10. April 2024, 13:57 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Trockene Augen können jucken, brennen oder gar eine Art Fremdkörpergefühl auslösen – als hätte man ein Sandkorn im Auge. Die Beschwerden können verschiedenste Ursachen haben bzw. von zahlreichen Faktoren begünstigt werden und sind bei einigen Betroffenen besonders stark ausgeprägt. Linderung versprechen Augentropfen. Doch welche sind die besten? Schließlich gibt es unzählige Präparate, die sich nicht nur in puncto Inhaltsstoffe(-zusammensetzung) unterscheiden können. FITBOOK-Autorin Laura Pomer hat über das Thema ausführlich mit einer Augenärztin gesprochen.
Die Neigung zu trockenen Augen kann verschiedene, mitunter krankhafte Ursachen haben. Hierzu zählen entzündlich-rheumatische Erkrankungen wie etwa das Sjögren-Syndrom, das den Beinamen „Dry Eyes Dry Mouth“ trägt, da zu seinen wesentlichen Symptomen Augen- und Mundtrockenheit zählen.1 Daneben haben auch Allergiker oft mit trockenen Augen zu kämpfen. Insbesondere im Winter, wenn die Luft durch laufende Heizungen sehr trocken ist, leiden auch generell gesunde Menschen häufig an trockenen Augen. Was dagegen helfen soll, sind Augentropfen. Doch nicht jedes Präparat ist für jeden Anwender das richtige. Zumal man auch bei der Anwendung einiges falsch machen kann. FITBOOK sprach mit Dr. med. Hanna Ettinger-Neuss, Fachärztin für Augenheilkunde.
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Übersicht
Welche Arten von Augentropfen gibt es?
Es gibt laut der Expertin rund 400 verschiedene Augentropfen, die alle gegen trockene Augen wirksam sein sollen. Solche aus Supermärkten und Drogerien, die laut einer Untersuchung von Stiftung Warentest übrigens in großer Zahl empfehlenswert sein sollen, nicht mitgerechnet.2 Augentropfen werden gemeinhin in kleinen Fläschchen ohne als Einzeldosen in kleinen Ampullen verkauft.
Typische Wirkstoffe in Augentropfen gegen trockene Augen
An befeuchtenden Wirkstoffen – oft sind es verschiedene zu unterschiedlichen Anteilen – ist beispielsweise Povidon enthalten, das man auch in Medikamenten gegen Bindehautentzündungen vorfindet.3 Gleiches gilt für das auch als „Augentrost“ bekannte Euphrasia, Dexpanthenol, Heparin und Ectoin. Eine eher neuere, doch umso mehr beachtete Zutat ist Hyaluron bzw. Hyaluronsäure.
Befeuchter
Hyaluron erfährt nun seit einer Weile für verschiedene Absichten als Nahrungsergänzungsmittel oder äußerlich angewendet einen regelrechten Hype. In Augentropfen enthalten, soll Hyaluronsäure Feuchtigkeit binden und den Tränenfilm verbessern. Dabei ist Hyaluron nicht gleich Hyaluron. Es sagt einerseits etwas über die Qualität des Präparats aus, in welcher Konzentration der Bestandteil enthalten ist. Abhängig davon verändert sich die Textur bzw. die Viskosität (Zähflüssigkeit). Daneben ist auch von Bedeutung, ob es sich um kurzkettige (auch: niedermolekulare) oder langkettige Hyaluronsäure handelt. Mit langkettiger Hyaluronsäure werden in der Forschung auch bei von starker Augentrockenheit Betroffenen gute Ergebnisse erzielt.4
Lipidzusätze
Dr. Ettinger-Neuss betont im Gespräch mit FITBOOK die Komplexität des Tränenfilms. Er bestehe aus einer wässrigen und einer fetthaltigen Phase. Die oberste Schicht des Tränenfilms ist eine Lipidschicht. Die bereits erwähnten Wirkstoffe in Augentropfen haben die Aufgabe, Wasser zu binden und so die Feuchtigkeit für das trockene Augen besser und länger verfügbar zu machen. Zudem gibt es seit einer Weile Augentropfen mit Lipidanteil, welcher auf die fetthaltige Phase abzielt und so den Tränenfilms stabilisieren soll.
Salben, Gele oder flüssigere Texturen
Unterschätzt, doch speziell bei starken Symptomen sehr empfehlenswert, seien laut der Expertin Augensalben. Diese waschen sich nicht so schnell heraus, sondern verbleiben anhaltender wie ein Schutzfilm auf dem Auge. Salben gegen Trockenheitsbeschwerden sollte man vor dem Schlafengehen bzw. längerem Augenschließen anwenden, da sie vorübergehend die Sicht trüben können. An zweiter Stelle in puncto Viskosität sind Gele. Diese eignen sich zwar grundsätzlich auch für den Einsatz am Tag – doch auch sie können, zumindest bei unsachgemäßem Gebrauch, die Sicht ein wenig eintrüben. Augengele seien daher für den Alltag, in dem man z. B. Fahrzeuge bedienen oder am Computer arbeiten muss, nicht ganz so beliebt, weiß die Augenärztin aus ihrem Praxisalltag.
Antiallergische Augentropfen
Für die Linderung allergisch bedingter Augentrockenheit kann die Vergabe spezieller antiallergischer Augentropfen nötig sein. Besonders stark wirksame (z. B. mit Steoriden) sind meist verschreibungspflichtig. Aber auch rezeptfreie Präparate (z. B. von Livocab, Lorano) können bei allergischen Trockenheitsgefühlen Linderung bewirken.
