15. August 2024, 15:29 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Die Anzahl an Darmkrebs-Erkrankungen bei Menschen unter 50 Jahren steigen beunruhigend stark an. Wissenschaftler forschen emsig nach möglichen Gründen, um diesem alarmierenden Trend entgegenwirken zu können. Studien liefern neue, wichtige Erkenntnisse.
Weltweit erkranken zunehmend mehr junge Erwachsene an Darmkrebs – eine Tendenz, die sich über mehrere Generationen wissenschaftlich nachverfolgen lässt. (FITBOOK berichtete).1 Eine Vermutung der Wissenschaftler: Veränderte Lebensstilfaktoren wie Ernährung, Maß der Bewegung oder Umweltverschmutzung könnten diese dramatische Entwicklung bedingen. Eine Studie, die auf einem Kongress der American Society of Clinical Oncology 2023 vorgestellt wurde, lieferte neue Erkenntnisse, die diese Annahme nicht nur untermauern, sondern auch spezifizieren. So scheint insbesondere die Ernährung eine Rolle zu spielen, wenn es um die Entstehung von Darmkrebs bei unter 50-Jährigen geht. Das belegt nun auch eine Folgestudie.
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Studie untersuchte Abbauprodukte
Für ihre Studie rekrutierten die US-amerikanischen Wissenschaftler 170 Darmkrebspatienten, von denen 66 unter 50 Jahre und 104 Personen 60 Jahre oder älter waren. Als Kontrollgruppe dienten 49 gesunde Menschen (34 junge Erwachsene und 15 Senioren). Um mögliche Unterschiede zwischen den Darmkrebs-Erkrankungen von jungen Erwachsenen versus älteren Erwachsenen bestimmen zu können, nutzen die Forscher ein Verfahren namens Metabolomics (bzw. Metabolomik). Diese Methode ermöglichte „die Untersuchung von Abbauprodukten und Produktionsbausteinen unseres Körpers, um nach Unterschieden bei Darmkrebs bei jungen Menschen im Vergleich zu älteren Menschen, die an Darmkrebs erkrankt sind, zu suchen“, erklärte Studienautor Dr. Suneel Kamath von der Cleveland Clinic auf Nachfrage des Gesundheitsportals „Medical News Today“.
Metabolomics/Metabolomik
Das Max-Rubner-Institut (MRI) definiert Metabolomics wie folgt: „Der innovative methodische Ansatz von Metabolomics ist, dass hier nicht wie in der klassischen Analytik die absolute Konzentration einiger bekannter Metaboliten (Stoffwechselverbindungen) gezielt bestimmt wird (gerichtete Analyse), sondern dass mit einer Analyse eine möglichst umfangreiche Anzahl von Metaboliten, bekannte aber auch unbekannte, erfasst werden.“2
Stoffwechsel-Unterschiede bei jungen und älteren Erwachsenen mit Darmkrebs
Tatsächlich gelang es den Forschern, mithilfe ihrer Analyse verschiedene Stoffwechselprodukte zu identifizieren, deren Werte sich bei U50-Darmkrebs-Betroffenen von denen bei Ü60-Darmkrebspatienten unterschieden – darunter Zitrat und Cholesterin. Außerdem beobachteten sie bei jungen Erwachsenen mit Darmkrebs Veränderungen im Kohlenhydrat- und Proteinstoffwechsel, nicht aber bei den älteren, untersuchten Krebspatienten.3
Auf rotes Fleisch und Zucker möglichst verzichten
Doch was sagten diese Veränderungen nun genau aus? Sie bekräftigten die Vermutung, dass Ernährung und Körpergewicht eine bedeutende Rolle bei der Entstehung von Darmkrebs in jüngeren Jahren spielen. So erläuterte Dr. Kamath, dass „die Ergebnisse (der Studie; A. d. R.) darauf hindeuten, dass eine Konzentration auf die Verringerung der Fettleibigkeit und eine Reduzierung des Verzehrs von rotem Fleisch und Zucker in unserer Ernährung bei der Krebsprävention helfen könnte, insbesondere bei Darmkrebs.“
Neue Behandlungsmöglichkeiten denkbar
Aus der Studie, so die Annahme der Verantwortlichen, ließe sich womöglich mehr ableiten als Ernährungsempfehlungen zur Krebsprävention. Dr. Kamath glaubte daran, dass die Erkenntnisse seiner Arbeit dazu beitragen könnten, „Medikamente zu identifizieren, die auf bestimmte Aminosäurewege und andere Stoffwechselwege abzielen, um bessere Ergebnisse und Überlebenschancen für Menschen mit Darmkrebs zu erreichen.“ Er betonte jedoch zugleich, dass diesbezüglich weitere Forschung nötig sei.
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Zusammenhang zwischen Dickdarmkrebs und Ernährung
Das Team um Dr. Kamath an der Cleveland Clinic in den USA fokussierte sich bei ihren neuen Untersuchungen besonders auf Dickdarmkrebs.4 Die dafür verwendeten Plasmaproben stammten aus den prospektiven Biobanken für Darm- und Lebertumore der Cleveland Clinic, die zwischen 2004 und 2021 angelegt wurden. Diese Proben umfassten alle Stadien des sogenannten kolorektalen Karzinoms. Des Weiteren bezog man Blutproben der Leber-Biobank mit ein, welche die Kontrollgruppe der Nicht-Krebspatienten darstellten.
Die Forscher analysierten die Proben metabolomisch mithilfe des Primary Metabolsim Panel von West Coast Metabolomics an der University of California. Dieses Panel dient der Plasmaanalyse und kann über 200 bekannte und 200 unbekannte Metaboliten nachweisen. Ergänzend führte man eine Mikrobiom-Analyse durch, also eine Analyse der Zusammensetzung aller Mikrooranismen des Organs. Beide Verfahren dienen dazu, um Metaboliten, Bakterien etc. zu finden, die mit einem erhöhten Risiko für Dickdarmkrebs in Verbindung stehen.
Besonders rotes Fleisch erhöht das Darmkrebsrisiko
Besonders Menschen unter 60 Jahren, die an Darmkrebs erkrankt sind, wiesen höhere Werte von Metaboliten auf. Diese stehen mit der Produktion der Aminosäure Arginin und dem Harnstoffzyklus in Verbindung, was man auf den Verzehr von rotem und verarbeitetem Fleisch zurückführen kann. Damit untermauert die neue Untersuchung die zuvor schon erwähnte Empfehlung, auf rotes Fleisch möglichst zu verzichten. Generell scheint eine gesunde Ernährung der Schlüssel zu sein, um das Risiko für Dickdarmkrebs so gering wie möglich zu halten.
Bedeutung der Studie
Die Ergebnisse führten dazu, dass die Wissenschaftler nun weitere Untersuchungen vornehmen. So wollen sie testen, ob bestimmte Diäten oder Medikamente, welche die Argininproduktion und den Harnstoffzyklus regulieren, helfen können, den Dickdarmkrebs in einem frühen Stadium zu behandeln. Des Weiteren macht die Studie deutlich, dass Menschen unter 60 Jahren auf besonders auf ihre Ernährung achten sollten, falls das Risiko für Darmkrebs besteht. Und auch Ärzte sollten dahingehend sensibilisiert werden, um Patienten darauf aufmerksam zu machen.