29. März 2024, 18:34 Uhr | Lesezeit: 19 Minuten
Früh diagnostiziert, haben Darmkrebspatienten heute sehr gute Heilungschancen. Aber auch, wenn die Krankheit schon weiter fortgeschritten ist, sind Ärzte heute nicht mehr machtlos. Es gibt mittlerweile zahlreiche Therapieoptionen und jedes Jahr kommen neue und noch wirksamere Medikamente auf den Markt. FITBOOK klärt auf.
Natürlich ist die Diagnose Darmkrebs erst einmal ein Schock. Von einer Sekunde auf die nächste ist nichts mehr so, wie es vorher war. Gar nicht so einfach, in einer solchen Krisensituation die richtige Entscheidung zu treffen. Doch genau jetzt müssen die Weichen für die optimale Behandlung der Darmkrebs-Erkrankung gestellt werden. Erster Ansprechpartner ist zwar der Hausarzt, besonders gut aufgehoben ist man aber in zertifizierten Darmkrebszentren, die es überall im Bundesgebiet gibt.1 Dort arbeiten Ärzte verschiedener Fachrichtungen Hand in Hand zusammen und erstellen einen individuellen Therapieplan. Wichtig ist, dass man Vertrauen zu den Ärzten hat und sich gut aufgehoben fühlt. Ist das nicht der Fall, hat man das Recht auf eine Zweitmeinung. FITBOOK erklärt die unterschiedlichen Therapieoptionen.
Übersicht
Welche Möglichkeiten der Behandlung gibt es bei Darmkrebs?
Eine Behandlung von Darmkrebs hängt von einer Vielzahl an Faktoren ab und wird von einem Arzt auf den Patienten und dessen vorliegende Gesundheitszustand abgestimmt. Als mögliche Behandlungsmaßnahmen kommen – je nach Stadium der Erkrankung – häufig infrage:
- Endoskopie, wenn der Tumor sich auf die Schleimhaut als oberste Schicht der Darmwand beschränkt
- Operation, wenn der Tumor tiefere Schichten der Darmwand befällt. Tumortragende Abschnitte des Darmes und dazugehörende Lymphknotenstationen werden entfernt.
- Chemotherapie, bei welcher bestimmte Medikamente eingesetzt werden, um die Krebszellen abzutöten.
- Bestrahlung, welche häufig parallel zur Chemotherapie erfolgt und durch starke Strahlung, ähnlich wie Röntgenstrahlung Krebszellen zerstören soll.
- Medikamente zur Krebs- und Schmerzbehandlung
Die Behandlungsmöglichkeiten werden häufig miteinander kombiniert, um die Heilungschancen zu maximieren. Wenn der Krebs schon in andere Organe gestreut hat und die Prognosen einer erfolgreichen Behandlung gering sind, konzentriert sich eine Therapie gegebenenfalls auf das Behandeln von Schmerzen.2 Im Folgenden erklären wir die einzelnen Therapie-Optionen genauer.
Operation
Das primäre Ziel bei der Behandlung von Darmkrebs ist die Entfernung des bösartigen Tumors. Sollten sich auch Metastasen gebildet haben, gilt es, diese aus dem Körper zu entfernen. Die nach wie vor primäre Behandlungsstrategie ist deshalb auch die Operation. Es gibt verschiedene Operationsmethoden und diese sind abhängig von der Lokalisation des Tumors, dem Stadium der Erkrankung und der eventuellen Diagnose von Metastasen.
Totale mesorektale Exzision (TME)
Als Standard beim Rektumkarzinom gilt eine OP-Technik, die sich totale mesorektale Exzision nennt, kurz: TME. Eine gut ausgeführte TME kann in Abhängigkeit vom lokalen Stadium das Wiederauftreten eines bösartigen mastdarmtumors auf bis zu zehn Prozent senken.3 Wichtig hier zu wissen: Der Eingriff ist nicht ganz unkompliziert. Die Chirurgen müssen peinlich genau darauf achten, nicht die Harnblase, die beiden Harnleiter und die Sexualnerven zu verletzen. Hier sollte man den Arzt nach seiner Erfahrung mit dem Eingriff fragen.
