19. März 2024, 11:13 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten
Früherkennung rettet Leben. Das gilt insbesondere für Darmkrebs. Wären da nur nicht die Angst oder auch Scham vor den Untersuchungen. Doch beides ist unbegründet. Zu Komplikationen kommt es in weniger als 3 bis 5 von 1000 Fällen. FITBOOK erklärt, worauf man achten sollte, was auf einen zukommt und wie gut die Heilungschancen bei Darmkrebs heute aussehen.
Egal, ob Frau oder Mann. Niemand geht gerne zum Arzt, wenn eine gynäkologische Untersuchung oder eine Darmspiegelung ansteht. Doch Früherkennungsuntersuchungen sind wichtig. Man sollte sich daher besser überwinden und sich regelmäßig untersuchen lassen. Vielleicht hilft es, zu wissen, dass sich die Methoden immer weiter verbessert haben, mittlerweile sehr sanft sind und nur noch in sehr seltenen Fällen Komplikationen nach sich ziehen. Und Fakt ist auch: Je früher Darmkrebs mithilfe von Screening erkannt wird und der Betroffene die Diagnose erhält und erfährt, in welchem der Darmkrebs-Stadien er sich befindet, desto besser stehen die Heilungschancen.
Übersicht
Erste Untersuchungen erfolgen beim Hausarzt
Tastuntersuchung
Erster Ansprechpartner für Vorsorgeuntersuchungen ist in der Regel der Hausarzt. Neben der Krankengeschichte (Anamnese) wird eine gründliche körperliche Untersuchung vorgenommen. Dazu gehört auch die Tastuntersuchung des Mastdarms mit dem gut eingefetteten Finger. Damit ist es möglich, über 50 Prozent aller in diesem Bereich eventuell vorliegenden Tumoren zu erkennen. Im Rahmen dieser Untersuchung wird auch der Schließmuskel beurteilt und bei Männern die Prostata. Auch Hämorrhoiden können Ärzte so ertasten.
Bei einem auffälligen Tastbefund ist es nötig und ratsam, die Diagnose abzusichern. Das geschieht in den allermeisten Fällen mithilfe einer Darmspiegelung, auch Koloskopie genannt. Es gibt aber auch noch weitere Diagnoseverfahren. Wenn ein Arzt eine dieser Methoden empfiehlt, sollte man aber vorab klären, ob die Krankenkasse die Kosten dafür auch übernimmt. Denn das ist nicht immer der Fall. Zu diesen Maßnahmen zählen:
- Die virtuelle Koloskopie (CT-Kolonographie)
- Computertomographie (CT)
- Magnetresonanztomographie (MRT)
- Positronen-Emissions-Tomograohie (PET)
Das Gesundheitsministerium für Gesundheit informiert über Leistungen, die Krankenversicherte in Anspruch nehmen können. Mehr dazu finden Sie hier.
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Die Darmspiegelung
Sie ist die bekannteste Vorsorgeuntersuchung und wird nach einem positiven Stuhltest oder einer auffälligen Tastuntersuchung durchgeführt. Für diese Maßnahme überweist der Hausarzt in der Regel an einen Gastroenterologen. Die Darmspieglung hat gleich mehrere Vorteile: Sie ist zum einen sehr genau und spürt nicht nur sicher bösartige Tumoren auf, sondern auch Polypen und damit die frühe Vorstufe von Darmkrebs. Zum anderen können Ärzte im Rahmen der Koloskopie alle Vorstufen und Frühstadien von Darmkrebs vollständig entfernen. Krebs kann dann nicht mehr entstehen.
Zu Komplikationen kommt es nur sehr selten. Eine deutsche Studie mit 5200 Patienten, die bei der Vorsorge-Darmspiegelung waren, hat gezeigt, dass in 30 Fällen eine Blutung und in vier Fällen ein Riss der Darmwand (Perforation) aufgetreten war. Von den Patienten mit Blutungskomplikationen mussten fünf in der Klinik behandelt werden, von denen mit Perforation drei. An einer Komplikation der Darmspiegelung ist niemand gestorben.1
Wichtig für eine erfolgreiche Koloskopie ist ein sauberer Darm, denn nur so können Ärzte die Darmschleimhaut optimal inspizieren und kleinste Gewebeveränderungen erkennen. Deshalb beginnt die Vorbereitung auch schon ein paar Tage früher. Man darf zwar noch weiterhin essen, sollte aber auf Nahrung mit Körnern verzichten. Müsli und Körnerbrot sind also tabu. Auch auf Obst und Gemüse mit Kernen (Tomaten, Weintrauben, Kiwis, Gurken) ist es besser, zu verzichten. Am Tag vor der Untersuchung sollte man zudem keinen Kaffee, schwarzen Tee oder Fruchtsaft trinken. Wasser und auch Apfelsaftschorle sind aber erlaubt. Am Tag vor der Untersuchung, die meistens vormittags stattfindet, darf man kein Abendessen mehr zu sich nehmen. Ebenfalls am Tag vor der Koloskopie beginnt dann die
Darmreinigung. Der Arzt verschreibt ein spezielles und leider nicht besonders gut schmeckendes Präparat. Es trägt aber dazu bei, dass sich der Darm komplett entleert. Unterstützen kann man diesen Prozess, indem man gleichzeitig viel trinkt.
