sie bestehen aus DNA und Abwehrstoffen und dienen dazu, Krankheitserreger einzufangen und unschädlich zu machen.7
Stoffwechselverschiebung
Bei den Mäusen, die eine aus 60 Prozent Fett bestehende Diät erhielten, zeigten die Immunzellen (Neutrophile) eine verstärkte Aktivität von Genen, die mit dem Umgang und der Speicherung von Fettsäuren zu tun haben – vor allem Acot1, Cpt1a und Plin2. Das deutet darauf hin, dass die Zellen zunehmend Fettsäuren statt Zucker (Glukose) als Energiequelle nutzen.
Veränderte TNF-ɑ-Produktion
Im Ruhezustand schütteten die Neutrophilen von HFD-Mäusen eine deutlich geringere Menge an Entzündungsbotenstoffs TNF-ɑ aus. Wurden sie jedoch durch einen Reiz (LPS) aktiviert, reagierten sie mit einer stärkeren TNF-ɑ-Freisetzung als normale Zellen. Dieser Effekt ließ sich deutlich bremsen, wenn bestimmte Stoffwechselwege für Fettsäuren gezielt blockiert wurden – etwa durch Hemmung der Enzyme FAS oder CPT1a.
Beeinträchtigte Knochenmarkregeneration
In einem Modell zur Knochenmarktransplantation halfen Neutrophile aus normal ernährten Mäusen (ND-Mäusen) deutlich besser bei der Regeneration als jene aus HFD-Mäusen. Wahrscheinlich lag das an der geringeren TNF-ɑ-Ausschüttung und der veränderten Zusammensetzung der Zellen.
Welche Bedeutung haben die Ergebnisse?
Die Studie liefert neue Erkenntnisse darüber, wie stark ein fettreiches Umfeld den Stoffwechsel und die Funktionsweise von Neutrophilen beeinflussen kann. Obwohl die Anzahl dieser weißen Blutkörperchen unter fettreicher Ernährung zunimmt, verschlechtert sich ihre Leistungsfähigkeit deutlich.
Das bedeutet: Übergewicht (aufgrund fettreicher Ernährung) kann nicht nur chronische Erkrankungen begünstigen, sondern auch das Infektionsrisiko erhöhen. Außerdem deuten die Ergebnisse darauf hin, dass sich der Körper nach medizinischen Belastungen (simuliert im Modell der Knochenmarktransplantation) wie z. B. einer Chemotherapie schlechter erholen könnte – weil wichtige Abwehrzellen ihre unterstützende Funktion im Knochenmark verlieren.
Einordnung und Einschränkungen
Die Studie beeindruckt mit einer breiten Auswahl an modernen Untersuchungsmethoden und einer sehr genauen Analyse auf Zellebene. Besonders hervorzuheben ist die Einzelzellsequenzierung, mit der unterschiedliche Typen von Neutrophilen genau beschrieben werden konnten.
Allerdings gibt es auch Einschränkungen. Die Experimente wurden an Versuchstieren durchgeführt, wie genau sich die Ergebnisse auf den Menschen übertragen lassen, müsste nun weiter erforscht werden. Zudem haben die Forscher nur männliche Mäusen in ihre Experimente eingeschlossen, obwohl Immunreaktionen bei weiblichen Tieren anders aussehen können. Außerdem wurde nur das Knochenmark untersucht – dabei könnten Neutrophile in anderen Geweben anders reagieren. Ebenfalls anzumerken: Die Forschenden haben die Rolle des Botenstoffs TNF-ɑ nicht gezielt durch Genabschaltung (Knockout) untersucht. Daher bleibt unklar, ob er tatsächlich für die beobachteten Effekte verantwortlich ist.

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Fazit
Eine fettreiche Ernährung kann offenbar die Abwehrkräfte des Körpers messbar schwächen – vor allem durch Veränderungen im zellulären Stoffwechsel. Die vorgestellte Studie legt nahe, dass ein hoher Fettanteil in der Ernährung nicht nur das Infektionsrisiko erhöht, sondern auch die Regeneration nach Belastungen erschwert. Die Erkenntnisse liefern neue Ansatzpunkte, wie man das Immunsystem bei Stoffwechselstörungen gezielt unterstützen könnte.