Neoadjuvante Therapie vor der Operation
Bei einem Mastdarmtumor, der sich schon weit ausgedehnt hat, raten Mediziner zu einer sogenannten neoadjuvanten Therapie. Dabei handelt es sich um eine Kombination aus Strahlentherapie und medikamentöser Tumortherapie, die vor der eigentlichen Operation verabreicht wird. Ein verkleinerter Tumor kann besser operiert und ein Wiederauftreten nach der Operation besser verhindert werden. Bei wenig ausgedehnten Tumoren kann auch nur eine Strahlentherapie oder gleich eine Operation durchgeführt werden.
Nach jeder OP wird das Tumorgewebe im Labor untersucht. Es geht zum einen darum festzustellen, ob es den Chirurgen gelungen ist, den gesamten Tumor zu entfernen. Zum anderen, ob auch bereits umliegende Lymphknoten mit Tumorgewebe befallen sind. Auf Basis dieses Befundes entscheiden die Ärzte, ob ggf. auch noch eine weitere Chemotherapie nach der Operation, eine sogenannte adjuvante Therapie, angeschlossen werden sollte, um die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls noch weiter zu reduzieren.
Künstlicher Darmausgang (Stoma)
Natürlich versuchen die Ärzte so schonend wie möglich zu operieren. Doch es kann sein, dass sich ein Tumor in der Nähe des Schließmuskels befindet oder sich schon sehr weit ausgebreitet hat. Dann ist ein künstlicher Darmausgang (Stoma) nötig. Das betrifft etwa 15 Prozent der Patienten. Beim Stoma handelt es sich um eine operativ geschaffene Verbindung zwischen Darm und Bauchdecke, die es möglich macht, den Darminhalt abzuleiten.
Je nach Größe des Eingriffs müssen sich Patienten auf eventuelle Komplikationen und Folgen einstellen. So muss sich vor allem die Verdauung erst einmal auf die veränderte Anatomie des Darms einstellen. Die Schmerzen nach einer OP lassen in der Regel nach ein paar Tagen nach und sind medikamentös meist gut Schach zu halten. Relativ häufig kann es in den ersten Wochen zu Durchfall, Verstopfung, häufigem Stuhldrang und Blähungen kommen. Wer unter Durchfall leidet, sollte unbedingt reichlich trinken, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Bei häufigem Stuhlgang ist Wundsein und Brennen rund um den After eine unangenehme Begleiterscheinung. Manchmal treten auch Blutungen auf. In selteneren Fällen drohen Wundinfektion oder eine Darmlähmung.
In einigen Fällen wird ein solcher künstlicher Darmausgang auch nur vorübergehend angelegt, um die operativ geschaffene, neue Verbindung der Darmanteile (sog. Anastomose) zu schützen. Diese künstlichen Darmausgänge können dann z.B. nach drei Monaten wieder in einer weiteren Operation zurückverlegt werden.
Strahlentherapie
Eine weitere häufig zur Behandlung von Darmkrebs zum Einsatz kommende Methode ist die Strahlentherapie, vor allem dann, wenn es sich um ein Mastdarmkarzinom handelt. Patienten können sie sowohl vor als auch nach einer OP erhalten. Bei einem Einsatz vor einer OP spricht man von präoperativer oder neoadjuvanter Strahlentherapie. Ziel ist es, den Tumor zu verkleinern, um ihn anschließend besser und vollständig entfernen zu können. Eine postoperative Strahlentherapie hingegen soll verhindern, dass sich erneut ein Tumor bildet.
Da das betroffene Gebiet von außen bestrahlt wird, spricht man von einer perkutanen Strahlentherapie. Dabei kommen sogenannte Linearbeschleuniger zum Einsatz, die Photonenstrahlen direkt in den Tumor lenken. Um dies so genau wie möglich zu schaffen und so wenig gesundes Gewebe wie möglich im Strahlengang zu treffen, wird vor jeder Bestrahlung eine computergesteuerte Bestrahlungsplanung durchgeführt. Moderne Geräte und Software ermöglichen es mittlerweile, die Bestrahlung extrem punktgenau einzusetzen und Nebenwirkungen zu minimieren. Das bestrahlte Gebiet wird vorab mit einem wasserfesten Stift auf der Haut eingekreist. Manche Ärzte benutzen auch tätowierähnliche Markierungen mit Henna. Beides sollte nicht abgewaschen werden, sonst muss die recht aufwendige Prozedur wiederholt werden. Während der Bestrahlung selbst ist es wichtig sehr stillzuliegen. Gurte, Lagerungshilfen und Polster helfen dabei. Die eigentliche Bestrahlung dauert dann nur wenige Minuten, manchmal sogar nur ein paar Sekunden.
