5. August 2024, 17:36 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Eine belgische Triathletin kann bei den Olympischen Spielen nicht starten, da sie sich mit E.-coli-Bakterien infiziert haben soll. Welche gesundheitlichen Schwierigkeiten der Keim verursachen kann, wo man sich anstecken kann und wie man eine Infektion erkennt, erklärt FITBOOK.
Nachdem die belgische Triathletin Claire Michel, die am Mittwoch im Einzel gestartet war, wegen einer Erkrankung in die Poliklinik im Olympischen Dorf gebracht worden war und nicht an weiteren Wettbewerben teilnehmen kann, berichtet die belgische Zeitung „De Standaard“, die 35-Jährige habe sich mit dem E.-coli-Bakterium infiziert.1 Grund des Übels ist möglicherweise die schlechte Wasserqualität der Seine. In dem Fluss werden mehrere Schwimmwettbewerbe ausgetragen, seit Monaten gibt es Sorgen um die Wasserqualität dort. Escherichia coli (E. coli oder auch Kolibakterium) ist einerseits Bestandteil der Darmflora gesunder Menschen, kann aber an anderen Stellen im Körper Entzündungen hervorrufen. Welche gesundheitlichen Schwierigkeiten eine Infektion auslösen kann – und wo man sich überall anstecken kann, lesen Sie hier.
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Übersicht
Was für ein Erreger ist E. coli?
Das Bakterium Escherichia coli ist ein natürlicher Bewohner des menschlichen und tierischen Darmtraktes. Normalerweise verursacht er dort keinen Schaden. Bestimmte Kolibakterien produzieren ein Zellgift, genannt Vero-Toxin oder auch Shiga-Toxin. Man spricht dann von verotoxi- bzw. shigatoxin-bildenden E.-coli, kurz: VTEC oder STEC. Und dann gibt es noch EHEC-Bakterien – dieser Begriff dürfte den meisten bekannt sein, denn in Deutschland kam es 2011 zu einem großen EHEC-Ausbruch. Diese sogenannten enterohämorragischen E. coli sind VTEC-Stämme, die – anders als der Rest – in der Lage sind, sehr schwere Erkrankungen hervorzurufen. Bei EHEC handelt es sich also um einen mitunter gefährlichen Stamm von E. coli.
EHEC: Der Darmkeim ist seit 1982 bekannt, als sich Menschen in Oregon und Michigan (USA) durch nicht durchgebratene Burger bei McDonald’s angesteckt hatten. 1996 kam es in Japan zu einem schweren Ausbruch, als sich Tausende Schulkinder über verunreinigte Rettichsprossen infiziert hatten. In Deutschland verbreitete sich 2011 eine Variante des Keims, mehrere Bundesländer waren betroffen. Sprossen sollen die Quelle des Ausbruchs gewesen sein.
Wie häufig sind Infektionen mit E. coli?
In Deutschland werden laut Bundesamt für Risikobewertung durchschnittlich pro Jahr etwa 900 EHEC-Infektionen gemeldet.2 Das Robert Koch-Institut spricht von etwa 2000.3 Viele Infektionen sind unauffällig und bleiben unerkannt. Sie sind zudem im Vergleich mit anderen bakteriellen Infektionen doch eher selten. Mit Salmonellen oder Campylobacter stecken sich jährlich Zehntausende an.
Wo kann man sich den Keim holen?
Die häufigste Ursache für Infektionen mit krankmachenden E.-coli-Bakterien sind der Verzehr von bestimmten unbehandelten tierischen Lebensmitteln wie nicht pasteurisierter Milch oder ungenügend erhitztem Rindfleisch. Jedoch wurden als Ursache bei Ausbrüchen auch Salami, Käse, Joghurt, rohem Gemüse oder nicht pasteurisiertem Apfelsaft gefunden. Als Hauptreservoir für EHEC gelten Rinder, Ziegen, Schafe, Rehe sowie Hirsche.
