19. Mai 2023, 13:51 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Der resistente Hefepilz Candida auris breitet sich nun auch in Deutschland aus. Noch sind die absoluten Zahlen zwar niedrig, doch wie gefährlich ist eine Infektion und was bedeutet sie für immungeschwächte Menschen?
Candida auris ist eine neue Pilzart, die im Jahr 2009 zum ersten Mal in Japan beschrieben wurde. Dabei tauchte der Hefepilz scheinbar aus dem Nichts auf. Was den resistenten Hefepilz so besonders macht: Er wird im Gegensatz zu allen bisher bekannten Arten häufig von Patient zu Patient durch Schmierinfektionen übertragen und kann somit Ausbrüche in Krankenhäusern verursachen. So heißt es in einer Mitteilung des Leibniz-Institutes für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie.1 Nun melden Mediziner einen wachsnden Anstieg von Infektionen mit Candida auris in Deutschland. Ein Grund zur Sorge?
Übersicht
Wie eine Infektion mit Candida auris verläuft
Es ist unklar, welche ökologische Nische der neuartige Pilz besiedelt und warum es etwa seit der Jahrtausendwende vermehrt zu Infektionen kommt. Für gesunde Menschen stellt eine Infektion glücklicherweise keine Gefahr dar. Das heißt, sie tragen zwar den Pilz in sich, entwickeln aber keine Symptome.
Gefährlich kann eine Infektion für Menschen mit Vorerkrankungen oder eingeschränktem Immunsystem sein. Zum Beispiel für Patienten auf der Intensivstation. Gelangt der Erreger in ihren Blutstrom, kann es zu einer Sepsis (Blutvergiftung) kommen. Auf diese Weise befällt der Hefepilz das zentrale Nervensystem, Nieren, Leber, Knochen, Muskeln, Gelenke, Milz oder Augen, was sich unter anderem durch hohes Fieber und Schüttelfrost bemerkbar macht. „Unsere Erfahrung zeigt, dass jede Infektion mit Candida auris schwer zu behandeln und für Patienten und Patientinnen potenziell lebensbedrohlich ist“, warnt Dr. Alexander Aldejohann von der Universität Würzburg.2 Zusammen mit Kollegen hat er eine neue Studie herausgebracht, die einen Anstieg von Candida-auris-Fällen in Deutschland feststellt.3
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Resistent gegenüber gängigen Medikamenten
Was die neue Pilzart so tückisch macht: Der Erreger scheint gegen viele gängige Antimykotika resistent ist, darunter das gängige Antipilzmittel Fluconazol. In einem Fall lag eine Resistenz gegen Echinocandin vor, einer vergleichsweise neuen Substanzklasse zur Therapie von Pilzinfektionen, heißt es weiter. Die Behandlung ist außerdem kompliziert, da Candida auris leicht mit anderen Pilzarten verwechselt werden kann.
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Anstieg von Candida-auris-Fällen in Deutschland
Die aktuell im Deutschen Ärzteblatt publizierte Analyse zeigt, wie die Fallzahlen in den vergangenen Jahren auch in Deutschland zugenommen haben. Grundlage der Untersuchung ist ein Abgleich von Daten des „Nationalen Referenzzentrum für Invasive Pilzinfektionen“ (NRZMyk) und des Robert-Koch-Instituts (RKI). Insgesamt wurden 43 Fälle bis zum Jahresende 2022 erfasst. In 19 Fällen wurde eine Kolonisation und in 16 Fällen eine therapiebedürftige Infektion nachgewiesen. In knapp 42 Prozent der Fälle war ein Auslandsaufenthalt kurz vor dem Infektionsnachweis bekannt.
Zusammenfassend kommen die Autoren zu dem Ergebnis, dass die absolute Fallzahlen an Candida-auris-Infektionen in Deutschland zwar nach wie vor niedrig sind, aber ein Alarmsignal darstellen. „Die gute Nachricht ist aber aktuell: Kein Patient, keine Patientin in einem deutschen Krankenhaus muss Angst haben, sich mit Candida auris zu infizieren“, betont Aldejohann und kommt zu dem Schluss: „Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern wie Spanien, Italien oder Großbritannien sind die Fallzahlen bei uns zum Glück noch niedrig. Wir müssen alles dafür tun, dass das so lange wie möglich so bleibt.“
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Weltgesundheitsorganisation WHO spricht Warnung aus
Experten raten trotz niedriger Zahlen zur Vorsicht – zumal sie eine hohe Dunkelziffer vermuten. „Angesichts der Tatsache, dass wir auch bereits erste Übertragungsereignisse in Deutschland finden, habe ich dem Robert-Koch-Institut die Einführung einer gesetzlichen Labormeldepflicht für den Nachweis von C. auris empfohlen“, ergänzt Studienleiter Prof. Oliver Kurzai. Ebenso hat die Weltgesundheitsorganisation WHO Candida auris als eine von nur vier Erregern in die höchste Prioritätsstufe gruppiert und somit als „dringliche Bedrohung“ klassifiziert.
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Quellen
- 1. Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie e. V. – Hans-Knöll-Institut (HKI). Candida auris: Ein Pilz verlangt Aufmerksamkeit (aufgerufen am 19. Mai 2023)
- 2. Universität Würzburg. Resistente Pilzart breitet sich aus (aufgerufen am 19. Mai 2023)
- 3. Deutsches Ärzteblatt. Anstieg von Candida-auris-Fällen und erste nosokomiale Übertragungen in Deutschland (aufgerufen am 19. Mai 2023)