25. September 2020, 5:37 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Bei der in Großbritannien geplanten Corona-Impfstoffstudie mit freiwillig Infizierten wollen immer mehr führende Biotech-Firmen nicht teilnehmen. Nach AstraZeneca, Sanofi und Moderna hat jetzt auch das deutsche Unternehmen BioNTech, das mit dem US-Pharmariesen Pfizer zusammenarbeitet, abgewunken.
„BioNTechs Impfstoffkandidat ist nicht Teil dieser Studie“, erklärte eine Sprecherin der Mainzer Firma am Donnerstag. Die „Financial Times“ hatte am Mittwoch berichtet, dass ab Januar in Großbritannien eine sogenannte Human-Challenge-Impfstoffstudie geplant ist, bei der Freiwillige absichtlich mit dem neuen Coronavirus infiziert werden sollen, um die Wirksamkeit von Impfstoffkandidaten zu testen.
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Laut „FT“ soll die Studie im Januar in einer Quarantäne-Einrichtung in London starten. Rund 2000 Teilnehmer hätten sich bereits über die US-Interessensgruppe „1Day Sooner“ angemeldet. Diese habe angekündigt, eine Petition für die öffentliche Finanzierung der Einrichtung einzureichen. Die müsse groß genug sein, um 100 bis 200 Teilnehmer unter Quarantäne zu stellen. Eine Sprecherin der britischen Regierung erklärte, man prüfe mit Partnern das Potenzial von Human-Challenge-Studien, nannte aber keine Details. „Diese Diskussionen sind Teil unserer Arbeit, um Wege zur Behandlung, Begrenzung und hoffentlich auch zur Prävention des Virus zu erforschen. Mit dem Ziel, die Pandemie früher beenden zu können.“
Überblick Mögliche Corona-Impfstoffe, die in der entscheidenden Phase sind
In der EU zugelassen BioNTech, Moderna, AstraZeneca, J&J – vier Corona-Impfstoffe im Vergleich
Antikörper gegen das Virus Möglicher Corona-Impfstoff wird an 30.000 Personen getestet
Human-Challenge-Studien umstritten
In dem Zeitungsbericht wurden nicht die Impfstoffe genannt, die in dem Projekt überprüft werden sollen. Human-Challenge-Studien, in denen sich Menschen impfen und dann freiwillig infizieren lassen, wurden von Wissenschaftlern bereits als Möglichkeit genannt, um die Entwicklung eines Impfstoffes zu beschleunigen. Denn eine bestimmte Anzahl von Studienteilnehmern muss sich im Laufe der Zeit infizieren, um die Wirksamkeit des Impfstoffes bewerten zu können. Das könnte unter Umständen aber lange dauern. Human-Challenge-Studien sind allerdings wegen ethischer Bedenken und gesundheitlicher Risiken umstritten.
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Weltweit wird fieberhaft nach einem Impfstoff gegen das neuartige Coronavirus geforscht. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO befinden sich gegenwärtig 38 Projekte in der klinischen Entwicklung. AstraZeneca, Sanofi, Moderna und BioNTech gehören zu den wenigen Unternehmen, die sich bereits in der dritten und damit letzten Phase vor einem Zulassungsantrag befinden. Der US-Konzern Johnson & Johnson, der gerade seine große Phase-3-Studie gestartet hat, erklärte, man überprüfe zwar den potenziellen Nutzen von Human-Challenge-Studien. Das Unternehmen plane eine solche aber nur „in einer Situation, in der dies von den Ethikkommissionen als ethisch erachtet wurde.“