22. Juli 2020, 11:04 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Sind Patienten nach einer Covid-19-Erkrankung immun gegen das neuartige Coronavirus – und wenn ja, wie lange? Diese Frage haben Forscher zuletzt unterschiedlich beantwortet. Eine optimistisch stimmende Einschätzung kommt nun aus Wuhan.
Corona-Patienten haben in vielen Fällen dauerhaft so viele Antikörper im Blut, dass eine erneute Infektion mit dem Virus vermutlich abgewehrt werden kann. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher eines deutsch-chinesischen Gemeinschaftslabors in Wuhan.
Antikörper verblieben über Monate im Blut
Insgesamt 327 einstige Covid-19-Patienten hatten an der Untersuchung teilgenommen. Bei mehr als 80 Prozent von ihnen befanden sich sechs Monate nach der Erkrankung noch biologisch aktive Antikörper im Blut. Diese seien fähig, das Virus unschädlich zu machen, wie Ulf Dittmer erklärt. Dittmer ist Direktor des Instituts für Virologie der Uniklinik Essen und einer von drei Essener Virologen, die neben größtenteils chinesischen Experten an der Untersuchung beteiligt waren.
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In den kommenden Tagen sollen die Ergebnisse der Studie einem Fachmagazin zur Begutachtung vorgelegt werden. Die untersuchten Patienten stammen aus Wuhan. Sie alle wurden mit leichten bis schweren Symptomen im Krankenhaus behandelt. In Wuhan wurden die weltweit ersten Fällen von Corona-Infektionen dokumentiert.
„Stabile“ Menge an Antikörpern festgestellt
Die Bildung der Antikörper habe laut Virologe Dittmer dem entsprochen, was man auch von anderen Viruserkrankungen kenne. „Eine Antikörper-Antwort gegen Viren wird in der Regel schnell hervorgerufen. Die Menge an Antikörpern steigt erst sehr stark an, erreicht einen Höhepunkt, fällt danach wieder ab und stabilisiert sich dann auf einem Niveau, das meistens noch Schutz gegen eine neue Infektion vermitteln kann.“
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Die Antikörper-Menge im Blut der Covid-19-Patienten sei über einen Zeitraum von zwei bis drei Monaten relativ stabil geblieben. Dies könne auch bedeuten, dass eine Impfung einen länger anhaltenden Schutz vermitteln könne. Voraussetzung: dass der Impfstoff in der Lage ist, ähnlich stabile Antikörper-Antworten wie eine Covid-19-Erkrankung auszulösen. Wie lange solch eine Immunität anhalte, sei noch unbekannt.
Immunität über mehrere Monate?
Nach der aktuellen Studie müsse man laut Dittmer „zumindest von mehreren Monaten, vermutlich eher Jahren“ ausgehen. Derzeit werde bei anderen Corona-Virustypen diskutiert, dass eine Immunität nur wenige Jahre anhalte. Dies sei aber noch nicht ausreichend untersucht worden. Dittmer betonte, dass weltweit bislang noch kein eindeutiger Fall bekannt sei, bei dem ein genesener Patient erneut mit dem Sars-CoV-2-Virus infiziert wurde. Dies würde ebenfalls für eine anhaltende Immunität sprechen.
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Studien kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen
In den vergangenen Wochen hatten verschiedene Untersuchungen die Hoffnung auf eine lang anhaltende Immunität gedämpft, und somit auch auf eine lange Wirksamkeit einer möglichen Impfung. So hatten u.a. Bluttests der ersten Corona-Patienten in Deutschland, die Ende Januar in der München Klinik Schwabing behandelt wurden, in einigen Fällen ein deutliches Absinken der Anzahl von sogenannten neutralisierenden Antikörpern im Blut gezeigt. Ähnliches ergab eine im Fachblatt „Nature Medicine“ veröffentlichte Studie. FITBOOK hatte darüber berichtet.
Zwischenergebnisse nicht überbewerten
Insbesondere nach ermutigenden Zwischenergebnissen mit ersten Corona-Impfstoffen sehen viele Forscher darin dennoch die stärkste künftige Waffe gegen die Krankheit. „Die einzige Illusion, die man nehmen muss, ist, dass eine Impfung gegen Covid-19 ein Leben lang hält“, sagte Clemens Wendtner, Chefarzt der Klinik für Infektiologie in der München Klinik Schwabing. „Es könnte auch bei einem Covid-19-Impfstoff sein, dass man wie bei der Influenza-Schutzimpfung regelmäßig wieder geimpft werden muss.“ Es sei nicht ungewöhnlich, dass Impfungen nicht jahrelang hielten, sondern regelmäßig aufgefrischt werden müssten.
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Weiterhin ist Geduld gefragt
„Man sollte sehen, was eine Impfung für uns alle bewirken kann“, sagte Wendtner. Auch nach den ermutigenden Zwischenergebnissen bei der Impfstoffsuche erwarteten Experten einen in der Breite einsetzbaren und zugelassenen Impfstoff frühestens im Lauf des kommenden Jahres. „Es ist also auch weiterhin Geduld und Verständnis für die wichtigen Schutzmaßnahmen eines jeden Einzelnen gefragt.“