Vorteil der Strahlentherapie
Sie kann durch die vorgeschaltete Bestrahlungsplanung möglichst genau eingesetzt werden, sodass vor allem Krebszellen getroffen werden, die so über einen gesetzten Schaden am Erbgut der Tumorzellen am weiteren Wachstum gehindert und in der Folge abgetötet werden sollen. Aufgrund des zielgenauen Beschusses halten sich die Nebenwirkungen in Grenzen. Trotzdem kann es vor allem zu Durchfall und Bauchschmerzen kommen. Auch Hautreaktionen, bleierne Müdigkeit und Blasenentzündungen sind möglich. Da sich auch das Blutbild verändern kann, sind regelmäßige Kontrollen ratsam.
Wichtig zu wissen: Aufgrund ihrer schlechteren Durchblutung ist der Erfolg der Strahlentherapie bei Rauchern deutlich schlechter, das haben Studien gezeigt.4 Wer seine Heilungschancen erhöhen möchte, sollte mit dem Rauchen aufhören.
Chemotherapie
Zu den bekanntesten Maßnahmen im Rahmen einer Krebsbehandlung zählt die Chemotherapie. Dabei kommen sogenannte Zytostatika zum Einsatz. Bei Zytostatika handelt es sich um Zellgifte, die das Zellwachstum behindern und Zellen zerstören können. Im Vergleich zur OP oder Strahlenbehandlung hat die Chemotherapie einen entscheidenden Nachteil: Sie greift auch gesunde Zellen an und hat Auswirkungen auf den ganzen Körper. Trotzdem ist ihr Einsatz manchmal unumgänglich. Vor allem, wenn es nicht gelingt, den Tumor durch eine Operation vollständig zu entfernen.
Drei unterschiedliche Herangehensweisen bei einer Chemotherapie
Neoadjuvante Therapie
Eine neoadjuvante Chemotherapie wird derzeit nur beim Mastdarmkrebs empfohlen. Hier wird sie in Kombination mit einer Strahlentherapie eingesetzt und soll den Tumor verkleinern bzw. verhindern, dass es nach der Operation zu einem erneuten Auftreten des Tumors kommt. Beim Dickdarmkrebs wird eine neoadjuvante Chemotherapie vor der eigentlichen Operation derzeit standardmäßig nicht angeraten.
Adjuvante Therapie
Sie kommt bei sehr weit fortgeschrittenem Krebs, der operativ nicht vollständig entfernt werden kann, oder bei Nachweis von Metastasen, zum Einsatz. Studien haben gezeigt, dass durch eine solche Chemotherapie die lang anhaltende Tumorfreiheit deutlich verbessert werden kann.5
Palliative Chemotherapie
Sie kommt bei sehr weit fortgeschrittenem Krebs zum Einsatz, oder auch dann, wenn es nicht gelungen ist, einen Tumor vollständig zu entfernen. Ziel ist es den Tumor am weiteren Wachsen zu hindern oder auch um Schmerzen zu reduzieren, die vom Tumor ausgehen.
Chemotherapie: Medikamente und Verabreichungsform
Die behandelnden Ärzte haben eine große Auswahl an sehr gut erprobten und nachweislich auch gut wirksamen Chemotherapie-Medikamenten. Wie genau der Ablauf der Chemotherapie aussieht, kann von Therapie zu Therapie unterschiedlich sein und sich somit auch von Patienten zu Patient unterscheiden.
Länger laufende Infusionstherapien werden über eine tragbare Pumpe verabreicht, sodass eine solche Therapie problemlos auch zu Hause durchgeführt werden kann. Viele Patienten bekommen daher einen sogenannten Port im Bereich des Schlüsselbeins implantiert, wozu ein kleiner operativer Eingriff notwendig sein kann. Das Portsystem besteht dabei aus einem kleinen Flüssigkeitsreservoir und einem Schlauchsystem, dessen Ende kurz vor der rechten Herzkammer endet. Das Reservoir kann dabei durch die Haut mit einer bestimmten Nadel angestochen werden, damit man einen sehr schnellen und sicheren Zugang hat, über welchen Medikamente auch über längere Zeit mittels Pumpe verabreicht werden können.