Ablauf der Darmspiegelung
Bei der Koloskopie selbst liegt man in seitlich auf einer Liege. Der behandelnde Arzt tastet zunächst noch einmal den After mit dem Finger ab, bevor er einen biegsamen Schlauch einführt. Nach der Einführung wird Luft in den Darm gepumpt, um die Darmwände besser einsehen zu können – diese Luft sorgt bei einigen Patienten auch für die stärksten Nachbeschwerden. Am vorderen Ende des Schlauchs befindet sich ein kleines Licht und eine winzige Kamera. Damit kann der Arzt den Darm am Bildschirm genau inspizieren. Der Schlauch wird bis zum Blinddarm geschoben und dann langsam wieder herausgezogen. Auf der „Rückfahrt“ beginnt dann die eigentliche Inspektion des Darms. Durch den Arbeitskanal im Endoskop können Werkzeuge wie Zangen oder Schlingen geschoben werden, mit denen Gewebeproben entnommen werden können. Das tut nicht weh. Sollten Polypen vorhanden sein, können diese mit einer Elektroschlinge schmerzlos abgetragen werden. Zur weiteren Untersuchung kommen sie ins Labor.
Eine Darmspiegelung dauert meist nicht länger als 20 Minuten. Wer möchte, kann die Koloskopie auch unter stärkerer Sedierung durchführen lassen, sodass man während der gesamten Untersuchung schläft. Mit Propofol wird ein Medikament eingesetzt, dass auch bei Vollnarkosen Verwendung findet – jedoch weniger stark dosiert wird. Schon kurz nach der Untersuchung wacht man wieder auf und kann nach Hause gehen. Idealerweise sollte man dann aber eine zweite Person dabeihaben.
Virtuelle Koloskopie
Seit einigen Jahren besteht auch die Möglichkeit einer virtuellen Koloskopie. Statt einen Schlauch in den Darm einzuführen, erstellt eine Computertomograph ultrafeine Schichtbilder aus dem Körperinneren. Eine ausgeklügelte Software fasst die Bilder zu einem dreidimensionalen Film zusammen. Wie bei der herkömmlichen Therapie ist aber auch hier ein sauberer Darm nötig. Außerdem müssen die Ärzte ein Kontrastmittel spritzen. Dabei kann es in seltenen Fällen zu einem allergischen Schock kommen. Leider ist es bei der virtuellen Koloskopie nicht möglich, Polypen zu entfernen oder Gewebeproben zu entnehmen. Bei Auffälligkeiten ist dann doch eine normale Darmspiegelung nötig. Weiterer Nachteil: Die gesetzlichen Kassen übernehmen die Kosten, wenn überhaupt, nur anteilig oder in begründeten Ausnahmefällen.
Die verschiedenen Stadien von Darmkrebs
Wenn Ärzte bei einer Untersuchung entartete Zellen finden, werden diese im Labor untersucht. Handelt es sich um einen Tumor, wird so etwas wie ein Steckbrief erstellt. Man bestimmt den Zelltyp, den Grad der Bösartigkeit, sein Wachstum, die sogenannte Invasivität und die Metastasierung. Mit diesem Steckbrief können Ärzte das Darmkrebs-Stadium bestimmen. Der Fachbegriff dafür lautet Staging.
Das Staging
Das Staging beschreibt die jeweilige Ausbreitung des Tumors. Dabei kommt es ein internationales angewandtes System mit dem Namen TNM zum Einsatz:
- T steht für Tumor (es geht um die Größe und die eventuelle Ausdehnung des Ersttumors, auch Primärtumor genannt)
- N steht für nodes. Das ist der englische Begriff für Knoten und bezieht sich auf die angrenzenden Lymphknoten, die vom Tumor befallen sein können.
- M steht für Metastasen. Es geht darum, ob sich bereits welche gebildet haben, und wenn ja, wo sie sich gebildet haben.
Die einzelnen Buchstaben werden dann weiter unterteilt in:
- Tis: Sehr früh entdeckter Tumor, der sich ausschließlich in den oberen Schichten der Darmschleimhaut befindet.
- T1: Hierbei handelt es sich um den Primärtumor, der sich ausschließlich auf der Darmschleinhaut befindet.
- T2: In diesem Stadium hat der Tumor bereits die Muskulatur der Darmwand befallen.
- T3: Der Krebs ist schon weiter fortgeschritten und der Primärtumor ist in allen Schichten der Darmwand zu finden.
- T4: Der Primärtumor hat bereits benachbartes Gewebe oder benachbarte Organe erreicht.
Von N0 bis N2 reicht die Kategorisierung der Lymphknoten:
- N0: Noch sind die Lymphknoten in Nachbarschaft zum Tumor nicht befallen.
