4. Dezember 2020, 5:23 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Normalerweise dauert es mehrere Jahre, bis ein Impfstoff-Kandidat hergestellt ist und alle für eine Zulassung nötigen Studienphasen durchlaufen hat. Bei den Vakzinen gegen das SARS-Cov-2 ging es deutlich schneller. Ob das bedeutet, dass die Corona-Impfstoffe unzureichend getestet und womöglich gefährlich sind? FITBOOK hat es herausgefunden.
Zu Beginn der Pandemie hatte wohl kaum jemand Hoffnung darauf, dass es so bald einen Impfstoff gegen das Coronavirus geben würde. Nun scheint es bereits zum Jahresende so weit zu sein. Gleich mehrere Vakzine-Kandidaten stehen kurz vor der Zulassung. Aber konnte man sie in der Kürze der Zeit hinreichend prüfen? Oder sind die Corona-Impfstoffe womöglich gefährlich?
Corona-Impfstoffe extrem schnell entwickelt
Impfstoff-Kandidaten müssen in drei Studienphasen an Zehntausenden von Probanden getestet werden. Um überhaupt erst damit beginnen zu können, müssen die Studienphasen offiziell genehmigt werden. Für gewöhnlich dauert bereits das mehrere Monate. Ob die Mittel Langzeitfolgen haben (und ggf. welche), ist ebenfalls eine wichtige Frage, für deren Beantwortung Zeit benötigt wird. Laut „Ärztezeitung“ kann die Entwicklung eines Impfstoffs rund 20 Jahre dauern. Bei den Corona-Impfstoffen waren es gerade einmal ein paar Monate.
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Sind die schnell entwickelten Corona-Impfstoffe gefährlich?
Viele Bürger fragen sich nun, wie unbedenklich ein Impfstoff sein kann, der im Eilverfahren entwickelt und getestet worden ist. Hat man hier womöglich bei wichtigen Schritten geschlampt, um möglichst schnell, aber dafür ggf. mit Mut zur (Sicherheits-)Lücke mit dem Impfen beginnen zu können?
Die Zweifel scheinen nicht aus der Luft gegriffen zu sein. Laut einer Stellungnahme der Bundesregierung sind sie aber unbegründet. Es ist und bleibe Bedingung für die Zulassung von Vakzinen, dass alle nötigen drei Studienphasen erfolgreich abgeschlossen sind – auch bei den Kandidaten für einen Corona-Impfstoff. Demnach werden die Mittel, die zum Einsatz kommen sollen, alle nationalen und internationalen Qualitätsstandards erfüllen.
Wieso ging es so schnell mit der Entwicklung?
„Die Beschleunigung der Impfstoffentwicklung ist zum einen damit zu erklären, dass für sie viel Geld investiert wird und damit Studien ohne Zeitverzögerung im großen Stil durchgeführt werden können“, heißt es auf der Website der Bundesregierung. „Zum anderen überwachen und prüfen die Zulassungsbehörden die Impfstoffentwicklung so schnell es geht.“
Geld- und Arbeitseinsatz ermöglichte schnelle Entwicklung
Mit anderen Worten konnte ein massiver Mehreinsatz an Kapazitäten die besonders schnelle Entwicklung ermöglichen. Ein spezielles Sicherheitsrisiko sei demnach nicht zu erwarten. Das erklärt auch der „NDR“ mit Blick auf die Einschätzung des Charité-Virologen Professor Christian Drosten.
Zumal die – wenn auch neuartige – Wirkweise der Corona-Impfstoffe die Wissenschaft tatsächlich schon länger beschäftigt. Konkret geht es um die mRNA-Impfstoffe der Hersteller BioNTech und Pfizer bzw. Moderna, die kurz vor der Zulassung stehen. Mit ihnen injiziert man eine Art „Bauanleitung“ für die bezweckte Immunantwort – die Bildung eines viralen Proteins –, die in den Zellen des Geimpften stattfinden sollen. Normalerweise wird zur Immunisierung gegen einen Erreger direkt ein passendes Antigen gespritzt.
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Jedenfalls sei die Entwicklung von mRNA-Impfstoffen bereits vor der Coronavirus-Pandemie weit fortgeschritten gewesen, erklärt der „NDR“. Sprich: „Sie mussten nicht von Grund auf neu entwickelt, sondern nur an den neuen Erreger angepasst werden.“ Moderna schickte beispielsweise schon vor einigen Jahren mRNA-Impfstoffe in klinische Studien – damals im Zusammenhang mit der Vogelgrippe. Als Anfang 2020 das Coronavirus auf dem Vormarsch war und entschlüsselt wurde, konnten die Forscher in wenigen Wochen einen ersten Impfstoff herstellen und im März mit den Tests an Probanden beginnen.
Sicherheitsrisiko nie ganz auszuschließen
Ganz auszuschließen sei ein Sicherheitsrisiko dennoch nicht. Das betreffe aber nicht nur die neuen Corona-Impfstoffe, so die Bundesregierung, denn „auch etablierte Impfstoffe haben Nebenwirkungen“.
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Die neu eingesetzten Mittel sollen daher weiter beobachtet und erforscht werden, wenn sie bereits im Einsatz sind. „Manchmal lassen sich sehr seltene Nebenwirkungen erst nach der Zulassung erfassen“, so die Erklärung. Mit „sehr seltenen“ sind Nebenwirkungen gemeint, die bei weniger als 10.000 Geimpften auftreten.
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Antikörper gegen das Virus Möglicher Corona-Impfstoff wird an 30.000 Personen getestet
Fazit
Die Vakzine-Kandidaten gegen SARS-CoV-2 wurden unter besonderem Einsatz von finanziellen Mitteln und Arbeitskraft deutlich beschleunigt. Einzig aufgrund des Tempos ist offenbar nicht zu erwarten, dass die Corona-Impfstoffe gefährlich sind. Wie sich die Mittel jedoch bewähren, und ob sie doch langfristige Gefahren mit sich bringen – das wird sich, wie bei anderen Impfstoffen auch, erst auf Dauer und mitunter im Einzelfall zeigen.