Die Auswahl des für den Patienten richtigen Chemotherapie-Medikaments, die Dosis, die Zyklen und die Dauer legen die behandelnden Ärzte oft im Rahmen einer Tumorkonferenz fest, an welcher Ärzte verschiedener Fachdisziplinen teilnehmen.
Je nach Lokalisation des Krebses kommen unterschiedliche Zytostatika zum Einsatz. Patienten mit Dickdarmkrebs bekommen oft den Wirkstoff 5-Fluorouacil (kurz: 5-FU) in Kombination mit Folinsäure. Folinsäure verstärkt die Wirkung von 5-FU – warum, weiß man leider bisher nicht so richtig.
Standardmäßig werden immer Kombinationen aus 5-FU/Folinsäure und Oxaliplatin oder Irinotecan verabreicht, manchmal aber auch alle vier Medikamente. Ansonsten steht auch der Wirkstoff Capecitabin steht zur Verfügung.
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Chemotherapie immer besser verträglich
Noch vor gar nicht allzu langer Zeit war die Chemotherapie mit heftigen Nebenwirkungen verbunden. Die Forschung arbeitet aber mit Hochdruck an Medikamenten, die besser verträglich sind und hat auch enorme Fortschritte gemacht. Ganz ohne unangenehme Begleiterscheinungen ist eine Behandlung mit Zytostakia aber nach wie vor nicht möglich. Allerdings gibt es weitere Medikamente, die dabei helfen können, Nebenwirkungen zu reduzieren. Hierzu gehören vor allem Medikamente zur Vermeidung von Übelkeit und Erbrechen, die sog. Antiemetika. Moderne Medikamente oder Kombinationen aus Medikamenten können in den allermeisten Fällen das Auftreten von Übelkeit und Erbrechen komplett verhindern oder zumindest erträglich gestalten.
Mögliche Nebenwirkungen einer Chemotherapie
Hier ein Überblick der möglichen Nebenwirkungen durch Chemotherapie. Ob und wie stark sie auftreten, ist von Medikament zu Medikament aber auch von Patient zu Patient unterschiedlich:
Verändertes Blutbild
Die Zahl der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) kann abfallen. Dadurch steigt das Infektionsrisiko. Auch die Zahl der roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und Blutplättchen (Thrombozyten) kann abfallen. Das kann zu einer vorübergehend verminderten Leistungsfähigkeit, Müdigkeit oder Blässe führen. Der Arzt wird aber regelmäßig das Blutbild kontrollieren und ggf. Gegenmaßnahmen einleiten.
Entzündete Schleimhäute
Sie kann sich vom Bereich der Mundhöhle bis hin zum Enddarm entzünden. Besonders häufig betroffen ist die Mundschleimhaut (Stomatitis). Eine sorgfältige Mundhygiene, Zahnpflege und spezielle Mundspülungen (bspw. mit Salbeilösungen) können helfen. Bei Durchfall können Medikamente wie Loperamid helfen, die von den Ärzten verschrieben werden. Der Arzt wird hierzu aber genaue Hinweise zum Verhalten bei Durchfall geben.
Herzbeschwerden
Bei manchen Patienten sind Herzrhythmusstörungen und auch eine Herzinsuffizienz (Herzschwäche) möglich. Deshalb führen die behandelnden Ärzte regelmäßig Ultraschalluntersuchungen des wichtigen Muskels in der Brust durch.
Durchfall
Eine recht häufige Nebenwirkung, die zu Flüssigkeits- und Salzverlust führen kann. Patienten müssen ausreichend trinken. Medikamente wie Loperamid helfen.
Verstopfung
Ebenfalls sehr häufig. Auch hier hilft ausreichende Flüssigkeitsaufnahme oder milde abführende Medikamente.
Haarausfall
Der Wirkstoff 5-FU führt dazu, dass die Haare dünner werden. Die Wirkstoffe Irinotcean und Oxaliplatin können dafür sorgen, dass die Haare sogar ganz ausfallen. Nach der Behandlung wachsen die Haare wieder nach. Die Krankenkassen übernehmen im Rahmen einer Chemotherapie auch die Kosten für eine Perücke. Diese sollten möglichst schon vor Beginn der Chemotherapie angepasst werden, um die bisherige Frisur bestmöglich abbilden zu können.
Übelkeit und Erbrechen
Ebenfalls eine recht häufige Begleiterscheinung. Mittlerweile gibt es aber Medikamente, die das verhindern oder reduzieren.
