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Forscher identifizieren

Diese Behandlung erhöht Überlebenschance bei Darmkrebs um 63 Prozent

Darmkrebs
Forscher in den USA identifizierten eine Behandlungsmöglichkeit, welche die Überlebenschancen für Darmkrebs erhöht Foto: Getty Images/Science Photo Library RF

21. März 2025, 14:57 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Immuntherapien gelten als Hoffnungsträger bei bestimmten Formen von Krebs – doch wie wirksam sind sie im echten Versorgungsalltag bei metastasiertem Darmkrebs? Eine neue US-Studie liefert Antworten anhand von Daten von fast 19.000 Patienten.

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Darmkrebs zählt in Deutschland bei Frauen zu der zweithäufigsten und bei Männern zur dritthäufigsten Krebserkrankung.1 Weltweit diagnostiziert man bei ca. 1,4 Millionen Menschen jährlich Darmkrebs, etwa 700.000 sterben daran.2 Es gilt: Je früher die Krankheit erkannt wird, desto höher sind die Überlebenschancen. Eine Forschergruppe der Cleveland Clinic in den USA fand nun sogar eine weitere Behandlungsmöglichkeit, mit der die Überlebenschance bei Darmkrebs deutlich steigt.

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Immuncheckpoint-Inhibitoren als mögliche Behandlung bei Darmkrebs

Bei 25 Prozent der Darmkrebs-Patienten liegen bei einer Diagnosestellung bereits Metastasen, also bösartige Krebsabsiedlungen, vor. Bei weiteren 25 Prozent tritt eine Metastasierung im späteren Krankheitsverlauf auf.3 Prinzipiell unterscheidet man dabei zwischen dem sogenannten mikrosatelliteninstabilem metastasierendem Darmkrebs (MSI) und dem mikrosatellitenstabilen Darmkrebs (MSS). Der Einfachheit halber und zum besseren Verständnis sprechen wir im Folgendem immer von instabilen oder stabilen Tumoren.

Generell ist mit Mikrosatelliten ein bestimmter DNA-Abschnitt in den Tumoren gemeint, der entweder stabil oder instabil sein kann. Der instabilen Form liegt ein DNA-Reparatur-Defekt zugrunde, der dafür sorgt, dass der DNA-Abschnitt kürzer oder länger als das Normalgewebe ausfällt.4 Gerade bei der instabilen Form sprechen die Patienten nicht auf konventionelle Behandlungen an, weshalb sich die Forscher der vorliegenden Studie genauer ansahen, inwiefern eine Immuntherapie mit sogenannten Immuncheckpoint-Inhibitoren sinnvoll ist. Zur Erklärung: Bei Immuncheckpoint-Inhibitoren handelt es sich um spezielle Antikörper, die das Immunsystem reaktivieren sollen. Das geschieht, indem sie die krebsbedingte Blockierung durch die Aktivierung eines Immun-Checkpoints verhindern. Bei stabilen Tumoren gibt es dagegen keine derartige Veränderung in den DNA-Abschnitten, weshalb man in der Vergangenheit von einer Behandlung mit Immuncheckpoint-Inhibitoren absah, da sie nicht ansprechen könnte.

Die vorliegende Studie hatte daher drei Ziele: Zum einen wollten die Forscher Faktoren identifizieren, die mit dem Einsatz von Immuncheckpoint-Inhibitoren in Verbindung stehen.5 Zum anderen wollten sie den Zusammenhang zwischen einer Immuntherapie und der Überlebenschance genauer verstehen. Das dritte Ziel lag darin, mögliche Subgruppen, die gut auf die Immuncheckpoint-Inhibitoren ansprachen, insbesondere Patienten mit der stabilen Form des Darmkrebses, zu identifizieren.

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Datenanalyse von fast 19.000 Patienten

Die retrospektive Kohortenstudie basierte auf elektronischen Gesundheitsakten aus der Flatiron Health Datenbank. Eingeschlossen wurden insgesamt 18.932 erwachsene Patienten mit metastasiertem kolorektalem Karzinom (Darmkrebs), die zwischen Januar 2013 und Juni 2019 bei mindestens zwei dokumentierten Klinikbesuche waren. Die Nachbeobachtung erfolgte bis Ende 2019.

