3. Januar 2023, 11:13 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Wer wäre ein besseres Vorbild in Sachen gesundes Essen als diejenigen, die die Eigenschaften von Lebensmitteln und deren möglichen Einfluss auf den Körper studiert haben? Eben. FITBOOK hat bei einem Ernährungsmediziner und zwei Ernährungswissenschaftlern nachgefragt, was sie an einem gewöhnlichen Tag jeweils zum Frühstück, Mittag- und Abendessen zu sich nehmen. Auffällig: So übertrieben gesund klingt das alles gar nicht!
Viele von uns würden sich gern gesünder ernähren. Aber in der Praxis ist es gar nicht so leicht, vernünftige Entscheidungen in puncto Speise- und Getränkeauswahl zu treffen – schon allein, weil oft die Inspiration fehlt. Doch daran soll es nicht scheitern. FITBOOK hat bei einem Ernährungsmediziner und zwei Diplom-Ökotrophologen, also Ernährungswissenschaftlern, nachgefragt, was sie beispielhaft an einem Tag an Haupt- und Zwischenmahlzeiten zu sich nehmen. Denn die müssen ja wissen, wie man sich optimal ernährt.
Übersicht
Ernährungsmediziner: »Das esse ich an einem Tag
Dr. med. Matthias Riedl ist Internist und Ernährungsmediziner mit Schwerpunkt Diabetologie am medizinischen Fachzentrum Medicum Hamburg. Er weiß: „Mit dem richtigen Essen kann man Krankheiten aktiv vorbeugen, sie lindern und sogar heilen“, und das aus jahrelanger praktischer Erfahrung mit Patienten, die an Diabetes Typ 2 oder einer Vorstufe der Erkrankung leiden. Dr. Riedl hat schon zahlreiche Ratgeber veröffentlicht (z. B. „Iss dich gesund mit Dr. Riedl: Mein Ernährungswissen und 150 Rezepte für ein gutes, langes Leben“, Gräfe und Unzer).
Kein Wunder, dass er auch auf seine eigene Ernährung achtet. Er lebe weitestgehend vegetarisch und immer häufiger auch vegan, so Dr. Riedl zu FITBOOK. Doch manchmal müssten es eben auch mal Eier und Fleisch sein. Denn: „Leider braucht der Mensch tierische Beikost, um ausreichend mit Vitamin B12, Eisen und Zink versorgt zu sein. Das ist eine biologische Realität.“ Isst er mal Fleisch, dann nur von ausgewählter Qualität („und nie mehr als 100 Gramm“).
Ein gewöhnlicher Speisetag von Dr. Riedl sieht folgendermaßen aus:
Frühstück
Nach 16 Stunden ohne jegliche Nahrungszufuhr – Dr. Riedl betreibt Intervallfasten – frühstückt der Arzt um 10 Uhr für gewöhnlich einen Apfel und drei Scheiben Bio-Dinkelvollkornbrot. Diese belegt er mit Käse und Sprossen oder manchmal mit Tomaten und ein paar Gurkenscheiben. „Alternativ esse ich zum Frühstück Haferflocken mit Kefir, Blaubeeren und Weizenkeimen, dazu Nusssplitter.“
Mittagessen
„Mittags gehe ich zu unserem vegetarischen Mittagstisch“, so Dr. Riedl, also in die Kantine des Medizinzentrums. Dort wähle er häufig das Sauerkrautgulasch mit Paprikagemüse und Kartoffelrösti oder ein vergleichbares fleischfreies Gericht.
Snack
Nachmittags wird es Zeit für einen kleinen, gesunden Snack. So isst Dr. Riedl im Auto auf seinem Nachhauseweg Gemüsesticks, meist bestehend aus drei Karotten, Radieschen und Spitzpaprika.
Abendessen
„Abends esse ich wieder Dinkelvollkornbrot“, so Dr. Riedl. Diesmal mit Tomaten, Frühlingsquark oder Biokäse und dazu Radieschen.
Was auffällt: Dr. Riedl nimmt relativ viel Brot zu sich. Dabei gibt es auch zahlreiche Stimmen, die Brot sehr kritisch gegenüberstehen, und auch etwa Gluten per se verteufeln. Zu Unrecht, wie der Ernährungsmediziner versichert – doch hier gelte es, zu differenzieren.
