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Unterforderung am Arbeitsplatz

Boreout-Syndrom – wenn Langeweile im Job krank macht

boreout-syndrom krank: Mann gelangweilt mit Papierflieger am Arbeitsplatz
Ein nicht gut ausgefüllter Arbeitstag lässt den Tag nicht nur lang erscheinen, er ist auf Dauer auch ungesund Foto: Getty Images
Isabell Kilian Freie Autorin

6. Juni 2022, 17:54 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Beim Boreout-Syndrom handelt es sich um eine tief greifende und anhaltende Demotivation bei der Arbeit, die sich in Form von chronischer Langeweile äußert und bis zur Depression führen kann. Was ist Boreout im Kern, welche Symptome gibt es und was können Betroffene am Ende tun?

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Psychische Belastung am Arbeitsplatz wird meist mit Überforderung und Leistungsdruck und damit einem Burnout in Verbindung gebracht. Aber auch Monotonie und Langeweile können die Psyche extrem belasten. In diesem Fall spricht vom Boreout (dt.: „Ausgelangweiltsein“). Das „Ausgelangweiltsein” meint einen anhaltenden emotionalen und körperlichen Erschöpfungszustand, bei dem die Betroffenen durch langfristige Unterforderung im Job jegliche Motivation verlieren. Die Symptome sind denen eines Burnouts gar nicht so unähnlich und sollten ebenso wenig unterschätzt werden. Obwohl Boreout krank machen kann, hat es als Krankheitsbild nach wie vor kaum Anerkennung in der Wissenschaft erlangt. Und das, obwohl die Forschung darauf hindeutet, dass Boreout ein zukünftig häufiger auftretendes Problem wird.

Was genau ist ein Boreout?

Der Begriff Boreout (von englisch boredom ‚Langeweile‘) wurde 2007 von Peter Werder und Philippe Rothlin mit ihrem Buch „Diagnose Boreout“ ins Leben gerufen. Er ist damit keine offizielle klinische Bezeichnung, sondern eher ein Ausdruck, der im Bereich des beruflichen Wohlbefindens verwendet wird. Auch in der Wissenschaft hat er sich bislang nicht durchgesetzt, die Studienlage ist spärlich.

Der Frankfurter Psychotherapeut Wolfgang Merkle hingegen, benennt beim Boreout ähnliche Symptome wie beim Burnout. Beides könne krank machen, nur die Ursachen seien völlig unterschiedlich: Statt Überlastung würde Boreout durch langfristige Unterforderung, Langeweile, zu wenig Abwechslung und Monotonie am Arbeitsplatz entstehen. Kurz gesagt: Menschen langweilen sich durch zu viel Routine und zu wenig Abwechslung. Der Leerlauf macht krank, denn Unterforderung ist für Körper und Geist genauso stressig wie Überforderung.

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Gründe für das „Ausgelangweiltsein“

Aber Leerlauf in unserer Leistungsgesellschaft? Ist das überhaupt möglich? Tatsächlich kann es viele Gründe für das Phänomen des Boreouts geben. Beispielsweise wenn Unternehmen fusionieren und es Abteilungen plötzlich doppelt gibt. Manchmal geht es auch nur darum, Mitarbeiter loszuwerden und ihnen keine Abfindung zahlen zu müssen. Dann heißt es: sinnlos Zeit absitzen. Und das kann krank machen. Denn Betroffene sind nicht einfach nur gelangweilt. Ihnen fehlt eine existenzielle Bedeutung und das tiefe Bedürfnis, etwas zu schaffen – ein Sinn in ihrer Arbeit und damit auch die soziale Anerkennung.