Doch krankmachende E.-coli-Bakterien kann man sich nicht nur über unbehandelte tierische Lebensmittel und unsachgemäße Schlachtung einfangen. Auch im direkten Kontakt mit Tieren kann sich der Keim übertragen sowie von Mensch zu Mensch – und auch über die Umwelt. Wobei wir bei dem erwähnten Fall der Triathletin Claire Michel sind. Denn sie hat sich – so vermuten es jedenfalls belgische Medien – beim Schwimmen in der Seine mit krankmachenden E.-coli-Bakterien infiziert. Die Belastung mit E. coli in Flüssen entsteht durch überlaufendes Wasser aus der Kanalisation nach starkem Regen.
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E. coli in der Seine: Die Triathlon-Wettbewerbe bei den Olympischen Spielen in Paris standen lange auf der Kippe. Grund war die mangelnde Wasserqualität der Seine. Bakteriologische Analysen hatten immer wieder E.-coli-Bakterien und coliforme Bakterien in – für solche Wettbewerbe – zu hoher Konzentration nachgewiesen. Am Sonntag teilten das Organisationskomitee der Sommerspiele von Paris und der Triathlon-Weltverband (World Triathlon) mit, dass man nun doch starten könne: Die neuesten Analyseergebnisse hätten bestätigt, „dass sich die Wasserqualität der Seine am Triathlonstandort in den letzten Stunden verbessert hat. Und die vorausschauenden Analysen deuten darauf hin, dass die Wasserqualität innerhalb der von World Triathlon akzeptierten Grenzen liegen wird“.4
Wie lange ist man nach einer Infektion ansteckend?
Die Inkubationszeit wird zwischen ein bis drei Tage (Regelfall) angegeben, sie kann aber auch bis zu acht Tage dauern. Die Ansteckungsfähigkeit besteht, solange die Bakterien im Stuhl der infizierten Person nachgewiesen werden. Die Keimausscheidung wird mit fünf bis zehn Tagen angegeben (Regelfall), soll aber auch über einen Monat betragen können.
Woran kann man eine Infektion erkennen?
Laut dem Bundesgesundheitsministerium tritt etwa ein Drittel der Erkrankungen als leichter Durchfall in Erscheinung. Eine Erkrankung zeigt sich demnach:
- mit wässrigen Durchfällen (auch blutig)
- Übelkeit ist ein Begleitsymptom
- ebenso sind Fieber, Bauchschmerzen und Erbrechen mögliche Begleitsymptome
- Bei zehn bis 20 Prozent der Erkrankten entwickelt sich als schwere Verlaufsform eine
- hämorrhagische Kolitis mit Leibschmerzen, blutigem Stuhl und häufig Fieber.5
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Nochmal: Viele VTEC-Infektionen sind unauffällig und bleiben daher oft unerkannt. Etwa
ein Drittel der manifesten Erkrankungen tritt als leichter Durchfall in Erscheinung, entwarnt Bundesgesundheitsamt.
Große gesundheitliche Schwierigkeiten können vom sogenannten hämolytisch-urämische Syndrom, kurz HUS, ausgehen. Es handelt sich dabei um eine schwere Blut- und Nierenerkrankung. Laut Bundesgesundheitsministerium treten solche schweren Komplikationen in etwa fünf bis zehn Prozent der symptomatischen VTEC-Infektionen auf. Betroffen von einem solch schweren Verlauf sind demnach besonders häufig Kinder — die Tödlichkeit wird bei ihnen mit fünf Prozent angegeben. Deshalb sollte bei Kindern, die Durchfall mit Blutbeimengungen haben, in jedem Fall eine Stuhluntersuchung veranlasst werden. Wenn der Erreger im Stuhl nicht mehr nachgewiesen werden kann – das kommt häufig vor – sorgt eine Antikörper-Bestimmung für Klarheit.
Ihr Olympia-Aus dürfte für die belgische Triathletin Claire Michel sehr bitter sein. Behandelt wurde sie laut Medienberichten wegen Magen-Darm-Problemen aufgrund einer E.-coli-Infektion.