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»Vollkornbrot ist ein wichtiger Ballaststoff-Lieferant
„Vollkornbrot und etwa Toastbrot sind nicht miteinander zu vergleichen“, so Dr. Riedl. Denn das volle Korn und seine Randschichten machten Vollkornbrot zu einem wertvollen Nahrungsmittel, das sättigt und gleichzeitig dabei hilft, einem Ballaststoffmangel vorzubeugen. Dies sei gar nicht so leicht, wenn man in seiner Ernährung Getreide meidet. In dem Fall müssten umso mehr Hülsenfrüchte und Nüsse auf dem Speiseplan stehen.
Dennoch mahnt Brot-Befürworter Riedl zu einem maßvollen Umgang. Insbesondere wer sich im Tagesverlauf gar nicht bewegt, sprich die zugeführten Kohlenhydrate nicht verbrennt, sollte mit der Aufnahme von Brot sparsam sein.
Diplom-Ökotrophologe setzt auf mediterrane Ernährung – täglich
Prof. Dr. Nicolai Worm waltet an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement. Der auf Low-Carb-Diäten spezialisierte Ernährungswissenschaftler und -berater hat zahlreiche Arbeiten zu den Vorzügen einer mediterranen Ernährung veröffentlicht, darunter das in Zusammenarbeit mit Kollegen entstandene Buch „Flexi-Carb: Mediterran genießen” (Riva).
Laut Worm ist eine gemäßigt Kohlenhydratezufuhr gemäß des Flexi-Carb-Prinzips (dieses erklären wir hier genauer) ein wichtiger Baustein, um ernährungsbedingten Erkrankungen wie Fettleibigkeit und Diabetes Typ 2 vorzubeugen. Auch er selbst setzt auf eine mediterrane Ernährung, sprich einen proteinbetonten Speiseplan (z. B. viel Fisch) ergänzt durch Olivenöl, frisches Gemüse, Obst sowie Hülsenfrüchte und Nüsse.
Und tatsächlich, sein typischer Tagesspeiseplan macht Lust auf Urlaub am Mittelmeer…
Frühstück
Bei Prof. Worm kommt das Frühstück flüssig auf den Tisch, in Form eines großen Bechers Kaffee mit Milch.
Mittagessen
„Im Sommerhalbjahr esse ich mittags häufig einen großen gemischten Salat mit Nüssen und einer proteinreichen Einlage“, berichtet Prof. Worm, „etwa gebratenes Geflügel-, Rind- oder Lammfleisch, alternativ Fisch, Krabben oder Muscheln.“
Im Winterhalbjahr soll es dagegen etwas Warmes sein. Das seien zumeist Eintöpfe mit viel Gemüse und Hülsenfrüchten, ebenfalls unter Zugabe einer tierischen Proteinquelle der genannten Fleisch- und Fischsorten.
Snack
Als Nachmittagssnack bereitet er sich eine große Portion Joghurt mit Früchten der Saison oder mit frischen Beeren zu. Zum Kaffee gibt es dann ein bis zwei Stückchen dunkle Schokolade, also solche mit einem hohen Kakaoanteil. Die genießt bekanntlich eine Sonderrolle unter den sogenannten „Süßigkeiten“, denn dunkle Schokolade enthält wertvolle Inhaltsstoffe, welche die Gesundheit unterstützen können. Lesen Sie mehr dazu hier.
Abendessen
„Abends esse ich mal gedünstetes, mal gebratenes Gemüse mit einer proteinreichen Beilage“, berichtet Prof. Worm. Alternativ zu Fisch oder Fleisch könne diese auch Hummus oder Falafel sein. Zum Nachtisch gibt es Käse mit Apfel oder Birne. Zum Abendessen genießt er übrigens „ein bis zwei Gläschen Rot-, Rosé- oder Weißwein“ – regelmäßig.
