31. März 2020, 18:31 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Wer sich derzeit krank fühlt, ist oft im Zwiespalt. Sollte ich zum Arzt oder ist das unnötig? Könnte ich vielleicht sogar Covid-19 haben oder doch nur eine harmlose Erkältung? Reagiere ich jetzt über oder ist meine Sorge berechtigt? Auf diese Fragen soll nun ein digitaler Corona-Chatbot des Bundesministeriums für Gesundheit schnelle Antworten geben, die bei der ersten Einschätzung der eigenen Situation helfen können.
Ob ein Gang nach draußen gerade wirklich notwendig ist, sollte in der aktuellen Krise grundsätzlich immer wohlüberlegt sein. Zum inneren Konflikt kann das aber vor allem dann führen, wenn man sich eigentlich angeschlagen und krank fühlt, nun aber nicht sicher ist, ob ein Arztbesuch nötig ist. Zum einen hat man zwar stets die Sorge einer Corona-Ansteckung im Hinterkopf, will jedoch die ohnehin am Limit laufenden Arztpraxen auch nicht unnötig belasten. Hinter den Krankheitssymptomen könnte ja schließlich auch eine ganz harmlose Erkältung stecken.
Einen Lösungsansatz für dieses Problem will das Bundesministerium für Gesundheit (BGM) nun seit neuestem mit einem Corona-Chatbot bieten. Entwickelt wurde dieser vom so genannten „Health Innovation Hub“ (HIH). Das ist ein Projekt des BGM, welches bereits im April 2019 an den Start ging und Technologien zur Digitalisierung der medizinischen Versorgung fördern sowie auf ihren Nutzen für Patienten testen soll. Dazu wurde ein Team aus zwölf Experten mit jeweils eigenem Spezialgebiet gebildet, das aktiv nach neuen Ideen und Lösungen im digitalen Bereich sucht. Dazu arbeitet man vermehrt auch mit jungen Start-Up-Unternehmen zusammen.
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Zusammenarbeit mit Leipziger Start-Up „DOCYET“
So auch im Fall des neu entwickelten Corona-Bots. Dafür wurde das eHealth-Start-Up „DOCYET“ mit ins Boot geholt. Das junge Unternehmen aus Leipzig programmiert sogenannte „Gesundheitslotsen“ für beispielsweise medizinische Leistungserbringer und Krankenversicherungen. Darunter zu verstehen sind mobile Gesundheitsplattformen, die Patienten oder Versicherte zum einen mit individuellen Informationen zu Gesundheitsfragen versorgen und zum anderen Nutzern schnelle Hilfe bieten sollen, indem diese per Chatfunktion ihre Symptome angeben und auf Basis einer künstlichen Intelligenz von einem automatisierten Bot eine erste Einschätzung sowie medizinische Versorgungsangebote für die jeweiligen Beschwerden angezeigt bekommen.
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Was der Corona-Chatbot alles kann – und was nicht
Wahl zwischen Verdachtstest und allgemeiner Information
Nach diesem Muster funktioniert nun auch der neue Corona-Chatbot. Zu Beginn fragt der automatisierte Chat-Roboter nach dem persönlichen Anliegen. Hier kann man zwischen den Optionen „Verdachtstest“ und „Informationen zum Coronavirus“ wählen. Danach wird man Schritt für Schritt mit Fragen durch das Programm geführt. Wer sein persönliches Infektionsrisiko ermitteln möchte, muss beispielsweise akute Symptome, Orte, an denen man sich in den letzten 14 Tagen aufgehalten hat sowie auch möglichen Kontakt zu Infizierten angeben. Auf Basis der gegebenen Antworten erstellt der Bot schließlich eine Handlungsempfehlung für den Betroffenen. Diese kann vom Rat zur ärztlichen Abklärung bis hin zur Aussage, dass eine Infizierung eher unwahrscheinlich ist, reichen.
Auch wenn der Bot eher keine Corona-Erkrankung annimmt, bietet er darüber hinaus an, mittels Angabe zusätzlicher Informationen wie beispielsweise Alter und Geschlecht und anderer, als den für Covid-19 typischen, Symptomen eine gesundheitliche Einschätzung zu geben. Ein ähnliches Tool wurde übrigens auch von der Charité vorgestellt. Die „CovApp“ soll ebenfalls eine Art Vorabtest bei Corona-Verdacht bieten.
Die Informationen des neuen Chatbots basieren nach Aussage des HIH auf den aktuellsten wissenschaftlichen Veröffentlichungen und den Angaben des Robert-Koch-Instituts, die täglich aktualisiert werden.
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Corona-Chatbot soll keine ärztliche Diagnose ersetzen
Betont wird jedoch stets, dass der Chatbot im Zweifelsfall keine ärztliche Untersuchung oder einen Labortest ersetzen kann. Das Ziel liegt nicht darin, eine verlässliche Ferndiagnose zu bekommen. Der automatisierte Chat-Partner soll lediglich eine erste Anlaufstelle bieten, um die Situation und das akute Ansteckungsrisiko individuell besser einschätzen zu können. Bei ernsthaften Unsicherheiten und Bedenken sollte aber keine falsche Scheu entstehen, sich weiterhin telefonisch an den eigenen Hausarzt, das Gesundheitsamt oder den ärztlichen Bereitschaftsdienst (bundesweit unter 116117) zu wenden und gegebenenfalls weitere Schritte abzuklären.
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„Corona_digital“ informiert über Telemedizin-Angebote
Dass telemedizinische Angebote in der Corona-Krise eine enorme Chance bieten können, potentielle Ansteckungsgefahren, beispielsweise in Wartezimmern oder bei medizinischen Behandlungen selbst zu minimieren, betont der HIH ganz besonders. Daher wurden neben dem Corona-Chatbot auf der Website unter der Sonderrubrik „Corona_digital“ viele weitere telemedizinische Angebote aufgelistet, die bereits von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zertifiziert wurden und auf die Ärzte jetzt zurückgreifen können, um die aktuelle Situation für alle Beteiligten zu erleichtern. Darunter auch einen kostenlosen, täglichen Newsletter. Dieser macht auf digitale Lösungen aufmerksam, die zur Verlangsamung, Eindämmung und Nachverfolgung des Virus beitragen können.
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