6. Juli 2020, 16:30 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Gicht-Patienten könnten Colchicin kennen: Der Wirkstoff kommt in Medikamenten vor, mit denen die Symptome der Stoffwechselerkrankung behandelt werden. Nun wollen Forscher damit Erfolge in der Therapie von Covid-19-Patienten erzielt haben. Interessant: Colchicin kommt von Natur aus in einer auch bei uns beheimateten Zierpflanze vor – und ist giftig.
Die Forschung sucht weiterhin nach einem Mittel zur Behandlung von Covid-19. Dabei werden immer mal wieder kleinere Erfolge mit Medikamenten erzielt, die bereits in anderen Bereichen der Medizin Anwendung finden. Deren Vorteil: Die Medikamente haben alle für eine Zulassung nötigen Untersuchungsphasen bereits durchlaufen. Zudem sind sie schnell und in größeren Mengen verfügbar. So verhält es sich auch mit Colchicin.
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Gichtmittel aus Giftpflanze vielseitig einsetzbar
Colchicin kommt in der „Herbstzeitlosen“ vor, einer auch in Deutschland heimischen Pflanze. Ihre fliederfarbenen Blüten sind giftig – der Verzehr kann für Tier und Mensch tödlich sein. Aber wie so oft gilt auch hier: Die Menge macht das Gift. In diesem Fall machte die Menge das Gift lange zu einem bewährten Mittel gegen die krankheitstypischen Schmerzanfälle bei Gicht.
In den vergangenen Jahren ist Colchicin auch in den Fokus anderer medizinischer Bereiche geraten. Etwa der Kardiologie. Davon berichtet das „Ärzteblatt“. Grund dafür sei die entzündungshemmende Wirkung des Stoffs. Auch bei Covid-19 sollen Entzündungsreaktionen eine wesentliche Rolle spielen. Deshalb haben griechische Forscher das Mittel nun versuchsweise bei Covid-19-Patienten eingesetzt.
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Schnellere Genesung von Covid-19 dank Colchicin
Das „Ärzteblatt“ fasst die aktuell beim Fachportal „JAMA Network Open“ veröffentlichte Studie zusammen. Darin habe sich gezeigt: Von den insgesamt 105 Patienten waren diejenigen, die Colchicin erhalten hatten, schneller von ihrer Covid-19-Erkrankung genesen als die Kontrollgruppe. Forschungsleiter Spyridon Deftereos spricht von einem „auffälligen“ Unterschied zwischen den Krankheitsverläufen. Allerdings: auch von einer relativ kleinen Anzahl an Probanden.
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Die Ergebnisse nicht überbewerten
Wie aussagekräftig die Studie wirklich ist – fraglich. Es mangelt an Markern, um die Krankheitsverläufe der Colchicin- mit der Kontrollgruppe objektiv bewerten zu könnten.
So zeigt sich auch unter Lesern des „Ärzteblatts“ Skepsis an der Validität der Untersuchung. Sie kritisieren, dass es sich bei den untersuchten Patientenfällen um milde bis harmlose Covid-19-Verläufe gehandelt haben müsse. Entscheidend sei aber „neben der allgemeinen doch die krankheitsspezifische Mortalität und natürlich auch die Notwendigkeit der mechanischen Beatmung als primäre Endpunkte“, heißt es da unter anderem.