29. Dezember 2021, 17:17 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Immer mehr Kinder haben Übergewicht oder sind fettleibig. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch als Erwachsene starkes Übergewicht haben und diverse Krankheiten entwickeln. Wie eine britische Studie zeigt, spielt die Ernährung der Mutter womöglich nicht nur während der Schwangerschaft, sondern schon zuvor eine entscheidende Rolle.
Laut dem Bundesministerium für Gesundheit sind Übergewicht und Fettleibigkeit (Adipositas) bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland weit verbreitet.1 So hat eine Untersuchung (KiGGS) des Robert-Koch-Instituts im Zeitraum zwischen 2014 und 2017 ergeben, dass 9,5 Prozent der Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen drei und 17 Jahren übergewichtig sind.2 5,9 Prozent der Untersuchten waren sogar adipös, also fettleibig. Das Problem: Wer als Kind Übergewicht entwickelt, der wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Leben lang behalten. Dadurch steigt das Risiko für etliche Krankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und sogar Depressionen. Welche Rolle die Ernährung der Mutter vor und während der Schwangerschaft beim Übergewicht der Kinder spielt, wollten britische Wissenschaftler herausfinden.
Übersicht
Ernährung der Mutter schon vor Schwangerschaft wichtig
Wie eine Langzeitstudie der britischen University of Southampton ergab, waren insbesondere Kinder im Alter von etwa acht bis neun Jahren häufiger fettleibig, wenn ihre Mütter sich während und vor der Schwangerschaft schlecht ernährten. Dazu werteten die Wissenschaftler Ernährungsdaten von 2963 Frauen aus. Ihre Essgewohnheiten wurden vor der Schwangerschaft sowie in der 11. und 34. Schwangerschaftswoche dokumentiert. Später mussten sie Angaben zu den Mahlzeiten der Kinder machen, als diese 6 und 12 Monate alt waren sowie im Alter von 3, 6-7 und 8-9 Jahren. Mit verschiedenen Messmethoden wurde zudem bei jeder Untersuchung der Körperfettanteil sowie am Ende der Studie auch der Body-Mass-Index (BMI) der Kinder bestimmt.
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Die Auswertung der Daten ergab, dass eine schlechte Ernährung auch mit einem höheren BMI der Mutter vor der Schwangerschaft, mit Rauchen, einem niedrigeren Alter der Mutter und einem niedrigeren Bildungsabschluss verbunden war. Die Kinder dieser Mütter hatten im Alter zwischen acht und neun Jahren im Durchschnitt einen höheren Körperfettanteil und einen höheren BMI im Vergleich zu Kindern jener Mütter, die sich schon vor der Schwangerschaft gesund ernährten.
Daraus folgernd weisen die Forscher darauf hin, dass die Phase vor der Empfängnis ein wichtiges Zeitfenster sei, um positive Ernährungsumstellungen der zukünftigen Mütter zu fördern. „Diese Untersuchung zeigt, wie wichtig es ist, zum frühestmöglichen Zeitpunkt in das Leben eines Kindes – in der Schwangerschaft oder sogar noch davor – einzugreifen, um dieses Problem zu bewältigen“, sagt eine der Studienautorinnen, Professor Dr. Sarah R. Crozier von der University of Southampton.
Gesunde Ernährung hängt vom sozialen Status ab
Offensichtlich hängt die schlechte Ernährung der Mütter und Kinder auch stark von soziodemografischen Faktoren wie Herkunft, Bildungsstatus und Einkommen ab. Zu diesem Ergebnis kommt auch die KiGGS-Studie des Robert-Koch-Instituts. So sind Kinder aus benachteiligten Familien sehr viel häufiger von Übergewicht und Fettleibigkeit betroffen als Gleichaltrige mit hohem sozialen Status. Zudem tragen Kinder und Jugendliche mit sozial schwachem Status das höchste Risiko für Übergewicht, Zuckerkonsum und Bewegungsmangel. „Die Studie zeigt deutlich, dass Gesundheit in Deutschland von sozialen Herkunftskriterien abhängt“, kommentiert Professor Dr. med. Dirk Müller-Wieland, Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG).
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Fazit
Die britische Langzeitstudie zeigt, wie wichtig es ist, dass Frauen sich nicht nur während und in der Stillzeit gesund ernähren, sondern auch schon davor. Offensichtlich nehmen sie dadurch Einfluss auf das spätere Gewicht ihres Kindes. Mütter, die sich schlecht ernähren, erhöhen das Risiko ihrer Kinder, übergewichtig zu werden. Ob die werdenden Mütter sich gesund ernähren und generell gesund leben, scheint aber auch sehr mit soziodemografischen Faktoren zusammenzuhängen. Denn laut dieser Studie hatten insbesondere jüngere Mutter mit einem niedrigeren Bildungsabschluss übergewichtige Kinder. Wie so oft könnte auch hier eine bessere Bildung dazu beitragen, dass Mütter sich gesünder ernähren und normalgewichtige Kinder haben.
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Quellen
- 1. Bundesministerium für Gesundheit. Förderschwerpunkt Prävention von Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen. (aufgerufen am 29.12.2021)
- 2. KiGGS Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. KiGGS Welle 2. (aufgerufen am 29.12.2021)
- 3. Dalrymple, K.V., Vogel, C., Godfrey, K.M. et al. (2021). Longitudinal dietary trajectories from preconception to mid-childhood in women and children in the Southampton Women’s Survey and their relation to offspring adiposity: a group-based trajectory modelling approach. Int J Obes.