25. Oktober 2023, 14:26 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Während zu Beginn der Pandemie vor allem die gefährlichen Auswirkungen des Coronavirus auf die Lunge im Fokus standen, erkannte man später auch Effekte auf das Gehirn. Diese haben Forscher weltweit in den letzten Jahren untersucht. Eine Auswertung dieser Studien ergab nun, dass SARS-CoV-2-Infektionen eine Verbindung zu der neurodegenerativen Krankheit Alzheimer zu haben scheint. FITBOOK-Medizin-Redakteurin Melanie Hoffmann erklärt die Forschungserkenntnisse.
Corona hat für viele seinen großen Schrecken verloren. Das liegt vor allem daran, dass die akuten Erkrankungen mittlerweile meistens nicht mehr schlimmer sind als Erkältungen oder eine Grippe. Doch sind Spätfolgen wie Long Covid nicht zu unterschätzen. Und wie sieht es mit Auswirkungen aus, die vielleicht erst viele Jahre später in einer Folgeerkrankung münden? Diesbezüglich sind in der Forschung noch viele Fragen offen. Doch nun verdichten sich Hinweise, dass Corona, weil es u. a. auf das Gehirn einwirkt, in seinen Mechanismen Alzheimer sehr ähnlich ist. Bei Alzheimer-Patienten kann daher eine fatale Wechselwirkung eintreten. Bei älteren Menschen, die noch kein Alzheimer haben, könnte eine Covid-Infektion womöglich das Risiko dafür erhöhen.
Übersicht
Viruserkrankungen und Alzheimer
Studien der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass es offenbar einen Zusammenhang zwischen Viruserkrankungen und der Entstehung von Demenz und Alzheimer geben könnte.1,2 Vor allem Herpes und Windpocken standen im Zentrum dieser Forschungsprojekte (FITBOOK berichtete).
Auch bei SARS-CoV-2 handelt es sich um ein Virus, von dem zudem bekannt ist, dass es besonders für vorerkrankte und immungeschwächte Menschen gefährlich werden kann. Da zudem Effekte aufs Gehirn – was sich auch im Symptom „Brain Fog“ äußert – auftreten können und Demenz-Patienten zusätzlich ein erhöhtes Risiko für eine Covid-Infektion haben, kamen Forscher zu dem Schluss, dass es zwischen Demenz bzw. Alzheimer und Corona Verbindungen geben könnte.
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Überblick zu Studien zum Thema Corona und Alzheimer
Ein Überblick zum aktuellen Forschungsstand zum Thema „Corona und Alzheimer“ kann aufzeigen, dass das Coronavirus Prozesse im Körper auslöst, die Alzheimer begünstigen und verschlimmern können.3
So hat SARS-CoV-2 offenbar Eigenschaften, die eine Amyloid-Aggregation im Gehirn auslösen können. Diese auch Plaque genannte Ansammlung von Beta-Amyloid gilt als typisch für Alzheimer. Das Vorhandensein von Plaques begünstigt laut Studienerkenntnissen wiederum eine Wechselwirkung zwischen dem Spike-Protein des Coronavirus und einem Enzym namens ACE2. SARS-CoV-2 benutzt dieses, um besser in den Wirt (also in den Körper der infizierten Person) einzudringen. Ein Mechanismus, der zu Beginn der Pandemie 2020 erkannt wurde (FITBOOK berichtete).4 Durch die Hemmung des Enzyms ACE2 im Körper angelangt, kann das Coronavirus Entzündungen erzeugen, die zu der zusätzlichen Amyloid-Ablagerung führt und die Entstehung neuer Gehirnzellen im Hippocampus (Neurogenese) beeinträchtigt.
Eine Mäuse-Studie lieferte laut des Forschungsüberblicks weitere Erkenntnisse. Forscher erhöhten bei Mäusen die Menge von ACE2-Enzymen – mit dem Ergebnis, dass es zu einer Reduzierung von Plaques sowie von ebenfalls mit Alzheimer in Verbindung stehenden Tau-Proteinen kam. Außerdem verringerten sich die Entzündungswerte in den Gehirnzellen und die Kognition verbesserte sich. Daraus schlussfolgerten die Wissenschaftler, dass Corona (das zur ACE2-Hemmung führt) den Verlauf einer Alzheimer-Erkrankung verschlimmern kann.
Dass das Coronavirus stark das Gehirn angreifen kann, belegten zudem Gehirn-Scans von verstorbenen Covid-Patienten. So zeigte sich etwa eine Störung der Blut-Hirn-Schranke. Dadurch fällt ein wichtiger Schutz weg und es können schädliche Stoffe, Krankheitserreger und Gifte, die sich im Körper befinden, ins Gehirn gelangen.
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Corona kann Alzheimer verschlimmern – und womöglich auslösen
Dass Corona bei bestehendem Alzheimer Symptome und Verlauf verschlimmern kann, scheint laut dem Forschungsüberblick sicher zu sein. Außerdem scheint es wahrscheinlich, dass Corona bei Menschen (besonders älteren), die noch keine Alzheimer-Erkrankung haben, einen Risikofaktor für die Entstehung dieser darstellen könnte. Diesbezüglich ist aber weitere Forschung notwendig.