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Sars-CoV-2

Wie groß ist das Corona-Risiko in Deutschland?

Ein Pärchen mit Mundschutz im Zentrum von Mailand
Das Coronavirus ist in Europa angekommen. In Italien gibt es täglich neue Krankheitsfälle Foto: Getty Images
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FITBOOK Redaktion

24. Februar 2020, 18:08 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Städte abgeriegelt, menschenleere Gassen, rasant steigende Infektionszahlen – diesmal nicht in China, sondern direkt vor unserer Haustür: Italien wird von einem überraschend starken Covid-19-Ausbruch erfasst. Damit steigt auch das Risiko für Deutschland.

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In Norditalien breitet sich der Coronavirus immer weiter aus. Die Entwicklung dort zeigt ebenso wie die zunehmend kritische Situation in Südkorea, dem Iran und anderen Ländern, dass eine Pandemie, ein unaufhaltsamer weltweiter Siegeszug des Virus, wohl nicht mehr aufzuhalten ist.

Am 21. Februar hatte der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gewarnt, dass das Zeitfenster dafür immer kleiner werde. „Wir dürfen nicht eines Tages zurückblicken und es bereuen, dass wir von diesem Zeitfenster nicht Gebrauch gemacht haben“, so Tedros Adhanom Ghebreyesus. Ist es nun zu spät?

„Eine Eindämmung in letzter Sekunde ist wohl auch mit allen verfügbaren Kräften nicht mehr erreichbar“, sagte der Berliner Virologe Christian Drosten. Das wohl auf einem Wildtiermarkt in Wuhan auf den Menschen übergesprungene Virus spielt seinen Trumpf aus: Weil die meisten Infektionen mit Sars-CoV-2 mild verlaufen, sind sie kaum erfassbar.

Seine Eigenschaften ermöglichten Sars-CoV-2 eine unbemerkte Übertragung, erklärt Drosten. Wer nur milde oder keine Symptome hat, geht nicht zum Arzt und wird nicht getestet – kann das Virus aber auf Dutzende andere Menschen übertragen, die es wiederum in ihr Netz von Sozial- und Arbeitskontakten tragen. Nach einer Modellrechnung des Imperial College London würden geschätzt nur ein Drittel aller importierten Fälle aus China überhaupt wahrgenommen, so Drosten. „Ich glaube nicht mehr daran, dass eine Pandemie vermeidbar ist.“

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Virus wird erst spät bemerkt

In immer mehr Ländern fällt erst auf, dass das Virus längst große Kreise gezogen hat, wenn Menschen schwer erkranken oder sterben. So war es im Iran, so war es in Südkorea, so ist es nun auch in Italien. Und auch in etlichen anderen Ländern könnten längst Ausbrüche um sich greifen, von denen bisher niemand ahnt – auch in Deutschland. „Irgendwann wird es wahrscheinlich dazu kommen, dass unbemerkte Infektionen plötzlich bemerkt werden“, hatte Drosten kürzlich erklärt.

In so manchem privaten Kommentar im Internet war in den vergangenen Wochen zu lesen, es werde viel zu viel Aufhebens um ein Virus gemacht, dass nur ein paar alte Leute sterben lasse, man solle die Epidemie doch einfach laufen lassen. Zum einen mag dahingestellt bleiben, ob die Schreiber solcher Bemerkungen das so auch ihren Eltern oder Großeltern sagen würden. Zum anderen gibt es gute Gründe, Ausbrüche so gut wie möglich einzudämmen.

Corona-Infografik, SARS-CoV-2, Covid-19, Sar

Erstens sei nicht genau abzuschätzen, wie die Schwere, Sterblichkeit und die Risiko-Gruppen aussähen, wenn Covid-19 große Bevölkerungsteile Deutschlands erfassen würde, erklärt Gérard Krause vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig. „Zweitens haben wir – anders als bei Influenza – keinen Impfstoff gegen Covid-19 zur Verfügung und werden ihn auch nicht rechtzeitig einsetzbar haben.“ Auch speziell auf den Kampf gegen das Virus zugeschnittene Medikamente seien nicht so rasch verfügbar.

Schon Mitte Februar hatte es vom Robert Koch-Institut (RKI) geheißen, Ziel in Deutschland sei es, eine Erkrankungswelle hinauszuzögern, um zu vermeiden, dass die Covid-19- und die derzeitige Grippewelle zusammenfallen. Das würde eine kaum zu stemmende Doppelbelastung von Kliniken und Praxen bedeuten. „Wir müssen mit angemessenem Aufwand versuchen, die Ausbreitung zu verlangsamen, um einen intensiven Belastungspuls auf das Gesundheitssystem abzumildern“, erklärt Drosten. „Die Zahl der Infektionen sollte über eine möglichst lange Zeit ausgedehnt werden.“

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Hoffen auf den Frühling

Manche Experten hoffen noch darauf, dass es dem Covid-19-Erreger so ergehen könnte wie dem genetisch eng verwandten Sars-Virus: Die Epidemie mit insgesamt etwa 8000 erfassten Infektionen war nach einem bis dahin stürmischen Anstieg im Zuge strenger Gegenmaßnahmen im Frühsommer 2003 sehr rasch abgeflaut. Das Sars-Virus wurde nach 2003 nie wieder bei Menschen nachgewiesen.