Entzündung der Harnblase
Kommt bei der Gabe von manchen Zytostatika vor. Es ist aber möglich vorsorglich Gegenmittel zu geben.
Extreme Müdigkeit
Auch Fatigue-Syndrom oder Chemobrain genannt. Fatigue kann durch eine Veränderung der Blutzellen, aber auch ohne genauere Erklärung, auftreten.
Beschwerden an Haut und Nägeln
Manche Chemotherapeutika können ein Hand-Fuß-Syndrom auslösen. Betroffen ist vor allem die Hornschicht der Nägel. Dagegen helfen spezielle Präparate, die frühzeitig zum Einsatz kommen müssen, um gut wirken zu können. Die Haut ist häufiger von Juckreiz betroffen. Pflegepräparate verschaffen Linderung.
Nerven- und Empfindungsstörungen
Einige Zytostatika – und hier vor allem das Oxaliplatin – führen zu Nervenschädigungen. Besonders häufig betroffen sind Hände und Füße. Möglich sind Taubheitsgefühle, ein verändertes Tastempfinden, manchmal sogar brennende Schmerzen. Ärzte bezeichnen das als polyneuropathische Beschwerden. Sie können leider recht lange anhalten. Zur Linderung der Beschwerden kommt Ergotherapie zum Einsatz. Auch Vitamin-B-Präparate sowie eine Iontophorese (schwacher elektrischer Gleichstrom) können helfen. Zudem können Kühlpads die Nebenwirkungen in Grenzen halten. Wenn sich herausstellt, dass es zu dauerhaften und nicht reversiblen Problemen kommt, setzen Ärzte die Medikation ab.
Muskelschwäche
Manche Chemotherapeutika können zu Störungen der Feinmotorik führen. Vor allem betroffen sind die Hände, wodurch sich die Verletzungsgefahr erhöht. Auch Stolpern beim Gehen kann häufiger vorkommen. Moderater Sport und Gleichgewichtstraining können dem entgegenwirken.
Warum es sich lohnt, ein Darmkrebszentrum aufzusuchen
Nach einer Darmkrebs-Diagnose stellen sich Betroffene die Frage: Wo soll ich mich behandeln lassen? Studien zeigen, dass Patienten davon profitieren, wenn sie sich in einem der 297 von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizierten Darmkrebszentren in Deutschland in die Therapie begeben.
Der entscheidende Vorteil: Zertifizierte Kliniken, die sich auf die Behandlung von Darmkrebs spezialisiert haben, müssen hohe Qualitätsstandards erfüllen. Sie müssen jedes Jahr eine bestimmte Anzahl an Operationen und Fortbildungsmaßnahmen nachweisen und alle Patienten müssen nach den aktuellen Leitlinien behandelt werden. Auch eine niedrige Komplikationsrate spielt bei der Zertifizierung eine Rolle.
Hinzu kommt, dass dort Ärzte verschiedener Fachrichtungen arbeiten, die sich regelmäßig zu einer sogenannten Tumorkonferenz treffen. Dort wird die jeweils optimale individuell angepasste Behandlungsstrategie besprochen. Patienten werden aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet. In einem Darmkrebszentrum arbeiten zudem nicht nur Ärzte, sondern auch Psychoonkologen, Ernährungswissenschaftler, Stomaberater und Sozialarbeiter. Das ermöglicht eine umfassende Betreuung.
Für viele Patienten ist es zudem hilfreich, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen. In einem zertifizierten Darmkrebszentrum muss jedem Betroffenen aktiv eine Kontaktmöglichkeit angeboten werden. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil ist die Möglichkeit des Zugangs zu modernsten Therapieverfahren und wissenschaftlichen Studien, bei denen die neuesten Medikamente zum Einsatz kommen.
Die oben erwähnte Studie bei der die Daten von 4302 Darmkrebspatienten ausgewertet wurden, kam dabei zu folgendem Ergebnis: Die 3-Jahres-Überlebensrate lag in zertifizierten Zentren mit 71,6 Prozent höher als in nicht zertifizierten Zentren (63,6 Prozent).
Nicht-medizinische Hilfsangebote
Neben der notwendigen medizinischen Therapie können Darmkrebspatienten weitere Hilfsmöglichkeiten in Anspruch nehmen, um besser mit der Krankheit, der Therapie und der Zeit nach der Behandlung klarzukommen. Das ist gut so, denn kaum ein Patient ist in der Lage, die privaten und beruflichen Probleme, die mit der Krankheit einhergehen, alleine zu bewältigen.
