29. August 2024, 13:49 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Kann man Diabetes Typ 2 an der Stimme erkennen? Kanadische Forscher haben einen Zusammenhang zwischen Blutzuckerspiegel und Stimmlage entdeckt. Für die Analyse reichen wenige Sekunden Audiomaterial. Ein medizinischer Durchbruch? FITBOOK-Autorin Friederike Ostermeyer erklärt die Studie.
Eine neue Studie legt nahe, dass in Zukunft kleinste Veränderungen in der Stimme darauf hinweisen könnten, ob ein Mensch an Diabetes Typ 2 oder einem problematischen Anstieg des Blutzuckerspiegels leidet. So zeigt die in der Fachzeitschrift „Scientific Reports“ veröffentlichte Untersuchung, dass mit steigendem Blutzuckerspiegel auch die Grundfrequenz der Stimme einer Person ansteigt.1 Die Stimmlage wird also etwas höher. Die Veränderung ist zwar subtil – etwa eine Erhöhung der Tonhöhe um 0,02 Hz bei jedem Anstieg des Blutzuckerspiegels um 1 mg/dl. Aber sie ist offenbar konstant genug, um wahrnehmbar zu sein – allerdings nicht für das menschliche Ohr. Um diese Veränderungen zu messen, ist eine KI-basierte Audioanalyse erforderlich.
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Übersicht
Studie mit 505 Teilnehmern
Die Forscher des Klick Labs in Toronto statteten 505 Erwachsene mit Blutzuckermessgeräten aus und ließen sie zwei Wochen lang bis zu sechsmal täglich kurze Stimmproben mit einer Smartphone-App aufzeichnen. Die Teilnehmer waren entweder Nicht-Diabetiker, Prä-Diabetiker oder Typ-2-Diabetiker. Anschließend verglichen die Wissenschaftler die Glukosewerte mit den fast zeitgleich aufgenommenen Stimmproben. So entstand ein Datensatz, der den Zusammenhang zwischen Blutzuckeranstieg und Stimme genau wiedergab. Dieser verlief linear, d. h. mit einem Anstieg des Blutzuckers stieg auch die Grundfrequenz der Stimme an. Dies galt sowohl für Diabetiker als auch für Nicht-Diabetiker. Zuvor hatten die Forscher Sprachaufnahmen von Menschen mit möglichem Typ-2-Diabetes untersucht und dabei festgestellt, dass bereits sechs bis zehn Sekunden Audio ausreichten, um anhand der Stimme eine Diagnose zu stellen.2
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Wie sich der Blutzucker auf die Stimme auswirkt
Glukose beeinflusst die Stimmbänder, vermuten die beteiligten Forscher. Und zwar dadurch, dass ein erhöhter Blutzuckerspiegel zu einer leichten Dehydrierung der Stimmbänder führt. Das wiederum hat die beobachtete Erhöhung der Tonhöhe zur Folge. Allerdings, so räumen die Wissenschaftler ein, können viele Faktoren die Stimmlage beeinflussen. Dazu gehören der aktuelle Gemütszustand und die Tageszeit. Daher müsste eine zukünftige Technologie zur Blutzuckermessung auf Stimmbasis möglicherweise für jeden einzelnen Nutzer personalisiert werden.
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Die derzeitigen Methoden zur Überwachung des Blutzuckerspiegels sind oft invasiv und daher unangenehm, da sie beispielsweise jedes Mal einen Pieks in den Finger erfordern. „Sprachgesteuerte Glukoseüberwachung könnte so einfach sein wie das Sprechen in ein Smartphone“, erklärt Jaycee Kaufman, Studienleiterin und Forscherin bei Klick Labs.3 „Das könnte für die geschätzten 463 Millionen Menschen, die weltweit mit Typ-2-Diabetes leben, einen Wendepunkt bedeuten.“ Für sie ist klar: „Unsere Studie liefert überzeugende Argumente für weitere Forschungen zum Einsatz der Stimme zur Vorhersage und Überwachung des Glukosespiegels.“ So könnte ihre Forschungsarbeit in Zukunft auch die Diagnose von Typ-2-Diabetes revolutionieren.