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17. Februar 2025, 10:38 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Rund die Hälfte aller Menschen mit Diabetes Typ 2 leidet unter einem Mangel an essenziellen Mikronährstoffen – mit potenziell schwerwiegenden Folgen für die Gesundheit. Doch wie stark beeinflussen diese Defizite den Krankheitsverlauf? FITBOOK-Redakteurin Janine Riedle geht auf eine neue Studie ein, die sich mit diesem Thema auseinandergesetzt hat.
Typ-2-Diabetes ist eine der weltweit am schnellsten wachsenden Volkskrankheiten. Neben genetischen Faktoren spielen die Ernährung, Übergewicht und ein ungesunder Lebensstil eine wesentliche Rolle bei der Entstehung und dem Fortschreiten der Erkrankung. Eine zentrale Frage der Wissenschaft lautet daher: Beeinflusst ein Mangel an bestimmten Vitaminen und Mineralstoffen das Risiko für Diabetes und den Krankheitsverlauf?
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Übersicht
Hintergrund der Studie
Das Ziel der Studie war es, die globale Belastung durch Mikronährstoffmängel bei Typ-2-Diabetes zu erfassen. Obwohl zahlreiche Einzelstudien existieren, variieren deren Ergebnisse stark. Dies erschwert die Entwicklung klarer Ernährungsempfehlungen für Diabetespatienten.
Die Forscher wollten deshalb herausfinden, wie hoch die durchschnittliche Prävalenz von Mikronährstoffmängeln bei Diabetespatienten ist und welche Mikronährstoffe besonders häufig betroffen sind.1 Dabei sollte auch untersucht werden, ob es Unterschiede je nach Geschlecht, Region oder Diabeteskomplikationen gibt. Da Mikronährstoffe eine entscheidende Rolle im Glukosestoffwechsel spielen, könnte ein Mangel langfristig die Blutzuckerkontrolle verschlechtern und das Risiko für Folgeschäden erhöhen. Die Ergebnisse könnten daher wichtige Hinweise für gezielte Ernährungsstrategien und Präventionsmaßnahmen liefern.
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Zusammenfassung verschiedener Forschungen
Bei der vorliegenden Studie handelt es sich um eine Metaanalyse, die verschiedene Datenbanken nach Untersuchungen zu Diabetes und Mängeln durchsuchte. Insgesamt stießen die Forscher auf relevante 132 Studien mit insgesamt 52.501 Diabetespatienten aus den Jahren 1998 bis 2023.
Eingeschlossen wurden Beobachtungsstudien, die die Prävalenz von Vitamin- und Mineralstoffmängeln bei Typ-2-Diabetes-Patienten untersuchten. Personen unter 18 Jahren, mit Typ-1-Diabetes oder Schwangerschaftsdiabetes schloss man aus, ebenso Studien mit gezielter Supplementierung von Mikronährstoffen. Anschließend brachte man die unterschiedlichen Studienergebnisse mithilfe von gängigen wissenschaftlichen Analysen in Zusammenhang.
Fast die Hälfte der Diabetes-Patienten wiesen mindestens einen Mangel auf
Die Analyse ergab, dass fast die Hälfte, genauer gesagt 45,3 Prozent, aller Typ-2-Diabetiker mindestens an einem Mangel an Mikronährstoffen litt. Doch was fehlte ihnen am meisten? Die Auswertung zeigt, dass mit 60,45 Prozent Vitamin D den größten Mangel bei Diabetespatienten darstellte. Und auch von Magnesium scheint bei vielen zu wenig im Körper vorhanden zu sein, denn immerhin wiesen 41,95 Prozent einen derartigen Mangel auf. Auch ein Eisenmangel trat mit rund 28 Prozent häufig auf.
Und noch eine wichtige Erkenntnis: Frauen waren häufiger betroffen als Männer; so wies fast jede zweite Frau einen Nährstoffmangel auf! Auch Personen mit gesundheitlichen Komplikationen durch Diabetes wiesen ein um 40 Prozent erhöhtes Risiko für einen Mangel an Nährstoffen auf. Allerdings variierten diese Werte zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Ein weiterer Analyseschritt (Meta-Regression) zeigte außerdem, dass sich die Prävalenz dieser Mängel bei Diabetesfällen in den letzten zwei Jahrzehnten kaum verändert hat – trotz eines besseren Verständnisses über die Rolle dieser Nährstoffe.
Ergänzende Therapie
Die hohe Prävalenz von Mikronährstoffmängeln bei Typ-2-Diabetes deutet darauf hin, dass gezielte Ernährungsempfehlungen und Supplementierung eine sinnvolle Ergänzung zur Therapie darstellen könnten. Ärzte sollten insbesondere auf Vitamin-D- und Magnesiummangel testen. Vor allem bei Patienten, die das Diabetes-Medikament Metformin einnehmen, sollte man die B12-Werte checken, da laut der Studie dieser Mangel bei ihnen häufig auftrat. Ernährungsberatung und Supplementierung könnten helfen, weitere Komplikationen zu reduzieren.
Unklar bleibt, ob die Mängel eine Folge des Diabetes sind oder ob sie zur Krankheitsentstehung beitragen. Zukünftige Studien sollten aufklären, ob eine gezielte Supplementierung das Diabetesrisiko oder den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen kann.
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Einordnung der Studie
Die Studie bietet einen umfassenden Überblick über Mikronährstoffmängel bei Typ-2-Diabetes und basiert auf einer großen Datenbasis. Die Verwendung einer standardisierten Suchstrategie und die statistisch fundierte Analyse sind Stärken der Untersuchung.
Allerdings haben fast alle berücksichtigten Studien einen klinischen Hintergrund, wodurch gesunde Personen als Vergleichsgruppe fehlen. Zudem variierten die Definitionen von „Mikronährstoffmangel“ zwischen den Studien, was die Vergleichbarkeit erschwert. Es gibt nur wenige randomisierte Studien, die einen kausalen Zusammenhang zwischen Mikronährstoffmangel und Diabetes belegen könnten. Und auch, dass es teilweise Schwankungen zwischen den Ergebnissen aufgrund von Weltregionen gab, könnte die Ergebnisse verzerrt haben.
Ein weiterer wichtiger Kritikpunkt ist, dass die Studie vom US-Pharmakonzern „Abbott Nutrition“ in Auftrag gegeben wurde. Das könnte zur Folge haben, dass mit den Untersuchungen wirtschaftliche Ziele verfolgt wurden, wie zum Beispiel den Verkauf eigener Produkte. Dennoch kann es Typ-2-Diabetes-Betroffenen nicht schaden, einen Nährstoff-Check beim Arzt durchführen zu lassen, um so mögliche Mängel ausfindig zu machen.