Das mit dem Alkohol überrascht uns tatsächlich nicht. In einem früheren Beitrag zu den mitunter positiven Eigenschaften von Wein und Bier räumte Prof. Worm nämlich bereits ein, dass ein moderater Alkoholkonsum das Risiko für verschiedene Stoffwechsel- und Herzkranzgefäß-Erkrankungen womöglich vermindern kann. Vorausgesetzt natürlich, es sprechen nicht „individuelle medizinische Gründe“ gegen den Konsum von Alkohol, und dass er ansonsten allenfalls „begleitend zu einem insgesamt vernünftigen Lebensstil und im Rahmen einer sinnvollen (…) Ernährung“ erfolgt.
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Setzen angeblich an Sollte man ab 18 Uhr keine Kohlenhydrate mehr essen?
Experten geben Rat Viele kleine oder drei große Mahlzeiten am Tag – was ist gesünder?
Ausgewogen ist alles! Es gibt keine „gesunden“ Lebensmittel
Ernährungswissenschaftler 2 isst „intuitiv“
Uwe Knop ist zwar Ernährungswissenschaftler, macht aus seiner Ernährung aber keine Wissenschaft. Er proklamiert „intuitives Essen“, also das zu essen, wonach einem gerade ist. Er habe, so Knop, die Erfahrung gemacht, dass sein Körper es ihm signalisiert, was er gerade braucht und auch wann. Das sollte natürlich nicht bedeuten, dass man dreimal am Tag Fertiggerichte vom Fast-Food-Imbiss zu sich nimmt. Wenn man die Signale und Instinkte seines Körpers kenne und ihnen folgt, anstatt Trends und wechselnden Empfehlungen für eine gesunde Ernährung nachzugehen, lasse sich mit intuitivem Essen sogar abnehmen und ein schlankes Gewicht dauerhaft halten. Wie das funktionieren kann, erklärt er als Coach, in Seminaren sowie in schriftlichen Arbeiten (z. B. „Erfolgreich abnehmen und schlank bleiben“, Springer Verlag). FITBOOK hat er ein beispielhaftes Menü für sein Essen an einem gewöhnlichen Tag verraten.
Frühstück
Morgens isst der Ernährungsexperte nichts. Stattdessen trinkt er schwarzen Kaffee und davon in der Regel fünf bis sechs kleine Tassen.
Mittagessen
Mittags kommt dann der Hunger. So nimmt Knop zwischen 13 und 15 Uhr eine eher große Mahlzeit zu sich. Oft sei das ein selbst zubereiteter „Döner“, der statt Fleisch aus Falafel und Schafs- oder Ziegenkäse besteht. Dazu das klassische Döner-Beiwerk: Krautsalat, Zwiebeln, Tomaten, Gurken, Eisbergsalat, Peperoni und Knoblauchsauce, alles vereint in knusprig gebackenem Fladenbrot und „sehr scharf“.
Das hält dann ein Weilchen vor. „Zwischenmahlzeiten nehme ich daher an einem gewöhnlichen Tag nicht zu mir“, verrät der Hobbykoch.
Abendessen
Zwischen 19 und 21 Uhr kommt Knops zweite große Tagesmahlzeit auf den Tisch. Das sei oft eine Portion Spaghetti mit Lachs und/oder Garnelen mit Blattspinat in einer Weißwein-Sahne-Sauce. Auch hier fehle es nicht an Chili. Das Finish: eine üppige Decke aus geriebenem Parmesan.
»Gesunde Lebensmittel? Gibt es nicht!
Ausgesprochen „Gesundes“ sucht man in dieser Ernährungsroutine vergebens. Doch das tut man laut Ansicht des Fachmanns generell. Denn: „Gesunde Lebensmittel gibt es nicht“, so die Überzeugung des Experten, die er uns in diesem Beitrag genauer erklärt. Es existiere demnach keine Kausalevidenz, also keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass „Regeln zur gesunden Ernährung“ wirklich einen Zweck erfüllten.
Was ihm dagegen wichtig sei: möglichst hungrig zu sein, bevor er isst. „Denn je stärker und intensiver das native Hungergefühl ist, desto besser schmeckt es“, so Knop. Eigentlich ist dafür bei ihm ohnehin gesorgt, denn er wähle ausschließlich Lebensmittel und Mahlzeiten, die seinem Geschmack absolut entsprechen und von denen er weiß, dass er sie gut verträgt. „Wichtig sind mir außerdem frische Zutaten von hoher Qualität“, fügt er hinzu, „gerne auch Bio, wenn verfügbar“.