Direkt zum Inhalt wechseln
logo Das Magazin für Fitness, Gesundheit und Ernährung
BILD Kindergesundheitsgipfel

Geschäftsführer der Deutschen Sportjugend: »Politik muss sich für Sport bei Kindern engagieren

Stefanie May, BILD-Ressortleiterin von „Leben & Wissen“ im Gespräch mit Leon Ries, Geschäftsführer der Deutschen Sportjugend beim BILD Kindergesundheitsgipfel
Stefanie May, BILD-Ressortleiterin von „Leben & Wissen“ im Gespräch mit Leon Ries, Geschäftsführer der Deutschen Sportjugend beim BILD Kindergesundheitsgipfel Foto: BILD

28. Juni 2024, 13:39 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Wenig Bewegung, Mediensucht, Adipositas – die gesundheitliche Situation von Millionen von Kindern in Deutschland ist dramatisch. Genau darüber wurde beim BILD Kindergesundheitsgipfel mit Expertinnen und Experten aus Gesundheit und Sport diskutiert. Was sagen die Daten? Was muss und kann getan werden? Und welche Forderungen an die Politik werden laut? FITBOOK-Redaktionsleiterin Melanie Hoffmann war beim Gipfel dabei und berichtet von dem großen Engagement, das Leben der Kinder in Deutschland zu verbessern.

Artikel teilen

„15 Prozent der Kinder in Deutschland sind übergewichtig, sechs Prozent sind krankhaft übergewichtig, also adipös“, nennt Dr. Susann Weihrauch-Blüher, Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kinder und Jugendalter (AGA) der Deutschen Adipositas Gesellschaft ein paar knallharte Fakten. In absoluten Zahlen bedeute das, dass von geschätzten 15 Millionen Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren in Deutschland „knapp 2,5 Millionen Übergewicht und etwa eine Million Adipositas haben“. Ein wichtiges Mittel dagegen: Bewegung. Wie man dieses bei Kindern und Jugendlichen fördern könne, diskutierten Vertreter des dsj und DFB gemeinsam mit einem Schulleiter aus Köln beim BILD Kindergesundheitsgipfel. Weitere Themen: Gebärmutterhalskrebs und HPV-Impfung sowie Mediennutzung und -sucht bei unter 18-Jährigen.

Jetzt dem FITBOOK-Kanal bei Whatsapp folgen!

Coronapandemie hat die Adipositas-Krise bei Kindern noch zusätzlich verschlimmert

Seit Jahren warnen Mediziner vor der beunruhigenden Entwicklung, dass immer mehr Kinder krankhaft mehrgewichtig seien. Einen Trend, den die Jahre der Coronapandemie noch verstärkt hätten. Die von Weihrauch-Blüher aufgeführten Zahlen stammen noch von vor der Pandemie, die Situation sieht heute noch schlimmer aus. „Etwa ein Viertel der Kinder, die vorher normalgewichtig waren, haben jetzt Übergewicht“, verriet die Oberärztin für Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie, Universitätsmedizin Halle beim BILD Kindergesundheitsgipfel. „70 Prozent der Kinder und Jugendlichen, die vor Corona schon übergewichtig waren, waren danach ebenfalls deutlich schlimmer dran.“

„Die Schule als Ort für Bewegung spielt eine extrem große Rolle“

Neben der Ernährung ist Bewegung ein bedeutsames Mittel im Kampf gegen Übergewicht und Adipositas. Erst kürzlich veröffentliche die WHO Studienergebnisse zum weltweiten Bewegungsmangel. Dieser betrifft Erwachsene genauso wie Kinder. Die Folgen von zu wenig Bewegung sind bekannt: Übergewicht bzw. Fettleibigkeit und Krankheiten wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Wie man dem Bewegungsmangel bereits in jungen Jahren begegnen kann, diskutierten beim BILD Kindergesundheitsgipfel Leon Ries, Geschäftsführer der Deutschen Sportjugend, Hannes Wolf, Direktor für Nachwuchs, Training und Entwicklung des Deutschen Fußball-Bundes sowie André Szymkowiak, Schulleiter am Städtischen Gymnasium Köln-Deutz und Gewinner des 1. Preises Deutscher Lehrkräftepreis 2024.