Ähnlich wie die Grippewelle könnte auch die Covid-19-Welle im Frühjahr abflauen, so eine vage Hoffnung. Von einem kompletten Verschwinden ist allerdings angesichts der schieren Zahl der Infektionen bei Covid-19 eher nicht auszugehen: Die Lungenkrankheit könne zu einer etablierten Krankheit wie die Grippe werden, hatte Wang Chen, Präsident der China Academy of Medical Science, kürzlich gesagt.

Coronavirus-Risiko für Europäer niedrig bis moderat

Die europäische Präventionsbehörde ECDC hält das Infektionsrisiko für Europäer für niedrig bis moderat. Das geht aus einer Risikobewertung hervor, die das Europäische Zentrum für Krankheitsprävention und -kontrolle (ECDC) am Sonntagabend auf seiner Website veröffentlichte. Das Risiko, dass anderswo in Europa ähnliche Cluster wie in Italien auftreten könnten, werde zurzeit als moderat bis hoch betrachtet. Einmal importiert könne sich das Virus schnell übertragen.

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ECDC-Direktorin Andrea Ammon erklärte, man rechne damit, dass es in den kommenden Tagen weitere Fälle in Italien sowie möglicherweise auch in anderen Teilen der EU geben werde. Eine neue Risikobewertung sollte nach Angaben eines Sprechers der in Solna bei Stockholm ansässigen EU-Behörde aller Voraussicht nach am 24. Februar veröffentlicht werden.

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Die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Übertragung in der EU, dem Europäischen Wirtschaftsraum sowie Großbritannien sei gering, lasse sich wegen vieler unsicherer Faktoren in der Situation aber nicht ausschließen, hieß es in der Bewertung vom Sonntag (23. Februar). Aufgrund der Erkrankungsfälle in mehreren Ländern außerhalb Europas werde es aber wahrscheinlicher, dass Reisende aus anderen Ländern als China das Virus aus anderen Staaten mit nach Europa brächten. In China war das Virus ursprünglich aufgetreten, dort gibt es mit Abstand die meisten Erkrankungen und Todesfälle.

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Wegen Coronavirus sind kaum Schutzmasken mehr auf Lager

Wegen des neuartigen Coronavirus sind in vielen Apotheken Schutzmasken seit Wochen ausverkauft – und sie bekommen kaum Nachschub. „Es gibt wirklich erhebliche und umfängliche Lieferengpässe“, sagte Thomas Porstner, Geschäftsführer beim Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels (PHAGRO). Die verstärkte Nachfrage in letzter Zeit sei auf das Coronavirus zurückzuführen, so ein Sprecher der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA).

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Konkrete Zahlen liegen beiden Verbänden zwar nicht vor. Es gebe momentan aber nur noch „Kleinstmengen“, sagte Porstner. Viele Großhändler könnten keine Ware mehr nachbestellen. Wann die Hersteller ausreichend Masken nachproduzieren können, sei unklar.

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Doch ein Grund zur Panik sei das nicht, versicherte der ABDA-Sprecher. „Gesunde Menschen, die in Deutschland unterwegs sind, brauchen keine Maske.“ Ein einfacher Mund-Nasen-Schutz, wie ihn Pfleger und Ärzte bei Eingriffen tragen, schütze sowieso nicht vor einer Ansteckung mit dem neuen Virus Sars-CoV-2. „Das ist mehr eine Frage der Rücksicht auf andere. Sie sollen mit der Maske vor den eigenen Keimen geschützt werden.“

Außerdem gibt es richtige Atemschutzmasken mit eingebautem Filter. Eine Ansteckung durch Tröpfchen-Übertragung können aber auch da nur sogenannte FFP2- und FFP3-Masken verhindern – wenn sie denn richtig sitzen. „Im Alltag ist das aber unsinnig“, meinte Bernd Salzberger vom Universitätsklinikum Regensburg, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie. Zumal man mit einer solchen Maske nur noch schwer atmen könne. Wer sich schützen wolle, solle lieber regelmäßig Hände waschen und Abstand von hustenden und niesenden Menschen halten. „Und im Augenblick ist die Gefahr für eine Infektion mit Coronaviren in Deutschland praktisch null.“

Themen Coronavirus
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