Aber auch die wachsende Automatisierung kann Boreout begünstigen. So fand eine Studie von 2016 heraus, dass Langeweile eng mit Reaktionsvermögen, Aufmerksamkeitsmanagement und Aufgabenleistung verbunden ist. Die steigende Automatisierung ist damit nicht nur der Grund für die Langeweile, sie wird auch zukünftig ein zunehmendes Problem für die Motivation und Mitarbeiterbindung werden.1

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Monotonie macht krank

Eine Studie zur Auswirkung von Fließbandarbeit auf die Psyche ging der Frage nach, welchen Einfluss der Wiederholungsgrad einer Handlung auf die Entstehung psychischer Sättigung hat. Dazu wurden 52 Probanden in zwei Gruppen eingeteilt. In der Bedingung „hoher Wiederholungsgrad“ bearbeiteten sie 3 Stunden und 26 Minuten an einem Fließband immer den gleichen Bestückungsauftrag für ein Möbelteil – die andere Gruppe in der Bedingung „niedriger Wiederholungsgrad” wiederum vier unterschiedliche Aufträge.

Die Analysen zeigten, dass in beiden Gruppen Sättigung, Ermüdung, Monotonie, die Menge erledigter Aufträge und Fehler mit der Zeit gleichermaßen zunahmen. Stress, Engagement, die subjektive Erregung, Stimmung und Herzrate nehmen ab.2 Das zeigt, dass der Mensch Abwechslung in seinem Tun braucht und Monotonie krank machen kann. Auf Dauer soll diese Unterforderung sogar das Gehirn schrumpfen lassen.

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Symptome von Boreout

Doch woran erkennt man ein Boreout? Es gibt keine mathematische Formel, um festzustellen, wann ein Arbeitnehmer an dem Syndrom erkrankt ist. Wer sich nun aber fragt, ob er womöglich daran leidet, kann anhand bestimmter Anzeichen erkennen, ob ein Boreout in Frage kommt.

Da ist zum Einen die erwähnte chronische und tiefe Langeweile bei der Arbeit. Sie kann sich auf allen Ebenen bemerkbar machen: Auf der kognitiven Ebene nimmt die Aufmerksamkeit ab und die Reizverarbeitung wird oberflächlich. Auf der emotionalen Ebene äußert sie sich als Demotivation und Apathie. Auch auf körperlicher Ebene spüren Betroffene wiederum eine Energielosigkeit, Trägheit sowie ein Gefühl der Leere und haben häufig eine schlaffe Körperhaltung. Aber auch Schlafstörungen, Rücken- oder Kopfschmerzen oder sozialer Rückzug können Symptome sein. Im schlimmsten Fall kann das Boreout sogar in einer Depression enden.

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Was tun bei Boreout?

Der erste Schritt bei einem Boreout-Syndrom ist (wie so oft), darüber zu sprechen. Ein Gespräch mit dem Hausarzt kann helfen, herauszufinden, was die Ursache für das Gefühl ist und welche Schritte unternommen werden können.

Schritt 2: Die Wünsche und Sorgen mit dem Arbeitgeber besprechen. Klingt unangenehm, kommt man aber nur schlecht drum rum. Denn eine Verbesserung des Boreouts geht nicht ohne Ehrlichkeit gegenüber sich selbst und dem Vorgesetzten. Vielleicht ist ein interner Wechsel oder eine Weiterbildung möglich. Dabei sollte kein Vorwurf mitschwingen, dass man seit Ewigkeiten denselben öden Job ausführt oder zu wenig Arbeit hatte. In diesem Fall kann man nur noch über die Wünsche für die Zukunft sprechen. Andernfalls bleibt aber noch immer die Kündigung, auch wenn die oft langjährige Arbeit zur vertrauten Tätigkeit geworden ist.

Ein ganz anderer Ansatz wäre ein Perspektivwechsel: Beispielsweise könnte man die emotionale Bedeutung von Arbeit reduzieren. Sprich, man sucht sich etwas in seinem Leben, das mehr Begeisterung verschafft und die Monotonie im Job ausgleicht. So kann auch das Selbstwertgefühl aus einer anderen Tätigkeit als aus der Arbeit geschöpft werden und man verspürt wieder einen tieferen Sinn. Das können ein Hobby, Aktivitäten wie Sprachenlernen, Reisen, Sport oder auch ein Ehrenamt sein.

Wer an Boreout leidet, braucht also nicht zu resignieren, sondern „nur“ die Umstände ändern, neue Aufgaben und Ziele finden und sich nicht der tödlichen Langeweile ergeben.

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Quellen

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