14. September 2022, 19:53 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Manche Menschen müssen deutlich öfter auf die Toilette als andere. Bei ihnen kann die Blase nicht so viel Urin speichern, was zumeist aus ungünstigen Gewohnheiten resultiert. Zum Glück gibt es einen Weg zurück! FITBOOK erklärt, wie man trainieren kann, länger einzuhalten.
Grundsätzlich noch mal auf die Toilette gehen, bevor man das Haus verlässt, oder auch im Restaurant, bevor das Essen kommt – derartige Gewohnheiten lassen das Fassungsvermögen der Blase auf die Dauer kleiner werden. Betroffene haben sich zumeist daran gewöhnt, Filme häufiger unterbrechen oder auch nachts raus zu müssen, um zu urinieren. Dabei könnten sie mithilfe von Blasentraining die Zeiten zwischen den Toilettengängen verlängern, und so ihre Lebensqualität steigern.
Übersicht
Blase trainieren und seltener zur Toilette müssen
FITBOOK hat mit dem Urologen Dr. med. Christoph Pies gesprochen, der über das Thema ein ganzes Buch („In der Sprechstunde: Harnblase“, Herbig) verfasst hat. Er räumt ein, dass es einige Monate dauern kann und ein gewisses Durchhaltevermögen verlangt, bis sich durch das Trainieren der Blase eine merkliche Verbesserung einstellt. Aber: Der therapeutische Effekt sei in Studien nachgewiesen.
Mit Sport hat Blasen-„Training“ übrigens nichts zu tun. Es geht darum, das Wasserlassen in kleinen Schritten hinauszuzögern, damit die Blase sich daran gewöhnt, mehr Urin zu speichern. Lesen Sie hier, wie Sie dabei richtig vorgehen.
Schritt 1: Setzen Sie ein Urin-Tagebuch auf
Bevor Sie das gezielte Blasentraining aufnehmen, sollten Sie den Status quo in einer Art Tagebuch festhalten. Schreiben Sie auf, wie viel Sie trinken und wie häufig Sie am Tag zur Toilette gehen. Am besten fangen Sie die jeweils ausgeschiedene Urinmengen auf und vermerken sie, um später einen Vergleich zu haben. Als normal gilt eine Blasenfüllung von zwischen 0,3 und 0,5 Litern bevor man „muss“.
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Toiletten-Intervalle festlegen und Abstände verlängern
Um das Fassungsvermögen der untrainierten Blase zu steigern, ist es hilfreich, zunächst in festen Intervallen zur Toilette zu gehen. Das Ziel ist es, die Anzahl der Toilettengänge irgendwann auf etwa sieben pro Tag zu bringen (bei einer Trinkmenge von 1,5 bis 2 Litern). Orientieren Sie sich aber bitte nur grob daran, wenn Sie realistische Intervalle für den Beginn des Blasentrainings festlegen. „Nach einigen Tagen gilt es dann, die Zeitabstände beispielsweise in 5-Minuten-Schritten auszudehnen“, erklärt Dr. Pies. Ein paar Tage später das gleiche Spiel.
Absichtlich wenig zu trinken, um die Blase möglichst ungefüllt zu halten und so die Abstände zwischen den Toilettengängen vermeintlich verlängern können, ist übrigens keine gute Idee. Denn eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist generell wichtig für einen gesunden Körper, und so übrigens auch für den Wassergehalt Ihres Urins. Ist dieser zu wenig verdünnt, können verschiedene seiner Bestandteile die Blasenschleimhäute angreifen.
Tipps, um das Blasentraining durchzustehen
Das Trainieren der Blase ist herausfordernd. Denn mit einer „verkleinerten“ Blase kann man nur schwer einhalten. Das Training kann daher mitunter schmerzhaft sein.
Sitzen bleiben und ablenken
Der Urologe rät, in brenzligen Momenten tief einzuatmen, den Beckenboden stark anzuspannen und dabei an etwas Schönes zu denken. Lenken Sie sich ab! Im Sitzen, am besten mit leicht vorgebeugtem Körper, sei es grundsätzlich leichter, einen Harndrang zu unterdrücken.
Führen Sie Protokoll
Führen Sie Ihr zu Beginn des Trainings angelegtes Tagebuch weiter. Dr. Pies empfiehlt, die einzelnen Fortschritte des Blasentrainings – also quasi die jeweils dazu gewonnenen fünf Minuten Einhaltezeit – zu dokumentieren. „Dies dient der Objektivierung und wirkt wie eine Art Belohnungssystem“, erklärt er. Und Erfolge motivieren bekanntlich dazu, weiterzumachen.
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Wer vom Blasentraining absehen sollte
Für Betroffene einer Blasenentleerungsstörung – also Menschen, die aufgrund mechanischer Ursachen oder verschiedener Vorerkrankungen die Blase beim Toilettengang nicht vollständig entleeren können – ist Blasentraining nicht geeignet. Denn damit könnten sie laut Pr. Pies ihre Beschwerden weiter verschlimmern.
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Was bei Blasenschwäche zu beachten ist
Ein zu häufiger Harndrang und Blasenschwäche sind unterschiedliche Befunde, können aber natürlich auch gemeinsam auftreten. Von gezieltem Blasentraining können beide profitieren.
FITBOOK hat beim Gynäkologen Dr. med. Christian Albring nachgefragt. Denn es sind zumeist Frauen, die (z. B. aufgrund früherer Schwangerschaften und Geburten oder hormoneller Veränderungen) an Blasenschwäche leiden. Wenn ihr Blasenfassungsvermögen nur rund 150 bis 250 Milliliter beträgt, sollten sie laut Dr. Albring das oben geschilderte Blasentraining aufnehmen. „Denn durch das Zukneifen können die Frauen nicht bloß ihrer Harnblase zu Normalgröße verhelfen, sondern gleichzeitig die geschwächte Ringmuskulatur ihrer Harnröhre stärken.“ Seine Empfehlung: das Training aufs Wochenende und die eigenen vier Wände beschränken. Denn es besteht schließlich die Gefahr, dass sie mal nicht einhalten konnten.
Gesondertes Beckenbodentraining
Weiterhin empfiehlt Dr. Albring bei Blasenschwäche ein gezieltes Beckenbodentraining. Die Frauen sollten sich demnach „kleine Gewichte kaufen, die in Form von Kugeln oder Zapfen in die Scheide eingeführt werden“. Das Zusammenkneifen des Scheideneingangs verhindert, dass diese Gewichte herausfallen, und kräftigt so die angesteuert Muskelplatte. Mehr zum Thema Beckenbodentraining lesen Sie hier.