14. November 2024, 13:52 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Übergewicht bei Kindern ist ein weitverbreitetes Problem. Mittlerweile ist bekannt, dass es im späteren Leben das Risiko für bestimmte Krankheiten erhöhen kann. Forscher fanden nun heraus, dass es sich negativ auf die Entwicklung der Lunge auswirken kann. Doch nicht nur Übergewicht ist das Problem.
Meist nehmen wir die Funktion der Lunge als völlig selbstverständlich wahr. Und das, obwohl es das Organ ist, das unseren Körper mit lebenswichtigem Sauerstoff versorgt. Während wir bspw. ohne Nahrung tagelang überleben können, brauchen wir kontinuierlich Sauerstoff, um alle lebenswichtigen Körperfunktionen aufrechtzuerhalten. Umso wichtiger ist es, dass die Lunge sich im Kindesalter optimal entwickelt, um später voll leistungsfähig zu sein. Forscher fanden nun heraus, dass eine gute Entwicklung des Organs nicht immer der Fall ist. Laut einer aktuellen Studie kann ein ungesunder Body-Mass-Index (BMI) bei Kindern zu einer schlecht entwickelten Lunge und den damit einhergehenden Problemen führen.
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Übersicht
Immer mehr Atemwegserkrankungen in Deutschland
Immer mehr Menschen sind in Deutschland von Lungenkrankheiten betroffen. Dies berichtet die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) in der Publikation „Weißbuch Lunge 2023“.1 Daraus gehen folgende Zahlen hervor, im Vergleich zur vergangenen Ausgabe aus dem Jahr 2014:
- In den vergangenen Jahren sind rund 17 Prozent mehr Deutsche an Asthma erkrankt.
- Bei der chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen (COPD) liegt die Zunahme bei acht Prozent.
- Lungenkrebs wurde 33 Prozent häufiger diagnostiziert, während es bei Lungenembolien 71 Prozent mehr Diagnosen sind.
- Das Schlafapnoesyndrom ist sogar um 92 Prozent gestiegen.
Lungenentwicklung wird maßgeblich in der Kindheit bestimmt
Auch wenn die Gründe für diese Erkrankungen vielfältig sind, entscheidet es sich oft in der Kindheit, ob man besser vor Atemwegserkrankungen geschützt ist oder nicht. Das fanden nun schwedische Forscher in einer aktuellen Studie heraus.2 Laut den Wissenschaftlern vom Karolinska Institut in Solna entwickelt sich die Lungenfunktion vom Mutterleib bis in das Erwachsenenalter hinein. Doch bereits bei etwa zehn Prozent der Kinder sei die Entwicklung der Lunge eingeschränkt. Dies führe im Erwachsenenalter dazu, dass ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-, Lungenerkrankungen und Diabetes bestehe, so die Forscher.
BMI bei Kindern hat Einfluss auf Entwicklung der Lunge
Die Forscher wollten es genauer wissen und den Grund dafür herausfinden. Hierfür nutzten Sie die Langzeitdaten aus der schwedischen BAMSE-Studie. Darin wurden über 4.000 Kinder, die zwischen 1994 und 1996 auf die Welt kamen, von der Geburt bis zum Alter von 24 Jahren auf ihre gesundheitliche Entwicklung hin untersucht. „In dieser Studie, der bisher größten dieser Art, konnten wir Kinder von der Geburt bis zum Alter von 24 Jahren verfolgen und so den gesamten Zeitraum der Entwicklung der Lungenfunktion abdecken“, erklärt Dr. Gang Wang, einer der verantwortlichen Studienautoren, in der Pressemitteilung des Instituts.3
Für die aktuelle Studie wurden die Daten von 3.200 Teilnehmern ausgewertet und dabei insbesondere die BMI-Werte verglichen. Auf Grundlage des BMI wurden dann die Teilnehmer in verschiedene Gruppen eingeteilt. Dabei gab es bereits im Alter von nur zwei Jahren signifikante Unterschiede beim BMI der Babys.
Zusätzlich wurde im Laufe der Datenerhebung die Lungenfunktion mit einem Spirometrie-Atemtest im Alter von acht, 16 und 24 Jahren gemessen. Dieser Test misst die Lungenkraft anhand der Luftmenge, die ein- und ausgeatmet wird. Auch die Menge des ausgeatmeten Stickstoffs wurde berechnet. Zudem hat man die Urinproben der Teilnehmer analysiert, um die verstoffwechselten Substanzen zu bestimmen.
Übergewicht und Untergewicht wirken sich negativ auf Lungenentwicklung aus
Anschließend haben die Forscher die vorhandenen Daten ausgewertet und miteinander in Verbindung gebracht. Dies ergab, dass Kinder mit einem hohen BMI als Erwachsene häufiger von Lungenproblemen betroffen waren, als Kinder mit einem normalen BMI. Die gesundheitlichen Probleme wurden durch eine sogenannte Obstruktion verursacht. Dabei ist der Luftstrom in der Lunge eingeschränkt. Zudem fand man in den Urinproben der Probanden mit hohem BMI auch hohe Werte der Aminosäure Histidin. Dies trifft häufig auch auf Personen mit Asthma oder chronisch obstruktiver Lungenerkrankung zu.
Doch es gibt auch gute Nachrichten. „Interessanterweise fanden wir heraus, dass in der Gruppe mit einem anfänglich hohen BMI, aber einem normalisierten BMI vor der Pubertät, die Lungenfunktion im Erwachsenenalter nicht beeinträchtigt war“, so Dr. Erik Melén, der ebenfalls an der Studie beteiligt war. Dies zeige, wie wichtig es sei, auf eine gesunde Entwicklung von Kindern sowohl in den ersten Lebensjahren als auch in den ersten Schuljahren und im Jugendalter zu achten.
Interessanterweise hat auch ein unterdurchschnittlicher BMI bei Kindern zu einer schlechteren Lungenfunktion im Erwachsenenalter geführt. Die Forscher gehen davon aus, dass bei untergewichtigen Kindern sich die Lunge nicht gesund ausbilden kann. „Der Schwerpunkt lag bisher auf Übergewicht, aber wir müssen auch Kinder mit einem niedrigen BMI erfassen und auch hier Ernährungsmaßnahmen ergreifen“, erklärt Dr. Wang.
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Einordnung der Studie
Diese Studie verdeutlicht, dass ein ungesunder BMI bei Kindern (zu hoch oder zu niedrig) sich negativ auf die Lunge und somit die Gesundheit im Allgemeinen auswirkt. Kinder mit einem normalen BMI (18,5 – 24,9) im frühen Erwachsenenalter weisen eine bessere Lungenentwicklung und -funktion auf. Die Forschungsergebnisse legen aber auch nahe, dass eine positive BMI-Entwicklung bei Kindern vor der Pubertät die negativen Folgen verhindert.
Dennoch weist die Studie Einschränkungen auf, denn: Die Daten beziehen sich allesamt auf Kinder, die in Schweden leben. Aus diesem Grund ist nicht absehbar, ob die Ergebnisse auch auf andere Länder und Regionen zutreffen würden.