29. Dezember 2023, 19:55 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Arterienverkalkung, auch Arteriosklerose genannt, bezeichnet die Verengung beziehungsweise Verdickung der Arterien. Das erschwert den Blutdurchfluss, was wiederum zu Krankheiten wie Blutgerinnsel, Herzinfarkt und Schlaganfall führen kann. Ursachen für die Verengung in den Blutgefäßen sind beispielsweise hoher Blutdruck, hohe Cholesterinwerte und Bewegungsmangel. Doch eine neue Studie zeigt nun, dass auch die Zeit des Zu-Bett-Gehens, also der Chronotyp einer Person, Auswirkung auf die Arterienverkalkung haben kann.
Während das frühe Aufstehen am Morgen manch einem leicht fällt, ist es für andere eine große Qual. Meist ist es eine reine Typsache, wie früh man zu Bett geht und wieder aufsteht, oder eben bis in die Nacht hinein wach bleibt und daher spät aus den Federn kommt. Doch kann sich der jeweilige Chronotyp negativ auf die Herz-Kreislaufgesundheit auswirken? FITBOOK fasst die neuesten Erkenntnisse einer aktuellen Studie für Sie zusammen.
Übersicht
Aufbau der Studie
Um zu untersuchen, ob sich tatsächlich die jeweiligen Aufstehgewohnheiten auf die Gesundheit der Arterien auswirken kann, nahmen Personen im Alter von 50 bis 64 Jahren nach dem Zufallsprinzip an der größeren Bevölkerungsstudie SCAPIS teil.1 Menschen, die den gesundheitlichen Voraussetzungen nicht entsprachen, da sie beispielsweise bereits einen Herzinfarkt erlitten hatten, schieden aus. So eigneten sich 771 Personen davon für die neue Forschung. Anschließend unterzogen sich die Teilnehmer einer medizinischen Untersuchung, bei der mittels kontrastloser Computertomographie (CT) festgestellt wurde, ob sie an einer Arterienverkalkung an den Herzgefäßen, auch Koronararterienverkalkung (CAC) genannt, leiden. Mithilfe des sogenannten CAC-Scores ermittelten die Forscher die Signifikanz der Verkalkung: Ein Wert über 10 bedeutete eine erhebliche Arteriosklerose.
Um den Chronotypen der Personen bestimmen zu können, sollten die Probanden anhand eines Multiple-Choice-Tests angeben, ob sie sehr früh, früh, weder früh noch spät, spät oder extrem spät aufstehen bzw. schlafen gehen. Auch die Schlafqualität sowie die gewohnte Schlafdauer erfragte man von den Teilnehmern.
Größe, Gewicht und Taillenumfang ermittelte man im SCAPIS-Zentrum. Auch der Blutdruck wurde zweimal an jedem Arm gemessen. Ebenso entnahm man Blutproben, um die Blutfett-, Glukose- und Hämoglobinwerte zu analysieren. Zusätzlich analysierte man den Lebensstil und die körperliche Aktivität der Teilnehmer.
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Zusammenhang zwischen Chronotyp und Arterienverkalkung
Anhand dieser Daten stellten die Forscher einen Zusammenhang zwischen dem Chronotypen und der koronaren Arterienverkalkung her. Die Analyse zeigt, dass Spätaufsteher ein deutlich höheres Risiko einer signifikanten Arteriosklerose aufweisen. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass der extreme abendliche Chronotyp nicht nur mit einer schlechteren kardiovaskulären Gesundheit im Allgemeinen, sondern auch speziell mit der Verkalkung der Herzkranzgefäße und dem Prozess, der zur Arterienverkalkung führt, in Verbindung gebracht werden kann“, fasst die Forscherin Mio Kobayashi Frisk in einer Pressemitteilung zusammen.2
Allerdings bestimmte nicht allein der Chronotyp das Risiko der Arterienverkalkung: Auch ein ungesunder Lebensstil förderte die Erkrankung. So beeinflussten u. a. der Blutdruck, die Blutfette, das Gewicht, die körperliche Aktivität, das Stressniveau, der Schlaf und das Rauchen Arteriosklerose – und auch das Herz-Kreislaufsystem allgemein.
Ein weiterer Faktor für die Arterienverkalkung stellte der sogenannte zirkadiane Rhythmus dar. Diese Bezeichnung umschreibt die Fähigkeit eines Organismus, physiologische Vorgänge innerhalb von einer Zeitspanne von 24 Stunden zu synchronisieren. „Neben den bereits bekannten Faktoren scheint auch der individuelle zirkadiane Rhythmus ein wichtiger Risikofaktor für die Arterienverkalkung zu sein. Wir interpretieren unsere Ergebnisse dahingehend, dass der zirkadiane Rhythmus zu Beginn des Krankheitsprozesses von größerer Bedeutung ist. Er sollte daher insbesondere bei der präventiven Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen berücksichtigt werden“, erklärt Wissenschaftlerin Ding Zou. Die Forscher nehmen an, dass bei abendlichen Chronotypen eine zirkadiane Desynchronität zwischen Biologie, Umwelt und Verhalten bestehe. Bei diesen Personen sei ein Anstieg des kardiovaskulären Risikos zu beobachten.
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Einordnung der Studie
Auch wenn die Studie plausibel aufzeigt, dass der Risikowert bei den Personen steigt, je später ihr abendlicher Chronotyp ausfällt, muss man die Untersuchungen kritisch betrachten. Zum einen sind die genauen Zusammenhänge nicht bekannt, warum ein später Zu-Bett-Geher ein höheres kardiovaskuläres Risiko aufzeigt. Die Forscher können dieses Verhalten lediglich mit einem ungesunden Lebensstil und einer zirkadianen Störung in Verbindung bringen.
Zum anderen schlossen die Wissenschaftler Personen aus, die bereits einen Herzinfarkt erlitten hatten. Das hat zur Folge, dass die Studienteilnehmer womöglich gesünder waren als die allgemeine Bevölkerung: Mehr als 300.000 Menschen erleiden jährlich in Deutschland einen Herzinfarkt, wovon 40 Prozent innerhalb eines Tages sterben.3 Demnach muss infrage gestellt werden, wie repräsentativ diese Untersuchungen tatsächlich sind.
Ein weiterer Schwachpunkt der Studie stellt die Einordnung des Chronotyps dar. Dadurch, dass die Teilnehmer selbst Angaben zu ihrer Bettgehzeit, der Schlafqualität sowie der Schlafdauer machen mussten, ist die Objektivität dieser Werte nicht ausreichend gegeben.