Die „besten“ Augentropfen fühlen sich für Sie am besten an
Das Ganze klingt etwas kompliziert. Doch Sie brauchen nicht etwa Ihren Tränenfilm analysieren zu lassen, um herauszufinden, welche Augentropfen für Sie die richtigen oder besten sind. Denn dies hängt laut der Expertin letztendlich weniger davon ab, welche Inhaltsstoffe (und in welcher Gewichtung) enthalten sind. Entscheidender sei das subjektive Empfinden des Anwenders, somit also vordergründig die Beschaffenheit des Produkts (flüssig, mittelflüssig oder gelartig).
Es ist übrigens durchaus erlaubt, herumzuprobieren und verschiedene Präparate im Wechsel anzuwenden. Nur so können Sie herausfinden, welche der Augentropfen für Sie am besten sind. Im Zweifelsfall einfach einen Abstand zwischen dem Tropfen unterschiedlicher Mittel einhalten, rund 15 Minuten sollten genügen.
Worauf bei der Anwendung zu achten ist
Die Augenärztin betont, dass zur erfolgreichen Linderung von Augentrockenheit nicht die Menge entscheidend ist sondern die die Häufigkeit der Applizierung. Heißt: Besser, als einmal die Augen förmlich zu fluten, sind kleinere Mengen an Augentropfen in kürzeren Abständen.
Wie oft darf man tropfen?
Bei gewöhnlichen Augentropfen gegen trockene Augen richtet sich die empfohlene Häufigkeit der Anwendung nach den Beschwerden. In den Packungsbeilagen heißt es meist, „ein bis drei Mal am Tag“, doch dass auch mehr möglich sind, kann erforderlich sein. Bei starken Symptomen kann der Rat von Ärzten und Apothekern durchaus lauten, „nach Bedarf“ zu tropfen oder gar alle ein bis zwei Stunden. Laut der Expertin riskiert man dadurch nicht, dass die Eigenproduktion der Tränenflüssigkeit zurückgeht. Allerdings kann es bei starken Beschwerden sinnvoll sein, sich ärztlich untersuchen zu lassen, um womöglich zugrunde liegende krankhafte Ursachen zu ermitteln.
Zeitpunkt des Auftretens berücksichtigen
„Viele Betroffene versäumen, für sich festzustellen, wann die Beschwerden am schlimmsten sind“, weiß Dr. Ettinger-Neuss. Sei dies morgens oder in der Nacht, sollte man vor dem Schlafengehen ein dickflüssiges Gel benutzen. Wie die Augenärztin erklärt, fährt die Tränenfilmproduktion nachts sogar herunter, weshalb nächtliche Augentrockenheit durchaus verbreitet sei.
Was Augentropfen nicht enthalten sollten
Während es also relativ unerheblich ist, mit welchen konkreten Wirkstoffen in Augentropfen Anwender gut fahren, sollten Konservierungsmittel keinesfalls enthalten sein. Diese wurden früher für eine längere Haltbarkeit eingesetzt und um zu verhindern, dass Krankheitserreger in die Flasche gelangen können. Inzwischen jedoch weiß man, dass Konservierungsmittel, wie das häufig verwendete Benzalkoniumchlorid (BAC), das Auge reizen und die Trockenheitsbeschwerden sogar verschlimmern können.5 Auch können die Mittel Allergien auslösen.
Für gewöhnlich werden Kunden beim Kauf von Augentropfen in Apotheken darüber informiert, wenn/ob Konservierungsmittel darin enthalten sind. Solche werden immer seltener. Moderne Flaschen sind so hergestellt, dass sie – auch ohne chemische Konservierungsmittel – bis zu rund einem halben Jahr haltbar sind.
Vorsicht bei neumodischen Therapieansätzen
Die Expertin berichtet FITBOOK, dass sie immer wieder von vermeintlich innovativen Therapiemethoden höre, die (oft mithilfe von Geräten) eine Massage der Tränendrüsen vorsehen. Diese Behandlung werde Patienten auch zur Eigenanwendung nahelegt. Das angebliche Ziel: „auf mechanische Weise die Tränenflüssigkeit herauszukitzeln“, erklärt Dr. Ettinger-Neuss, doch das sei Unsinn. Denn wo nichts ist, könne auch nichts gewonnen werden. Stattdessen riskiere man durch die Manipulation der Augen, Keime hineinzutreiben, und in der Folge Infektionen hervorzurufen.
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Zum Schluss: Warum wir überhaupt trockene Augen haben
Liegen keine veranlagten Ursachen oder Allergien vor, hängen trockene Augen sehr häufig mit der Exposition gegenüber Computerbildschirmen zusammen, erklärt die Augenärztin. Denn beim pausenlosen Betrachten von Monitoren, Handy-Bildschirmen und Co. werde das Öffnen-Schließ-System des Auges gehemmt. Mit der Zeit geht die Häufigkeit des Schließens daher immer weiter zurück. „Doch das wäre nötig, um die Tränenproduktion anzuregen“, mahnt Dr. Ettinger-Neuss.
Es ist sinnvoll, etwa beim Arbeiten am Rechner die Augen zwischendurch vom Bildschirm abzuwenden und für kurze Zeit bewusst zu schließen. Lassen Sie ausreichend frische Luft an Ihre Augen gelangen, gehen Sie also am besten regelmäßig spazieren, und ganz wichtig: Trinken Sie genug. Denn Augen benötigen natürlich auch Feuchtigkeit von innen.