Psychoonkologie
Sowohl für Erkrankte als auch deren Angehörige steht die Psychoonkologie zur Verfügung. Diese Fachrichtung beschäftigt sich mit den seelischen Belastungen, die mit einer Krebserkrankung und deren Folgen einhergehen. In zertifizierten Kliniken stehen dafür entsprechend ausgebildete Ansprechpartner zur Verfügung. Die umfassende seelische Betreuung beinhaltet regelmäßig stattfindende psychotherapeutische Gespräche und Hilfe bei akuten belastenden Problemen. Auch das Erlernen von Entspannungsmethoden gehört zum Programm.
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Sozialarbeiter
Eine ebenfalls große Hilfe sind Sozialarbeiter. Sie unterstützen Patienten und deren Familien bei den unterschiedlichsten Problemen und geben lebenspraktische Informationen. Insbesondere geht es darum, sich im komplexen medizinischen Versorgungssystem zurechtzufinden. Welche Rechte und Ansprüche habe ich? Worauf muss ich achten? Wie werden Anträge richtig ausgefüllt? Sozialarbeiter helfen beispielsweise bei der Beantragung einer onkologischen Rehabilitation, bei der finanziellen Absicherung im Krankheitsfall und bei der Durchsetzung von Ansprüchen. Dazu gehören auch Dinge, wie Hilfe bei einer Zuzahlungsbefreiung, wo man eine Perücke bekommt.
Außerdem sind sie bei der Rückkehr ins Berufsleben nach überstandener Krankheit behilflich. Es geht um Fragen wie z. B., wie ein kompletter oder schrittweiser Wiedereinstieg aussehen kann, oder ob vielleicht eine Umschulung Sinn macht, wenn man im alten Beruf nicht mehr arbeiten kann.
Selbsthilfegruppen
Darmkrebspatienten sollten sich bewusst machen: Sie sind mit ihrer Krankheit nicht alleine! In Selbsthilfegruppen, die es ebenfalls überall im Bundesgebiet gibt, können sich Betroffene untereinander austauschen und unterstützen. Geleitet werden diese Gruppen in der Regel von ebenfalls an Darmkrebs erkrankten Patienten, die das meist ehrenamtlich tun. Die Menschen in der Gruppe zu treffen und mit ihnen zu sprechen, kann sehr hilfreich sein. Auch auf konkrete Fragen zur Erkrankung, Therapie und Nachsorge gibt es dort Antworten. Der beste Ansprechpartner ist die „Deutsche Ilco, eine Selbsthilfevereinigung für Stomaträger und Menschen mit Darmkrebs sowie deren Angehörige.6
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Mit der Ernährung den Heilungsprozess unterstützen
Neben der ärztlichen, psychologischen und sozialen Hilfe, kann jeder Darmkrebspatient auch selbst eine Menge tun. So kann vor allem die Ernährung den Heilungsprozess positiv beeinflussen und dabei helfen, die nicht selten kräftezehrenden Therapien besser zu überstehen. Wichtig: Obwohl zuhauf angeboten ist es nicht nötig, eine besondere Krebsdiät zu befolgen. Wichtig ist allerdings eine gesunde, vollwertige und abwechslungsreiche Ernährung. Hier ein paar Tipps:
Vollkornprodukte und Kartoffeln
Brot, Nudeln, Reis und Getreideflocken aus Vollkorn sollten ebenso regelmäßig auf dem Speiseplan stehen wie Kartoffeln. Sie sind fettarm sowie vitamin-und mineralstoffreich. Außerdem enthalten sie viele Ballaststoffe und die gesunden sekundären Pflanzenstoffe. 30 Gramm täglich sollten es sein.
Gemüse und Obst
Gemüse nur kurz gegart und das Obst möglichst frisch oder auch als Smoothie in Kombination mit Gemüse und weiteren gesunden Zutaten. So wird der Körper optimal mit Vitaminen, Mineralstoffen, Ballaststoffen und sekundären Pflanzenstoffen versorgt.
