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Bei Event von FITBOOK und STYLEBOOK

Charité-Arzt über Honig: „Große Einsatzgebiete sind Infektabwehr und Wunden“

Dr. med. Rainer Stange und Dr. med. Christian Drerup
Internist und Naturmediziner Dr. med. Rainer Stange und Dermatologe Dr. med. Christian Drerup beim „Health, Wellness & Honey Brunch“ von FITBOOK und STYLEBOOK über die gesundheitliche Wirkung von Honig Foto: MOJOFILM; Collage: FITBOOK
Anna Echtermeyer
Redakteurin

21. Oktober 2024, 16:28 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

„Auch 2.000 Jahre Anwendung sind nicht frei von Täuschungen!“, verfrachtete Charité-Arzt Dr. Rainer Stange beim „Health, Wellness & Honey Brunch“ gleich mal ein weit verbreitetes Ritual zur Linderung von Erkältungssymptomen ins Reich der Märchen: Omas heiße Milch mit Honig. Und auch sonst konnten die zahlreichen Gäste bei dem Event von FITBOOK und STYLEBOOK viel über das gelbe Gold und seine gesundheitlichen Wirkungen und Einsatzgebiete erfahren. Herzstück war ein Austausch zwischen Rainer Stange, Experte für Naturheilkunde, und dem Dermatologen Dr. Christian Drerup.

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Der „Health, Wellness & Honey Brunch“ von FITBOOK und STYLEBOOK lieferte am vergangenen Mittwoch interessante Erkenntnisse: Honig gilt gemeinhin als natürliches Süßungsmittel – aber kann er auch heilen? Darüber diskutierten vor 80 Gästen Dr. Rainer Stange, Experte für Naturheilverfahren und Komplementärmedizin am Immanuel Krankenhaus Berlin, und der Dermatologe Dr. med. Christian Drerup. Was ist aus relevanten Studien über das medizinische Potenzial von Honig bekannt – und was nicht? Neben fachlichen Einschätzungen hierzu gab es auch einen Einblick in den Konkurrenzkampf medizinischer Forschung: Nach Ansicht der Experten schlummert im Honig noch reichlich goldenes Wissen zur gesundheitlichen Wirkung – wenn nur mehr Geld zur Verfügung stünde, diesen Schatz zu heben.

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Vergessen Sie Omas heiße Milch mit Honig bei Erkältungen

Dr. med. Rainer Stange war von 2003 bis 2009 Chefarzt sowie von 2009 bis 2016 leitender Arzt der Abteilung für Naturheilkunde am Immanuel Krankenhaus Berlin-Wannsee und der Charité. Lange hat er chronische Schmerzerkrankungen, Herz-Kreislauf, Stoffwechsel, rheumatische und onkologische Erkrankungen, Erschöpfung und Depression behandelt. Die Geschichte von der heißen Milch mit Honig frühstückte der erfahrene Spieler auf dem Feld der Naturheilverfahren gleich zu Beginn der Diskussion ab: Was an gesunden Inhaltsstoffen im Honig enthalten sei, gehe kaputt, wenn man ihn erhitze, so Stange zu Moderatorin Laura Papendick (RTL), die aus persönlichem Interesse nachgefragt hatte. Allerdings: Vorbeugend mache Honig – und speziell auch der aufgrund seines hohen Gehalts an Methylglyoxal als besonders gesund geltende Manuka-Honig – durchaus Sinn. „Die beiden großen Einsatzgebiete sind Infektabwehr und Wunden“, führt Stange aus (zu den Wunden kommen wir später). Für eine vorbeugende Infektabwehr rät Stange, ab der zweiten Novemberhälfte täglich etwa zehn Gramm Honig pro Tag zu sich zu nehmen. Um eine Vorstellung von der Menge zu bekommen: Das entspricht einem tiefen Suppenlöffel. Bei Kindern sollte man von dieser Maßnahme absehen, um sie nicht unnötig früh an sehr süße Lebensmittel zu gewöhnen.

»Wenn man Honig-Forschung lostritt, wird man viel Spannendes finden!

Stange hält auch eine Wirkung von Honig gegen Schuppenflechte und Neurodermitis für denkbar. Multitalent Honig – aber warum nur denkbar? „Wenn man eine Forschungsinitiative lostritt, wird man viel Spannendes finden!“, gibt sich Stange optimistisch. Das aus seiner Sicht große Problem aller Naturheilmittel: Zu wenig öffentliches Interesse und, noch schwerwiegender für ihn als Forscher: Zu wenig Geld für Studien zur Wirkung von Honig und andere natürlichen Wirkstoffen. Die großen Forschungsgelder in der Medizin werden von den Pharma-Konzernen lockergemacht. „Sie haben mehr Interesse an der Entwicklung von Monostoffen, weil sich damit viel mehr Geld verdienen lässt als mit schwer zu verstehenden Vielstoffgemixen wie Honig oder Olivenöl“, klagt Stange.