Leon Ries führte wissenschaftlich belegte Faktoren auf, warum Kinder es zum Vereinssport schaffen – oder leider eben auch nicht. Diese lauten: Geschlecht, Bildung, Gesundheit bzw. körperliche Beeinträchtigung, Erwerbstätigkeit der Eltern, Erhalt staatlicher Unterstützungsleistung. Vereinfacht zusammengefasst gebe es viele Hürden, warum Kinder nicht den Weg zu einem Sportverein und somit keinen Zugang zu regelmäßiger Bewegung fänden.

Für einen normalen Testosteronspiegel

100% vegan | ohne Gentechnik
 laborgeprüft | frei von Zusatzstoffen

„Die Schule als Ort für Bewegung spielt eine extrem große Rolle, weil wir dort alle Kinder haben und dort zunächst diese Selektion wie bei Sportvereinen nicht erleben“, betonte der Geschäftsführer der Deutschen Sportjugend.

Hannes Wolf und sein DFB-Team engagierter Profi-Sportler und Eltern entwarfen ein Konzept – und brachten es zum Gipfel mit –, das Sport in der Schule vereinfachen könnte. Das Ziel: Möglichst viele Kinder und Jugendliche im Schulalltag auch abseits von zwei oder drei Sportstunden an Bewegung heranzuführen. Mit viel Spaß und möglichst wenig Aufwand auf organisatorischer Seite. Einen Vorstoß, den Schulleiter André Szymkowiak sehr begrüßte, wenn er auch leider einige Herausforderungen bei der Umsetzung sah.

Auch interessant: Der gesunde Effekt von 11 Minuten Bewegung pro Tag 

Forderung an die Politik

Worin sich alle Sportexperten einig waren: Ohne Hilfe von ganz oben sei eine wirklich wirksame und dauerhafte Lösung nicht machbar. „Von der Politik würde ich mir das Bekenntnis zu einer Gesellschaft wünschen, die sich um ihre Kinder kümmert“, erklärte Ries. „Konkret würde ich mir beim Thema Sportplätze ein größeres Engagement wünschen. Wie viele Sportplätze haben wir in Deutschland, die sanierungsbedürftig sind? Wir brauchen eine Politik, die Sport nicht als Nebenthema für Kinder sieht, sondern die sich genau da aktiv kümmert.“

Gebärmutterhalskrebs und HPV-Impfung

BILD-Medizinjournalistin Jana Kolbe im Gespräch mit Prof. Jalid Sehouli, Dr. Nobila Ouédraogo und Dr. Marianne Röbl-Mathieu (v. l. n. r.)
BILD-Medizinjournalistin Jana Kolbe im Gespräch mit Prof. Jalid Sehouli, Dr. Nobila Ouédraogo und Dr. Marianne Röbl-Mathieu (v. l. n. r.) Foto: BILD

Eine vermeidbare Krankheit, die immer noch zu häufig diagnostiziert werden muss: Gebärmutterhalskrebs. 2022 wurde sie von der WHO als einen „Krebs, den wir eliminieren können“ eingestuft.1 Dafür, dass daraus Realität wird, setzt sich u. a. Prof. Jalid Sehouli ein. Er ist Direktor der Klinik für Gynäkologie mit Zentrum für onkologische Chirurgie an der Charité Berlin.