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Milchprodukte
Täglich ein Viertel bis einen halben Liter Milch deckt einen großen Teil des Vitamin- und Mineralstoffbedarfs. Milch ist besonders reich an Kalzium, Phosphor, Vitamin B2 und B12 sowie den fettlöslichen Vitaminen A und D. Außerdem ist Milch ein wertvoller Eiweißlieferant. Empfehlenswert sind auch Sauermilchprodukte wie Joghurt, Buttermilch, Dickmilch oder Kefir. Mit ihnen nimmt man die darin enthaltenen Milchsäurebakterien auf. Diese siedeln sich im Darm an und erneuern eine eventuell geschädigte Darmflora. Außerdem produzieren sie B-Vitamine, die den Darm bei der Verdauung unterstützen.
Fisch
Die Wasserbewohner, allen voran Lachs und Thunfisch, enthalten besonders viele Omega-3-Fettsäuren. Eine US-Studie mit 1659 an Darmkrebs erkrankten Patienten hat gezeigt, dass sich das Risiko an Darmkrebs zu sterben deutlich reduziert.7 Omega-3-Fettsäuren beteiligen sich an vielen Stoffwechselprozessen und sorgen zudem für ein gut funktionierendes Gehirn. Da der Körper sie nicht selbst herstellen kann, müssen sie durch die Nahrung aufgenommen werden.
Fleisch und Eier
Obwohl sehr beliebt, sollten Fleisch und Eier nicht so häufig auf dem Speiseplan stehen. Ernährungsexperten raten dazu, nicht mehr als 600 Gramm pro Woche davon zu essen. Und wenn doch Fleisch auf dem Teller landet, sollte es sich um fettarme Produkte handeln. Studien haben zudem gezeigt, dass Menschen, die viel rotes Fleisch oder verarbeitete Fleischprodukte wie Wurst, Schinken und Speck essen, ein etwas höheres Risiko haben, an Darmkrebs zu erkranken.8
Zucker und Salz
Vor allem auf Zucker sollte man weitestgehend verzichten. Anders als manche Quellen im Internet behaupten, lässt sich der Krebs durch den Zuckerverzicht nicht aushungern, aber je weniger Zucker, desto besser. Zucker kann Entzündungsreaktionen auslösen und ist auch nicht gut für die Darmflora. Und statt Salz ist es besser Kräuter und Gewürze zu verwenden. Das gilt auch für die Vorbeugung von Darmkrebs. Wer in der Jugend viel Zucker isst, hat im Erwachsenenalter ein erhöhtes Darmkrebsrisiko, hat eine internationale Langzeitstudie gezeigt.9
Darmkrebs und Sport
Kaum ein Medikament kann es mit den segensreichen Wirkungen regelmäßigen sportlichen Trainings aufnehmen. Das gilt auch bei der Prävention und der Therapie von Darmkrebs. Wer seinem individuellen Fitnesslevel entsprechend Sport treibt, kann nicht nur sein Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, deutlich verringern. Auch die Chancen, Darmkrebs zu überleben, sind rund 40 Prozent höher.10 Der große Vorteil regelmäßiger Fitnessprogramme: Patienten leiden seltener und Müdigkeit und dem Erschöpfungssyndrom, sie sind insgesamt leistungsfähiger und auch psychisch deutlich stabiler. Noch ist nicht hinreichend geklärt, warum Sport einen so positiven Effekt hat. Mediziner gehen aber davon aus, dass sportliche Aktivität Entzündungsreaktionen im Körper abschwächt, die Neubildung von Blutgefäßen günstig beeinflusst und das Immunsystem stärkt.
Onkologen raten dazu, sich wenigstens 150 Minuten pro Woche sportlich zu bewegen. Die deutsche Krebshilfe rät dazu, sich dreimal wöchentlich 60 Minuten zu bewegen. Ideal ist eine Kombination aus Ausdauer- und Krafttraining. Zu den beliebtesten Ausdauersportarten zählen Joggen, Walken, Radfahren und Schwimmen.
Viele Kliniken, aber auch Arztpraxen und Physiotherapeuten, bieten heute entsprechende Programme unter professioneller Anleitung für Krebspatienten an. Wer kann, sollte diese wahrnehmen. Denn es wichtig, es mit dem Sport nicht zu übertreiben. Wer lange keinen Sport getrieben hat, sollte vorsichtig und moderat starten. Beim Ausdauersport ist es beispielsweise nicht nötig aus der Puste zu kommen.
Auch den Alltag können Patienten aktiver gestalten. Treppe statt Fahrstuhl oder Aufzug, kürzere Distanzen zu Fuß oder mit dem Rad statt mit dem Auto erhöhen die täglichen Bewegungsbudgets.