Dünne Datenlage zur gesundheitlichen Wirkung von Honig fachübergreifend ein Problem

Sehr zurückhaltend gibt sich auch der Hamburger Hautarzt Dr. Christian Drerup hinsichtlich der (belegten) gesundheitlichen Wirkung von Honig. Das Thema habe Potenzial, sei insgesamt in der Dermatologie aber noch relativ klein, erläutert er. Vereinzelt würde er in seiner Praxis auf Manuka-Honig angesprochen – „wenn ich konkrete Empfehlungen aussprechen will, fehlt mir aber die Evidenz“. Die dünne Datenlage zum Naturheilmittel Honig ist also fachübergreifend ein Problem, das konkrete Empfehlungen schwer macht – für Naturheilkundler wie Dermatologen.

Auch interessant: Die wissenschaftlich belegten Gesundheitseffekte von Honig

„Schlecht heilende Wunden von Diabetikern bekommt man mit Honig eventuell zu“

Eine Ausnahme gibt es – und dazu kommen wir noch einmal zurück zur bereits erwähnten Wirkung von Honig bei Wunden. Hierfür, das bestätigen beide Experten auf dem „Wellness, Health and Honey Brunch“, gebe es diese Daten. „Honig hat großes Potential in der Wundtherapie“, erläutert Drerup. Bereits heute würden bei chronischen Wunden erfolgreich Wundauflagen eingesetzt, die Honig enthalten, der auf bestimmte Weise gereinigt wurde“, weiß Drerup. (Will heißen: Kein Honig aus dem Supermarkt.)

Warum ist das relevant? In einer immer älter werdenden Bevölkerung könnten Honig-Wundauflagen immer wichtiger werden: als relevantes Mittel in der Pflege älter Menschen. Denn mit zunehmendem Alter wird der natürliche Heilungsprozess des Körpers langsamer und weniger Effizient. Dazu tragen unter anderem Faktoren bei wie eine geringere Elastizität der Haut, Durchblutungsstörungen und Diabetes. Diese Faktoren führen dazu, dass Wunden bei älteren Menschen häufig komplizierter verlaufen, länger brauchen, um zu heilen und ein höheres Risiko für Komplikationen wie Infektionen oder chronische Wunden besteht. Dabei handelt es sich etwas um ein häufiges und ernstes Problem bei Diabetikern. „Schlecht heilende Wunden von Diabetikern bekommt man mit Honig eventuell zu“, sagt Stange.

Schuppenflechte, Neurodermitis – Honig ist einen Versuch wert

Was ist mit anderen Wunden oder sonstigen Rötungen der Haut, etwa bedingt durch Schuppenflechte oder Neurodermitis: Sollte man es vielleicht mal mit Honig probieren? Stange wie Drerup zeigen sich optimistisch, damit die Symptome zu lindern – allerdings eher bei „kleinen Flächen“ – man könne sich schließlich nicht großflächig mit Honig einschmieren. „Jedes Mal einschmieren ist ein gutes Mal“, ermuntert Drerup Betroffene, es mal mit Honig zu probieren. Ein- bis zweimal pro Tag sollten es für einen sichtbaren Effekt allerdings schon sein.

Was im Honig ist es, das Wunden heilen lässt?

Welcher Wirkstoff im Honig ist es eigentlich, der Wunden heilen kann? Der Gehalt an Methyglyoxal (MGO-Wert)? Die Enzyme? Das enthaltene Wasserstoffperoxid? „Diese Frage halte ich für offen. Wir wissen es nicht ganz genau“, sagt Stange und zuckt ratlos mit den Schultern. Auch hier mangelt es aus seiner Sicht an ernsthaftem Forschungsinteresse. Was er denn vermute? Stange bringt den Zucker, Hauptbestandteil eines jeden Honigs ins Spiel: „Womöglich stellt die Glukose für die lokalen Zellen ein Nährstoffangebot dar.“ Zellen nutzen Glucose (Zucker) bekanntermaßen als eine wichtige Energiequelle. Möglich also, dass sich Wunden mit Honig schneller schließen, weil Glucose die Gewebeneubildung fördert.

À propos Zucker im Honig: Ist der eigentlich kein Problem für uns? „Wer generell sehr viele schnelle verfügbare Kohlenhydrate zu sich nimmt, für den ist Honig problematisch“, sagt Stange. Betroffene sollten eher zusehen, von diesem hohen Konsum wegzukommen. Alle anderen können loslöffeln.

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„Wie wäre es mit einer Honig-Konferenz?“

Beim „Health, Wellness & Honey Brunch“ von FITBOOK und STYLEBOOK wurde deutlich: Honig ist ein faszinierendes Naturprodukt mit vielen erstaunlichen Eigenschaften – und andererseits reichlich ungehobenes Wissen. Wissen, ohne das Honig zum Beispiel keine Chance hat, in die allgemeine, standardmäßige medizinische Versorgung, die jedem Versicherten zusteht, aufgenommen zu werden. Was wünschen sich die Mediziner für die Zukunft? „Wissen und Konsens in der Wissensbildung“, schlägt Stange vor. „Wie wäre es mit einer Honig-Konferenz?“

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