15. April 2020, 11:59 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Regelmäßiger Sport kann helfen, einem altersbedingten körperlichen Abbauprozess entgegenzuwirken. Dabei spielen bestimmte Stammzellen eine Rolle. Wissenschaftler haben nun an Mäusen untersucht, wie sich Ausdauersport auf die Reparaturfähigkeit des Muskelgewebes auswirkt.
Mit zunehmendem Alter verschlechtert sich auch die Fähigkeit des Körpers, beschädigtes Gewebe zu reparieren. Eine neue Studie der Stanford School of Medicine in Kalifornien (USA) weist nun darauf hin, dass Ausdauersport diesen Prozess umkehren und sich somit verjüngend auf die Muskelreparatur auswirken kann. Veröffentlicht wurde die Studie am 13. April im Fachjournal „Nature Metabolism“.
Thomas Rando, Professor für Neurologie und Hauptautor der Studie, und sein Forscherteam ließen für die Studie Mäuse unterschiedlichen Alters ausgiebig in Laufrädern rennen. Vor allem bei den älteren Tieren zeigte sich ein Effekt auf die Muskelmasse. „Wir haben festgestellt, dass regelmäßige Bewegung die Jugendlichkeit der Gewebereparatur wiederherstellt. Ihre Muskelstammzellen sehen aus und verhalten sich wie die von viel jüngeren Tieren“, erklärt Rando in einer Mitteilung der Standford School of Medicine.
»Als würde man den Alterungsprozess bei älteren Menschen umdrehen
Übertragen auf den Menschen würde dies bedeuten, dass Joggen, Schwimmen, Radfahren und andere Ausdaueraktivitäten älteren Menschen helfen könnten, sich so schnell und effizient zu erholen, wie es einst ihr jüngeres Ich getan hat. Rando erklärt: „In gewisser Weise ist dies so, als würde man den Alterungsprozess bei einem älteren Menschen umdrehen, der schon an alterstypischen Erkrankungen leidet.“ Möglich wird dies nach Erkenntnis der Forscher durch Ausdauerübungen. Dadurch verhielten sich alte Körperzellen wie junge Zellen und erlangten deren Eigenschaften.
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Stammzellen beeinflussen Muskelreparatur
Embryonale oder pluripotente Stammzellen sind in der Lage, jedes Gewebe im Körper nachzubilden. Für die Studie untersuchten die Forscher jedoch sogenannte Muskelstammzellen, die in ihrem Potenzial eingeschränkt sind. Bis sie aktiviert werden, verharren diese Zellen entlang der Muskelfasern in einer Art Ruhezustand. Erst mit den entsprechenden molekularen Signalen werden sie aktiviert und beginnen mit der Muskelreparatur.
„Von uns durchgeführte Studien und die anderer Wissenschaftler haben gezeigt, dass die Geweberegeneration mit dem Alter abnimmt und dass dies auf eine abnehmende Funktion der adulten Stammzellen zurückzuführen ist“, erklärt Studienleiter Rando weiter. „Viele Forscher suchen nach einem Weg, um die Jugendlichkeit wiederherzustellen.“
Rando weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Sport schon seit Längerem dafür bekannt ist, altersbedingte gesundheitliche Probleme zu verringern, „darunter Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und möglicherweise sogar Alzheimer. Es besteht großes Interesse daran zu verstehen, wie Bewegung diese gesundheitlichen Vorteile bringt.“
Wie gingen die Forscher in der Studie vor?
Das Wissenschaftlerteam um Rando untersuchte, ob und wie ein freiwilliges Training die Funktion von Muskelstammzellen bei Mäusen beeinflusst. Die Tiere wurden dafür in zwei Gruppen aufgeteilt: Die älteren Mäuse der ersten Gruppe waren 20 Monate alt, was einem Alter von 60 bis 70 Jahren bei Menschen entspricht. Der Altersdurchschnitt der Mäuse der zweiten Gruppe lag bei drei bis vier Monaten (entspricht 20 bis 30 Jahre beim Menschen).
Beide Gruppen hatten Zugang zu einem Übungsrad, worauf die Tiere nach Herzenslust rennen durften. Während die älteren Mäuse rund fünf Kilometer pro Nacht zurücklegten, schafften die jungen Tiere im Durchschnitt zehn Kilometer. In zwei weiteren Kontrollgruppen mit jeweils älteren und jüngeren Tieren drehten sich die Räder hingegen nicht.
„Die Tiere trainierten mit der Intensität, bei der sie sich wohl fühlten“, so Rando. Eine nachfolgende Untersuchung zeigte, dass die Muskelstammzellen der trainierenden Mäuse in Ruhelage verblieben und die Tiere als Reaktion auf das Training bislang keine signifikante Anzahl neuer Muskelfasern aufbauten.
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Nach drei Wochen deutlicher Unterschied zwischen den Gruppen
Nach drei Wochen nächtlichen Rennens im Laufrad zeigten sich dann signifikante Unterschiede zwischen den Mäusegruppen. Die untrainierten und kaum aktiven älteren Mäuse der ersten Kontrollgruppen waren weniger in der Lage, Muskelschäden zu reparieren als die jüngere untrainierte Kontrollgruppe. Soweit keine Überraschung – dieses Ergebnis hatten die Forscher in etwa erwartet.
Bei den älteren trainierten Tieren bot sich hingegen ein anderes Bild. Bei den Senior-Mäusen, die regelmäßig nachts aufs Laufrad stiegen, sah die Muskelreparatur deutlich besser aus als bei ihren Altersgenossen, die nicht trainierten. Bei den jüngeren Tieren zeigte sich der Übungsvorteil hingegen nicht.
Die Forscher erhielten zudem ähnliche Ergebnisse, als sie Muskelstammzellen von älteren, trainierten Mäusen in jüngere Tiere transplantierten. Die Stammzellen der trainierenden Tiere trugen demnach mehr zur Regeneration bei als die der nicht aktiven Mäuse.
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Auch über Blut positive Effekte übertragbar
Das Forscherteam um Rando untersuchte weiter, ob sich der Effekt auch über das Injizieren von Blut einstellte. Dazu spritzten sie das Blut von älteren, aber trainierten Mäusen in alte, untrainierte Tiere. Es zeigte sich auch hier eine Verbesserung der Funktion gewebespezifischer Stammzellen.