14. Februar 2022, 4:47 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Dem pflanzlichen Wirkstoff Berberin werden wundersame Eigenschaften nachgesagt: Es habe positiven Einfluss auf den Blutzucker, die Fettwerte und den Cholesterinspiegel und könne so beim Abnehmen helfen. Zudem soll es den Blutdruck senken und vor Herzkreislauf-Erkrankungen schützen. Doch was davon stimmt wirklich? Und welche Nebenwirkungen hat Berberin? FITBOOK beantwortet die wichtigsten Fragen.
Berberin ist ein sogenanntes Alkaloid, also eine natürlich in Pflanzen vorkommende alkalische stickstoffhaltige Verbindung, die auf den menschlichen Organismus wirkt. Es kann aus einer Vielzahl von Pflanzenarten wie zum Beispiel der Berberitze, der Orangenwurzel oder der Jamaikanischen Wurmrinde gewonnen werden. Berberin wird schon lange in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) und im indischen Ayurveda zur Behandlung von Infektionen, Verdauungsstörungen und entzündlichen Erkrankungen eingesetzt. Es gilt als natürliches Mittel zur Regulierung des Cholesterinspiegels und der Blutzuckerwerte bei Diabetes. Heutzutage wird es auch gerne als Hilfsmittel beim Abnehmen vermarktet. Doch welche Wirkung hat Berberin wirklich?
Übersicht
Studienlage zu Berberin
Mittlerweile existieren etliche Studien zur Wirksamkeit von Berberin, die in den meisten Fällen mit Tierexperimenten oder an Zellkulturen durchgeführt wurden. Doch wie die Verbraucherzentrale betont, gibt es wenige gute wissenschaftliche Nachweise an Menschen.1 Laut dem amerikanischen „Memorial Sloan Kettering Cancer Center (MSK)“ gebe es bei Menschen nur begrenzte Beweise dafür, dass Berberin den Cholesterin-, Triglycerid- und Blutzuckerspiegel senken kann.2 Dennoch sei die Erkenntnis wichtig, dass Berberin dazu beitragen könnte, die Risikofaktoren für Herzkreislauf-Erkrankungen zu senken. So habe ein Expertengremium festgestellt, dass Berberin bei Patienten mit leichten Fällen von hohem Cholesterinspiegel hilfreich sein kann, sofern sie Statine (Cholesterinsenker) nicht vertragen oder an einem metabolischen Syndrom leiden.
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Anwendungsgebiete von Berberin
In der amerikanischen Datenbank für Naturmedizin (Natural Medicines Comprehensive Database) wurde Berberin einer Studienauswertung unterzogen.3 Dabei hat man die Wirksamkeit als „möglicherweise effektiv“ für folgende Anwendungsgebiete eingestuft:
- Mundgeschwüre: Das Auftragen eines Gels, das Berberin enthält, könne Schmerzen, Rötungen und die Größe von Mundgeschwüren reduzieren.
- Diabetes: Die orale Einnahme von Berberin scheint den Blutzuckerspiegel bei Menschen mit Diabetes leicht zu senken.
- Hohe Konzentration von Cholesterin und anderen Fetten im Blut: Die orale Einnahme von Berberin (alleine oder mit anderen Inhaltsstoffen) kann helfen, das Gesamtcholesterin, das „schlechte“ LDL-Cholesterin sowie den Triglycerid-Spiegel bei Menschen mit hohen Cholesterinwerten zu senken.
- Hoher Blutdruck: Die tägliche orale Einnahme von 0,9 Gramm Berberin zusammen mit dem blutdrucksenkenden Medikament Amlodipin könne den Blutdruck besser senken als die alleinige Einnahme von Amlodipin bei Patienten mit hohem Blutdruck.
- Hormonelle Störung, die vergrößerte Eierstöcke mit Zysten verursacht (Polycystisches Ovarialsyndrom, PCOS): Die orale Einnahme von Berberin könnte den Blutzucker senken, den Cholesterin- und Triglycerid-Spiegel verbessern, den Testosteronspiegel senken und das Verhältnis von Taille zu Hüfte bei Menschen mit PCOS senken.
Hilft Berberin beim Abnehmen?
