21. Januar 2025, 10:49 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Eierstockkrebs ist eine der schwerwiegendsten Krebserkrankungen bei Frauen. Jedes Jahr erkranken weltweit Hunderttausende Frauen daran, davon über 7000 alleine in Deutschland. FITBOOK-Autorin Julia Kuntz sprach mit einer Expertin über die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten.
Tückisch an Eierstockkrebs ist, dass die Erkrankung in den frühen Stadien oft keine Symptome zeigt und gleichzeitig die Früherkennung absolut entscheidend ist für die Heilungschancen. Bei welchen Anzeichen man sich auf die Möglichkeit einer Eierstockkrebserkrankung hin untersuchen lassen sollte, haben wir von Frau Dr. med. Anne-Cathrin Stahr, Fachärztin für Gynäkologie in München, erfahren. Außerdem klärte sie uns über den Verlauf und die Behandlung abhängig vom Stadium der Erkrankung sowie über Risikofaktoren und Möglichkeiten zur Vorbeugung auf.
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Übersicht
Was ist Eierstockkrebs?
Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom) ist eine bösartige Tumorerkrankung, die sich in den Eierstöcken bildet. Die Eierstöcke sind Teil des weiblichen Fortpflanzungssystems und produzieren Eizellen sowie Hormone wie Östrogen und Progesteron. Der Krebs entsteht, wenn Zellen in den Eierstöcken unkontrolliert wachsen und Tumore bilden. Diese Tumore können gutartig oder bösartig sein, wobei gerade Letztere oft unentdeckt bleiben, bis sie ein fortgeschrittenes Stadium erreicht haben. Besonders betroffen sind Frauen ab 50 Jahren, doch auch jüngere Frauen können erkranken, insbesondere wenn genetische Vorbelastungen vorliegen.
Arten
Es gibt verschiedene Arten von Eierstockkrebs, die sich durch ihren Ursprung im Gewebe unterscheiden. Der epitheliale Eierstockkrebs ist die häufigste Form und macht etwa 70 Prozent der Fälle aus. Er entsteht in den äußeren Zellschichten der Eierstöcke. Eine seltenere Form sind Keimzell-/Stromatumoren (zehn Prozent), die die Zellen betreffen, die die Eizellen bilden bzw. die sich im Gewebe entwickeln, das Hormone produziert.
Symptome
Die Symptome von Eierstockkrebs sind oft unspezifisch und sollten daher bei Auftreten unbedingt zeitnah fachärztlich abgeklärt werden. Gehen Sie möglichst frühzeitig zum Arzt, wenn Sie eines oder mehrere der folgenden Anzeichen wahrnehmen:
- Ungewollte Gewichtsabnahme oder Appetitlosigkeit
- Schmerzen beim Geschlechtsverkehr
- Geschwollener Bauch und starke Blähungen
- Anhaltende Bauchschmerzen
- Druckgefühl im Beckenbereich
- Verdauungsprobleme wie Übelkeit oder Verstopfung
- Häufiger Harndrang
- Veränderungen im Stuhlgang
Früherkennung
„Eine frühe Diagnose ist bei Eierstockkrebs entscheidend, doch leider gibt es aktuell noch keine zuverlässige Methode zur Früherkennung. Regelmäßige gynäkologische Untersuchungen, speziell bei Frauen mit erhöhtem Risiko, sind daher essenziell“, betonte Frau Dr. Stahr im Gespräch mit FITBOOK.
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Risikofaktoren
Das Alter ist einer der Risikofaktoren, da Frauen über 50 Jahren am häufigsten von der Erkrankung betroffen sind. Der entscheidende Risikofaktor ist die Anzahl der Eissprünge im Leben, die durch das Alter bei der ersten und letzten Periode, der Anzahl von Schwangerschaften und der Verwendung der „Antibaby-Pillen“ beeinflusst wird. Auch genetische Veranlagung sowie der Lebensstil können Einfluss nehmen, da Rauchen, Übergewicht und eine ungesunde Ernährung das Erkrankungsrisiko begünstigen können.
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Ausbreitung
„Eierstockkrebs kann metastasieren bzw. streuen“, erklärte Frau Dr. Stahr. „Das bedeutet, dass sich Krebszellen von ihrem Ursprungsort im Eierstock auf andere Teile des Körpers ausbreiten können. Häufig breitet sich der Krebs auf die Auskleidung des Bauchraums aus, was als Peritonealkarzinose bezeichnet wird und zu einer Ansammlung von Flüssigkeit im Bauchraum (Aszites) führen kann. Zudem können die Krebszellen in benachbarte oder weiter entfernte Lymphknoten wandern. In einigen Fällen metastasiert der Krebs auch auf die Leber oder die Lunge, insbesondere im fortgeschrittenen Stadium. Auch der Darm kann betroffen sein, wenn der Krebs sich weiter ausbreitet. Die genaue Ausbreitung hängt vom Stadium des Krebses ab.“
Verlauf
Der Krankheitsverlauf kann sehr unterschiedlich ausfallen und hängt vom Stadium der Erkrankung zum Zeitpunkt der Diagnose sowie von verschiedenen individuellen Faktoren ab. Zu Beginn zeigt der Krebs oft keine auffälligen Symptome, sodass er in frühen Stadien schwer zu erkennen ist. In fortgeschrittenen Stadien kann es zu den genannten unspezifischen Beschwerden kommen. Wenn der Krebs metastasiert ist, können auch andere Organe betroffen sein, was zusätzliche Symptome verursacht.