- N1: Ein bis drei benachbarte Lymphknoten des Tumors sind befallen.
- N2: Mindestens vier Lymphknoten in der Nachbarschaft des Tumors sind befallen.
Bei den Metastasen wird nur zwischen M0 und M1 unterschieden:
- M0: In anderen Organen sind keine Metastasen zu finden.
- M1: es befinden sich Metastasen in anderen Organen.
Mithilfe des TNM-Systems wird dann schließlich das Stadium der Darmkrebs-Erkankung festgelegt. Die Einteilung orientiert sich an der französischen „Union Internationale Contre le Cancer“ (Internationale Union gegen den Krebs) kurz UICC genannt.
Stadium (UICC) | T | N | M |
---|---|---|---|
Stadium 0 | Tis | N0 | M0 |
Stadium 1 | T1, T2 | N0 | M0 |
Stadium 2 | T3, T4 | N0 | M0 |
Stadium 3 | alle T‘s | N1, N2 | M0 |
Stadium 4 | alle T’s | alle N | M1 |
Das Grading
Ergänzt wird das Staging durch das sogenannte Grading. Denn nach einer Darmkrebsdiagnose ist es für die behandelnden Ärzte wichtig, zu wissen, um was für einen Tumor es sich handelt. Denn nur so ist eine optimale Behandlung möglich. Dafür werden im Labor die Zellen des Tumors mit den Zellen der ursprünglichen Darmschleimhaut verglichen. Je entarteter, Ärzte sagen auch undifferenzierter, das Gewebe ist, desto aggressiver ist der Tumor. Ein aggressiver Tumor hat die Eigenschaft, sehr schnell zu wachsen und auch früh Metastasen in anderen Organen zu bilden.
Die Befunde werden nach dem Malignitätsgrad unterschieden:
- G1: geringe Malignität
Die Tumorzellen weichen nur unwesentlich von den Zellen der Darmschleimhaut ab und sind gut differenziert. - G2: mittlere Malignität: In diesem Stadium sind die Tumorzellen bereits mäßig differenziert.
- G3: hohe Malignität: Hier sind die Tumorzellen bereits schlecht differenziert. Ihr Aussehen unterscheidet sich von den normalen Darmschleimhautzellen.
- G4: sehr hohe Malignität: In diesem fortgeschrittenen Stadium sind die Zellen vollständig undifferenziert und ihr Aussehen hat den normalen Zellen der Darmschleimhaut nichts mehr gemeinsam.
Malignitätsgrade von Darmkrebs | |||
---|---|---|---|
G1 | G2 | G3 | G4 |
geringe Malignität | mittlere Malignität | hohe Malignität | sehr hohe Malignität |
Die Tumorzellen weichen nur unwesentlich von den Zellen der Darmschleimhaut ab und sind gut differenziert. | In diesem Stadium sind die Tumorzellen bereits mäßig differenziert. | Hier sind die Tumorzellen bereits schlecht differenziert. Ihr Aussehen unterscheidet von den normalen Darmschleimhautzellen | In diesem fortgeschrittenen Stadium sind die Zellen vollständig undifferenziert und ihr Aussehen hat den normalen Zellen der Darmschleimhaut nichts mehr gemeinsam. |
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Lebenserwartung und Heilungschancen
Nach abgeschlossener Diagnose geht es dann darum, zu erfahren, wie es weitergeht. Die gute Nachricht: Darmkrebs ist heute eine gut behandelbare und in vielen Fällen sogar heilbare Erkrankung. Worüber man sich aber auch im Klaren sein muss: Je früher die Krankheit entdeckt wird, desto größer die Erfolgsaussichten. Um die Lebensqualität und Heilungschancen einzuschätzen, richten sich Ärzte nach der Fünf-Jahres-Überlebensrate. Sie gibt Auskunft darüber, wie viele Menschen fünf Jahre nach der Diagnose noch leben. Eine Prognose, die je nach Darmkrebs-Stadium unterschiedlich aussieht.
Wichtig zu wissen: Selbst bei einer weit fortgeschrittenen Darmkrebserkrankung, die schon Metastasen gebildet hat, ist eine Heilung möglich.
Die Stadien von Darmkrebs | |||
---|---|---|---|
Stadium I | Stadium II | Stadium III | Stadium IV |
Fünf Jahre nach der Diagnose leben noch 86 bis 97 von 100 Patienten | 70 bis 85 von 100 Patienten leben auch 5 Jahre nach der Diagnose noch | In diesem Stadium sind es 50 bis 80 von 100 Patienten | 8 bis 10 von 100 Patienten |
Übersicht der Prognosen bei den einzelnen Darmkrebs-Stadien
- Stadium I: Fünf Jahre nach der Diagnose leben noch 86 bis 97 von 100 Patienten
- Stadium II: 70 bis 85 von 100 Patienten leben auch 5 Jahre nach der Diagnose noch
- Stadium III: In diesem Stadium sind es 50 bis 80 von 100 Patienten
- Stadium IV: 8 bis 10 von 100 Patienten