Beim BILD Kindergesundheitsgipfel sprach er über die traumatischen Erfahrungen, die betroffene Patientinnen durchleben müssen, sowie vermeidbare Risikofaktoren für Gebärmutterhalskrebs, wie z. B. das Rauchen. Außerdem rückte er einen wichtigen Weg zur Bekämpfung der Krebserkrankung erneut in den Fokus: die HPV-Impfung. Diese werde Mädchen, aber vor allem Jungen, noch immer zu wenig verabreicht. „Wir haben in Deutschland auch die Möglichkeit, Jungen zu impfen“, so der Experte. „Das hilft, weil das dazu beiträgt, dass das Virus generell in der Bevölkerung nicht mehr so verbreitet ist. Und dies ist neben Minimierung der Risikofaktoren für die Erkrankung die wichtigste Strategie gegen Gebärmutterhalskrebs.“

Mehr zum Thema

Noch beunruhigende Mediennutzung oder schon Mediensucht?

Für rundum gesunde Kinder, die zu gesunden und glücklichen Erwachsenen heranwachsen, ist die mentale Gesundheit unerlässlich. Ein Thema, das Prof. Sabina Schutter, Vorstandsvorsitzende SOS Kinderdorf e.V. den Anwesenden beim Gipfel näherbrachte.

Ein Faktor, der die Psyche von Kindern und Jugendlichen stark beeinträchtigen kann, ist die Mediennutzung. Täglich unzählige Stunden verbringen junge Menschen unter 18 Jahren in Deutschland vor dem Bildschirm (von Smartphone, über Tablet und Laptop bis zum TV). Ein beunruhigendes Maß an Mediennutzung attestierte auch Dr. Michael Hubermann, Präsident des Bundesverbandes der Kinder- und Jugendärzte e. V., Kindern und Jugendlichen, aber auch ihren Eltern, die als Vorbild vorangehen sollten. Ab wann man von einer Mediensucht sprechen kann, erklärte Dr. Kerstin Paschke, Stellvertretende Leiterin des Deutschen Zentrums für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Gemeinsam nach Lösungen suchten die Experten im Gespräch mit CDU-Vize und Bildungsministerin Schleswig-Holstein Karin Pries. Was kann helfen: Zeit der Mediennutzung einschränken? Mehr Medienkompetenz-Training in Schulen?

Einige gut gemeinte Strategien. Aber bei Weitem nicht genug, fand Silke Müller, Schulleiterin und Bestseller-Autorin: „Es geht um viel mehr als zeitliche Beschränkung der Mediennutzung. Wir müssen uns den Content bewusst machen, dem Kinder und Jugendliche im Netz ausgesetzt sind – oft auch schon in einem Zeitfenster von einer halben Stunde.“ Da sei von Gewalt, über das Selbstwertgefühl zerstörende Eindrücke und politische Propaganda, bis hin zu Pornografie und pädophilen Angriffen alles vertreten, was man sich kaum vorstellen mag. „Hier muss es einen gesellschaftlichen Aufschrei geben“, lautete das Fazit der Expertin.

Themen #Naturtreu Kindergesundheit

Quellen

  1. WHO. Der Krebs, den wir eliminieren können – WHO/Europa appelliert dringend an Mitgliedstaaten, Gebärmutterhalskrebs in die Geschichtsbücher zu verbannen. (aufgerufen am 28.6.2024) ↩︎
afgis-Qualitätslogo mit Ablauf Jahr/Monat: Mit einem Klick auf das Logo öffnet sich ein neues Bildschirmfenster mit Informationen über FITBOOK und sein/ihr Internet-Angebot: www.fitbook.de

FITBOOK erfüllt die afgis-Transparenzkriterien.
Das afgis-Logo steht für hochwertige Gesundheitsinformationen im Internet.

Deine Datensicherheit bei der Nutzung der Teilen-Funktion
Um diesen Artikel oder andere Inhalte über Soziale- Netzwerke zu teilen, brauchen wir deine Zustimmung für diesen .
Sie haben erfolgreich Ihre Einwilligung in die Nutzung dieser Webseite mit Tracking und Cookies widerrufen. Sie können sich jetzt erneut zwischen dem Pur-Abo und der Nutzung mit personalisierter Werbung, Cookies und Tracking entscheiden.