11. November 2020, 14:32 Uhr | Lesezeit: 2 Minuten
Die Corona-Pandemie ist für viele von uns eine belastende Situation. Bei den Erkrankten geht das psychische Leid aber offenbar noch weiter. Einer aktuellen Studie zufolge leiden 20 Prozent der Covid-19-Patienten an chronischen psychischen Erkrankungen. Diese reichen von Schlaflosigkeit bis hin zu schweren Angststörungen oder Depressionen.
Es habe schon länger im Raum gestanden, dass ein erhöhtes Risiko für psychische Gesundheitsprobleme eine mögliche Spätfolge von Covid-19 sein könnte. Das erklärt Paul Harrison, Psychiatrie-Professor an der britischen Oxford Universität. „Und unsere Ergebnisse zeigen, dass dem wahrscheinlich so ist.“
So lief die Studie ab
Alle Details zur Untersuchung sind im Fachblatt „The Lancet Psychiatry Journal“ veröffentlicht. Demnach haben die Forscher elektronische Patientenakten von rund 69 Millionen US-Amerikanern analysiert (wollen die Ergebnisse aber auf Patienten auf der ganzen Welt übertragen können). Mehr als 62.000 von ihnen hatten eine Covid-19-Erkrankung durchgemacht.
Drei Monate nachdem bei ihnen erstmals eine Corona-Infektion festgestellt worden war, lagen für 20 Prozent der Covid-19-Genesenen Befunde über psychische Erkrankungen vor. Die Oxford-Experten haben diese Zahl mit den Fällen von psychischen Erkrankungen in der Probandengruppe, die nicht am Coronavirus erkrankt waren, verglichen – und sie war doppelt so hoch. Am häufigsten seien Schlaflosigkeit, Angstzustände und Depressionen dokumentiert.
Was war zuerst – Corona oder die psychische Erkrankung?
Interessant: Bei der Studie kam auch heraus, dass es auffällig viele Menschen mit einer bereits bestehenden psychischen Erkrankung waren, die überhaupt erst an Covid-19 erkrankten. In Zahlen ausgedrückt, scheinen sie um 65 Prozent mehr infektionsgefährdet zu sein als psychisch gesunde Menschen.
Professor Simon Wessely vom Londoner King’s College hat die Studie für die Nachrichtenagentur Reuters gesichtet – und zeigt sich nicht überrascht. Seiner Einschätzung nach decken sich die Beobachtungen mit denen aus früheren Pandemie-Geschehen.
„Covid-19 beeinflusst das zentrale Nervensystem“, räumt er ein, „und kann daher psychische Störungen direkt verstärken.“ Vor allem erhöhe aber eine entsprechende gesundheitliche Vorgeschichte das Risiko neuer Ausbrüche von Angststörungen oder Depressionen.
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Den Patienten muss geholfen werden
Oxford-Professor Paul Harrison sieht Mediziner und Wissenschaftler auf der ganzen Welt in der Pflicht, die Ursachen psychischer Erkrankungen im Zusammenhang mit Covid-19 genauer zu untersuchen, und ebenso an Möglichkeiten zur besseren Behandlung zu forschen. Denn unabhängig davon, was genau die Erkrankungen bzw. Schübe ausgelöst hat – den Patienten müsse geholfen werden.