5. Juli 2024, 17:19 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Wer sich müde oder träge fühlt, greift gerne mal zu Energydrinks. Deshalb ist dieses Getränk mitunter in der Partyszene sehr beliebt – besonders in Kombination mit Alkohol. Doch wie schädlich ist dieser wach machende und enthemmende Mix für die Gesundheit? Antwort darauf gibt eine neue Studie, die sich mit den Langzeitfolgen des Mischkonsums beschäftigte. FITBOOK-Redakteurin Janine Riedle berichtet.
Das Trinken von Alkohol wirkt enthemmend, die Sehfähigkeit und die Orientierung nehmen ab und auch die Reaktionsfähigkeit verschlechtert sich. Energydrinks putschen dagegen auf und machen wach. Das führt zum Anstieg von Pulsfrequenz und Blutdruck. Wenn die beiden Getränke dann noch kombiniert werden, kann das folglich zu unerwünschten Nebenwirkungen führen – aber auch langfristig? Forscher der italienischen Universitäten Cagliari und Catania gingen dem nun auf den Grund und untersuchten, inwiefern sich die Kombination von Alkohol und Energydrinks auf das Gehirn auswirkt.
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Übersicht
Untersuchungen an Ratten
Repräsentativ nutzten die Wissenschaftler männliche Ratten, die sie eigens für die Studie heranzüchteten. Etwa 21 Tagen nach ihrer Züchtung verabreichte man den Nagern mithilfe von Sonden:
- Leitungswasser zur Kontrolle
- 3,2 Gramm pro Kilogramm einer 20-prozentigen Ethanollösung (Alkohol), was etwa eineinhalb bis zwei Getränken mit zwölf Gramm Ethanollösung bei einem 70 Kilogramm schweren Menschen entspricht
- Zwei CanEq pro Kilogramm Red Bull, eine Menge, die zwei Dosen bei einem 70 Kilogramm schweren Menschen entspricht. Das entspricht einer Koffeinmenge von 2,5 Milligramm pro Kilogramm und einer Taurinmenge von 30 Milligramm pro Kilogramm Körpermasse. Das wiederum führt zu einer Koffein/Taurin-Blutkonzentration von zehn bis 20 Mikrometer bzw. 100 bis 300 Mikrometer.
Entweder gab man den Nagetieren Alkohol, Energydrinks oder beides. Anschließend führte man eine zweistündige Gewöhnungssitzung durch. Danach wurden die Ratten in zufälliger Reihenfolge in fünf verschiedene Behandlungsgruppen eingeteilt, um Unterschiede in der motorischen Leistung zwischen den nach verabreichten Getränken geordneten Gruppen zu vermeiden. Daraufhin führte man verhaltensbezogene, elektrophysiologische, biochemische und molekulare Analysen zu verschiedenen Zeitpunkten (drei, 23 und 53 Tage nach der Verabreichung), die den Alterungsstufen bei Ratten entsprechen, und unterschiedlichen Versuchsgruppen durch.1
- Kohorte 1: Bewertung der motorischen Aktivität und Durchführung des NOR-Tests, der zur Bewertung verschiedener Aspekte des Lernens und des Gedächtnisses bei Nagetieren dient.
- Kohorte 2: Durchführung des Morris-Wasserlabyrinth-Tests, um das räumliche Lernen, das Gedächtnis und Verhaltensflexibilität zu bewerten.
- Kohorte 3: Durchführung von elektrophysiologischen Experimenten.
- Kohorte 4: Molekulare Analysen in Gehirnextrakten.
- Kohorte 5: Neurochemische Messungen im Plasma.
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Verschlechterung der kognitiven Fähigkeiten
Die Tests ergaben, dass insbesondere die jugendlichen Ratten, welche die Mixgetränke zugeführt bekamen, dauerhafte Veränderungen in ihrer Lern- und Erinnerungsfähigkeit aufwiesen. Zudem zeigten die Analysen auf, dass sich der Hippocampus – die Schaltstelle zwischen dem Kurz- und dem Langzeitgedächtnis – veränderte. Das könnte die Plastizität des Gehirns beeinträchtigen, also die Eigenschaft, sich strukturell zu verändern, um sich bspw. an Umweltbedingungen anzupassen. Das spielt besonders beim Lernen und für das Gedächtnis eine wichtige Rolle.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Konsum von Alkohol gemischt mit Energydrinks während der Adoleszenzperiode (Übergang von Kindheit zur Jugend; A. d. R.) adaptive Veränderungen im Hippocampus auf elektrophysiologischer und molekularer Ebene hervorruft, die mit Verhaltensänderungen einhergehen, die bereits während der Jugend nachweisbar sind und im Erwachsenenalter bestehen bleiben“, schreiben die Forscher in ihrer Studie.
Zu Anfang beobachtete man bei den Ratten, welche die Kombination aus Alkohol und Energydrinks zugeführt bekommen hatten, dass sich die Gehirnparameter und -funktionen verbesserten. Das hielt jedoch nicht lange an: Mit der Zeit und bis ins Erwachsenenalter nahm die Leistung des Gehirns durch Energydrinks und Alkohol immer weiter ab. Demnach stellt sich die Frage, inwiefern der Mischkonsum Risiken für die Gehirnreifung darstellt. Die Wissenschaftler schlussfolgern: „Insgesamt weist die Analyse des gesamten erhaltenen Datensatzes nachdrücklich darauf hin, dass die Mischung von Alkohol mit Energydrinks während der Pubertät möglicherweise Auswirkungen hat, die nicht unbedingt mit denen übereinstimmen, die bei alleiniger Einnahme von Ethanol oder Energydrinks beobachtet werden, und dass die Plastizität des Hippocampus dauerhaft beeinträchtigt wird.“
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Einordnung der Studie
Die Studie liefert Hinweise, dass der Konsum von Alkohol gepaart mit Energydrinks die Gehirnstruktur negativ verändern kann. Jedoch weisen die Untersuchungen Einschränkungen auf. Denn zum einen forschte man nur an männlichen Ratten, weshalb die Ergebnisse nicht zwangsläufig auch auf Menschen zutreffen müssen. Des Weiteren führte man keine Experimente mit weiblichen Ratten durch. Auch die Beschränkung auf eine Energydrink-Marke macht aufgrund verschiedener Zusammensetzungen nicht deutlich, ob die Ergebnisse auf sämtlichen Wachmacher zurückzuführen sind.