Neben soziodemografischen Daten prüfte man krebsspezifische Informationen zum Zeitpunkt der Erstdiagnose, wie z. B. die Tumormerkmale, das Krankheitsstadium und den Tumormutationsstatus. Des Weiteren durchsuchte man die Patientenakten nach Angaben zur Behandlung mit Immuncheckpoint-Inhibitoren und Sterbedatum. Als Immuncheckpoint-Inhibitoren-Therapie sah man an, wenn folgende Medikamente eingenommen wurden:

  • Nivolumab
  • Pembrolizumab
  • Atezolizumab
  • Ipilimumab
  • Tremelimumab
  • Durvalumab
  • Avelumab

Höhere Überlebenschance durch Immuntherapie

Von 18.932 Patienten erhielten 566 im Verlauf ihrer Behandlung eine Immuntherapie. Diese wurde deutlich häufiger bei Patienten mit einem instabilen Tumor sowie bei metachroner Metastasierung (Metastasen, die 92 Tage nach der Erstdiagnose auftreten) eingesetzt. Bei Patienten mit erstgenannter Krebsform, die Immuncheckpoint-Inhibitoren als Therapie erhielten, war die Überlebenschance bei Darmkrebs um 63 Prozent höher als bei Patienten mit rein chemotherapeutischer Behandlung. Die Therapiedauer fiel bei den instabilen Tumoren signifikant länger aus.

Eine weitere interessante Erkenntnis: Unter den 235 Patienten mit einem instabilen Tumor, die Immuncheckpoint-Inhibitoren erhielten, zeigten 12,3 Prozent eine dauerhafte Therapieansprache, also eine Behandlungsdauer, die über sechs Monate hinausging. Hohe Albuminwerte im Blut – es handelt sich um eines der wichtigsten Bindungs- und Transportproteine – und gleichzeitige Antibiotikagabe waren sowohl bei Patienten mit stabilem als auch instabilem Darmkrebs mit besseren Überlebenschancen und einer längeren Therapiedauer assoziiert. Bei Tumorpatienten mit der stabilen Variante profitierten insbesondere Frauen und Patienten mit gutem Allgemeinzustand von der Immuntherapie.

Gute Therapiemöglichkeit

Die Studie bestätigt: Immuncheckpoint-Inhibitoren sind auch im Praxisalltag eine effektive Ersttherapie bei Patienten mit instabilen Tumoren. Ihre Wirkung ist in dieser Patientengruppe sowohl in Bezug auf das Überleben als auch die Dauer der Behandlung überlegen gegenüber rein chemotherapeutischen Ansätzen. Bemerkenswert ist jedoch auch die Beobachtung, dass eine kleine, aber relevante Subgruppe von Patienten mit stabilen Tumoren – bislang als nicht ansprechbar auf Immuncheckpoint-Inhibitoren eingestuft – von der Behandlung profitierte. Die positiven Assoziationen zwischen Antibiotikagabe, hohem Albuminwerten und Therapieansprechen könnten auf einen immunmodulatorischen Einfluss des Mikrobioms hindeuten. Damit öffnet die Studie neue Perspektiven für personalisierte Immuntherapieansätze und unterstreicht die Relevanz individueller Biomarker bei der Therapiewahl.

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Einordnung der Studie

Die Untersuchung überzeugt durch ihre große Fallzahl und die Praxisnähe. Insbesondere die Kohorte mit stabilen Tumoren, die eine Immuncheckpoint-Inhibitoren-Therapie erhielten, ermöglichte fundierte Aussagen über diese bislang wenig untersuchte Patientengruppe.

Dennoch bestehen Einschränkungen: Daten zu Tumormutationslast, Genetik oder Begleitoperationen fehlten. Auch mögliche Nebenwirkungen der Immuntherapie konnten nicht systematisch erfasst werden. Zudem kann die Auswertung keine Kausalzusammenhänge herstellen. Interessenkonflikte durch die Nutzung einer kommerziellen Datenbank (Flatiron Health) sind möglich, allerdings war das Unternehmen nicht an der Analyse beteiligt.

Themen Darmkrebs

Quellen

  1. Deutsches Krebsforschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft. Darmkrebs (kolorektales Karzinom). (aufgerufen am 21.03.2025) ↩︎
  2. Medtronic. Darmkrebs. (aufgerufen am 21.03.2025) ↩︎
  3. Van Cutsem E., Cervantes A., Nordlinger B., Arndold D. (2014). Metastatic colorectal cancer: ESMO Clinical Practice Guidelines for diagnosis, treatment and follow-up. Annals of Oncology. ↩︎
  4. Deutsches Krebsforschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft. Was ist Mikrosatelliteninstabilität bei Krebs?. (aufgerufen am 21.03.2025) ↩︎
  5. Bari S., Matejcic M., Kim R.D. (2025). Practice Patterns and Survival Outcomes of Immunotherapy for Metastatic Colorectal Cancer. Immunology. ↩︎
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