Viele Menschen erhoffen sich von Berberin insbesondere Unterstützung bei der Gewichtsreduktion. Doch auch dafür gibt es nur leichte Hinweise, aber keine starken positiven Studienergebnisse. So konnte beispielsweise eine chinesische Studie aus dem Jahr 2012 zeigen, dass übergewichtige Probanden innerhalb von 12 Wochen im Durchschnitt ca. 2,3 Kilogramm verloren haben, nachdem sie drei Mal täglich 500 mg Berberin einnahmen.4 Allerdings kann der Abnehmerfolg nur als leicht bezeichnet werden. Denn wie schon oft bewiesen wurde, können Sport und eine kalorienreduzierte Ernährung einen höheren Gewichtsverlust bewirken als gut zwei Kilogramm in fast drei Monaten.
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Viel wichtiger: Während die Probanden dieser Studie keinen großen Gewichtsverlust durch Berberin hatten, verbesserten sich dennoch ihre Blutfettwerte deutlich. Der Triglycerid-Spiegel sank um 23 Prozent, das Cholesterin um 12,2 Prozent.
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Dosierung von Berberin
Berberin sollte immer in Absprache mit einem Arzt eingenommen werden. Insbesondere wer Medikamente einnimmt, sollte nicht ohne ärztlichen Rat zu dem Mittel greifen. Berberin ist nämlich für starke Wechselwirkungen mit Medikamenten bekannt.
Die übliche Dosis von Berberin beträgt 900 bis 1500 mg pro Tag. Diese sollte aufgeteilt in drei bis vier Einzeldosen von nicht mehr als 500 mg auf einmal eingenommen werden. Denn zu viel von dem Wirkstoff kann zu einer Magenverstimmung, zu Krämpfen und Durchfall führen. Am besten, man nimmt es mit einer Mahlzeit oder kurz danach ein, um den Blutzucker- und Lipidanstieg beim Essen positiv zu beeinflussen.
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Risiken und Nebenwirkungen
Da Langzeituntersuchungen zur Einnahme von Berberin fehlen, ist erneut zu betonen, dass man das Mittel besser in Absprache mit einem Arzt einnehmen sollte. Generell gilt die Maximaldosis von 1500 Milligram pro Tag über einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten als unbedenklich. Wer jedoch Nebenwirkungen wie Magenschmerzen oder Durchfall bemerkt, sollte die Einnahme aussetzen.
Wie die Verbraucherzentrale erklärt, kann Berberin in hohen Mengen toxisch wirken. Es können dann folgende Symptome auftreten:
- Benommenheit
- Nasenbluten
- Erbrechen
- Durchfall
- Nierenreizung / Nierenentzündung
- Empfindlichkeit gegenüber UVA-Strahlen (Sonnenlicht)
- allergische Reaktionen
Fazit
Wie bei vielen anderen Nahrungsergänzungsmitteln ist auch der Hype um Berberin zumindest aus wissenschaftlicher Sicht nur zum Teil begründet. Ein starker Effekt auf die Gewichtsreduktion konnte an Menschen nicht gezeigt werden. Allerdings gibt es etliche Hinweise darauf, dass es den Cholesterin-, Triglycerid- und Blutzuckerspiegel sowie den Blutdruck senken kann. Und das könne wiederum dazu beitragen, dass das Risiko für eine Herzkreislauf-Erkrankung oder Diabetes sinkt. Somit könnte Berberin indirekt eine lebensverlängernde Wirkung haben, da Herzkreislauf-Erkrankungen als häufigste Todesursache gelten und alleine in Deutschland für 40 Prozent der Todesfälle verantwortlich sind.5 Doch wie Experten betonen, ist das Mittel kein Ersatz für einen gesunden Lebensstil und sollte nicht ohne ärztliche Begleitung genommen werden.
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Quellen
- 1. Verbraucherzentrale: Berberin in Nahrungsergänzungsmitteln
- 2. Memorial Sloan Kettering Cancer Center: Berberin – Informationen für Patienten und Behandelnde
- 3. U.S. National Library of Medicine – MedilnePlus Drugs, Herbs and Supplements: Berberin
- 4. Yueshan H., Erik A. Ehli J. et. al. (2012). Lipid-lowering effect of berberine in human subjects and rats. Phytomedicine.
- 5. Robert Koch-Institut: Herz-Kreislauf-Erkrankungen