Behandlung
Frühstadium
Solange der Krebs im Frühstadium auf den Eierstock beschränkt ist, besteht eine höhere Chance auf eine erfolgreiche Behandlung. Die Standardtherapie in solchen Fällen ist in der Regel eine Operation, bei der Eierstöcke, Gebärmutter, Blinddarm sowie eventuell umliegendes Gewebe entfernt wird. Danach folgt häufig eine Chemotherapie, um eventuelle verbleibende Krebszellen zu bekämpfen.
Fortgeschrittenes Stadium
In fortgeschrittenen Stadien, wenn der Krebs bereits gestreut hat, ist die Behandlung komplexer. Eine Kombination aus Chirurgie und Chemotherapie wird oft eingesetzt, um den Krebs zu kontrollieren. In einigen Fällen können zusätzlich auch gezielte Therapien oder Immuntherapien zum Einsatz kommen.
Ist Eierstockkrebs gut behandelbar?
In 80 Prozent der Fälle wird die Erkrankung leider erst in fortgeschrittenem Stadium diagnostiziert. Die 5-Jahresüberlebensrate liegt bei 43 Prozent. Wird der Krebs in einem sehr frühen Stadium erkannt, liegt die Überlebensrate deutlich höher. Dank moderner Therapien gibt es aber auch bei fortgeschrittenem Eierstockkrebs Hoffnung.
Kann eine betroffene Frau nach der Behandlung noch Kinder bekommen?
Bei jungen Frauen, deren Eierstockkrebs früh erkannt wurde, kann ein Teil der Eierstöcke erhalten bleiben. Alternativ können Verfahren wie die Kryokonservierung (Tiefgefrieren) von Eizellen vor der Behandlung in Betracht gezogen werden. Ihr Facharzt kann Sie hierzu individuell beraten.
Kann der Krebs zurückkommen?
Leider besteht die Möglichkeit von Rückfällen, selbst wenn der Krebs zunächst erfolgreich behandelt wurde. Es ist daher umso wichtiger, regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen wahrzunehmen, um einen möglichen Rückfall frühzeitig zu erkennen. Der Krankheitsverlauf hängt stark von der Frühzeitigkeit der Diagnose und der individuellen Reaktion auf die Behandlung ab.
Vorbeugung
Gesunde Lebensweise
Obwohl es keine garantierte Methode gibt, Eierstockkrebs zu verhindern, können Sie Ihr Risiko reduzieren, indem Sie auf eine ausgewogene Ernährung achten, die viel Obst, Gemüse und gesunde Fette umfasst. Achten Sie auf regelmäßige Bewegung und vermeiden Sie Nikotin.
Hormonelle Verhütung zur Vorbeugung?
„Studien weisen darauf hin, dass die Einnahme hormoneller Verhütungsmittel, wie die Pille, über einen längeren Zeitraum das Risiko für Eierstockkrebs senken kann. Dies liegt daran, dass die Pille den Eisprung unterdrückt, was die Wahrscheinlichkeit verringert, dass sich Krebszellen im Eierstock entwickeln. Der schützende Effekt bleibt auch Jahre nach Absetzen der Verhütungsmittel bestehen“, so Frau Dr. Stahr. „Es ist jedoch wichtig, zu beachten, dass hormonelle Verhütungsmittel auch mit anderen Gesundheitsrisiken verbunden sein können, weshalb es ratsam ist, die Einnahme mit einem Arzt zu besprechen, um die individuellen Vor- und Nachteile abzuwägen. Da der Ursprung von Ovarialkrebs oft in Zellen der Eileiter liegt, kann bei erhöhtem Risiko erwogen werden, die Tuben (Eileiter) nach abgeschlossener Familienplanung entfernen zu lassen.“
Gibt es eine Impfung?
Derzeit gibt es keine Möglichkeit, sich speziell gegen Eierstockkrebs impfen zu lassen. Es gibt jedoch Impfungen, die in Zusammenhang mit bestimmten Risikofaktoren für Eierstockkrebs stehen. Die bekannteste ist der HPV-Impfstoff, die Impfung gegen humane Papillomviren, der vor allem das Risiko für Gebärmutterhalskrebs erheblich senkt. Da sich dieser auch auf die Eierstöcke ausbreiten kann, kann der Impfstoff sich auch positiv auf die Vorbeugung auf Eierstockkrebs auswirken.
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Ist ein Gentest sinnvoll?
Ein Gentest kann hilfreich sein, wenn es in der Familie eine mögliche genetische Veranlagung für Eierstock- und Brustkrebs gibt. Einige Gene, insbesondere BRCA1 und BRCA2, spielen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Eierstock- sowie Brustkrebs. Frauen, die eine Mutation in diesen Genen haben, haben ein signifikant höheres Risiko, an Eierstockkrebs zu erkranken. Wenn Sie sich unsicher sind, ob es eine familiäre Häufung von Krebsfällen gibt, oder wenn Sie eine familiäre Vorbelastung vermuten, kann ein Gentest durchaus Aufschluss darüber geben, ob Sie eine solche Mutation in sich tragen. Es ist jedoch wichtig, zu wissen, dass nur etwa zehn bis 15 Prozent der Eierstockkrebsfälle auf vererbbare genetische Mutationen zurückzuführen sind.
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Fazit
Eierstockkrebs ist eine ernstzunehmende Erkrankung, doch durch Aufklärung, Vorsorge, Frühdiagnose und eine gesunde Lebensweise können Sie Ihr Risiko senken. Vertrauen Sie auf Ihr Körpergefühl, gehen Sie bei Beschwerden frühzeitig zum Arzt und nutzen Sie die Möglichkeiten der Vorsorge.
Mit fachlicher Beratung von Dr. med. Anne-Cathrin Stahr, Praxisgemeinschaft Frauenärzte Rosenstrasse in München.