6. Juni 2018, 12:02 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Mit gewöhnlichen Kopfschmerzen hat Migräne nichts zu tun. Die Attacken sind oftmals so heftig, dass Betroffene sich in absolute Ruhe zurückziehen müssen, extrem empfindlich auf Licht reagieren und arbeitsunfähig sind. Ist der Leidensdruck besonders hoch, kann zum Glück geholfen werden – mit einer Behandlung, die man auch aus der ästhetischen Medizin kennt: Botox-Injektionen. FITBOOK sprach darüber mit einem Experten und klärte die wichtigsten Fragen.
Prof. Dr. med. Jörg Borges ist Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie. Wer sich bei ihm einer Botox-Behandlung unterzieht, will also in aller Regel schöner werden. In der Beauty-Branche wird das Nervengift Botulinumtoxin (besser bekannt als Botox) zum Verschwindenlassen sichtbarer Fältchen verwendet. Einige seiner Patienten berichten jedoch von einem positiven Nebeneffekt: der Linderung von Kopfschmerzen.
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Ist Botox wirksam gegen Migräne?
Tatsächlich. Dies sei wissenschaftlich erwiesen, weshalb die Behandlung dem Experten zufolge sogar von Krankenkassen übernommen werde. Es müssen jedoch gewisse Bedingungen erfüllt sein – hierzu später mehr. Wie Prof. Borges erklärt, waren es ursprünglich seine entspannenden und daher schmerzlösenden Eigenschaften, die Botox den Weg in die Medizin ebnete. Erst im nächsten Schritt wurde seine obendrein glättende Wirkung auf die Haut oberhalb der behandelten Muskeln entdeckt. So gelangte das Produkt in den Fokus der Schönheitsmedizin.
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Wie genau funktioniert die Therapie?
Das Migräneleiden rührt – mechanisch gesehen – aus verspannten und verkrampften Muskeln im Kopf- und Nackenbereich rund um Augen und Schläfen. „Und mittels Botox-Injektionen kann man die Entspannung jener Muskeln herbeiführen, die um die entsprechenden Nerven führen“, so der Fachmann. Botox verhindert, dass der Botenstoff Acetylcholin freigesetzt wird. Letzterer aktiviert Muskelfunktionen und kann so auch die gefürchteten Migräneschmerzen verursachen.
Wie lange hält das Ergebnis?
Wie bei der kosmetischen Botox-Behandlung auch, ist die Wirkdauer von Botox begrenzt. Während Faltenpatienten in der Regel nach fünf bis sechs Monaten wiederkommen, um sich glatt zu spritzen, muss die Anti-Migräne-Injektion meist nach drei bis vier Monaten aufgefrischt werden. Warum der zeitliche Unterschied? Borges: „Zur Schmerzbehandlung wird in andere Stellen gespritzt und in jeweils geringeren Dosen, weshalb das Präparat sich schneller abbaut.“
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Wieso lässt sich nicht jeder Botox spritzen, der an Kopfschmerzen leidet?
Regelmäßige Botox-Behandlungen sind nicht günstig. Die Preise variieren bisweilen stark – je nachdem, wie viele Spritzen und welche Mengen des Präparats nötig sind, um ein befriedigendes Ergebnis zu erzielen. Zur Orientierung: Injektionen in die „Zornesfalte“ kosten jedes Mal zwischen 200 und 250 Euro. Krankenkassen zahlen nur, wenn (unter anderem) in einem Migränetagebuch dokumentiert ist, dass der Patient an mindestens 15 Tagen des Monats an Kopfschmerzen leidet. Bei acht davon muss es sich definitiv um eine Migräne gehandelt haben – die Schmerzen waren also so intensiv, dass sie sich auch mit entsprechenden Schmerzmitteln nicht behandeln ließen.
Apropos Schmerzmittel. Wie Prof. Borges weiter erklärt, müssen Patienten außerdem schon andere Therapieformen erfolglos ausprobiert haben. Und dazu gehört nicht nur die klassische Behandlung mit Medikamenten. „Zur Migränevorbeugung empfehlen sich ausgeglichene Lebensabläufe: Stressvermeidung, regelmäßige Entspannungsübungen, organisierte Essens- und Zubettgehzeiten“, erklärt der Facharzt. Übrigens könne Migräne einerseits durch Schlafmangel ausgelöst werden, ebenso aber auch durch zu viel Schlaf. Regelmäßigkeit sei daher entscheidend.
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Welche Ärzte bieten die Therapie an?
Prof. Borges behandelt übrigens auch Migränepatienten. Er stellt aber klar: Mit diesem Leiden brauche man nicht unbedingt einen plastischen Chirurgen aufsuchen. Die Krankenkassen können Betroffenen auf der Suche nach einem geeigneten Mediziner Empfehlungen aussprechen. Zudem gibt es in verschiedenen deutschen Städten Migräne-Chirurgie-Zentren.