8. Oktober 2024, 13:11 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Die oft beim Blutdruckmessen eingesetzten automatischen Geräte erledigen den Job weitestgehend selbständig. Und doch kann man bei der Verwendung der Manschetten einiges falsch machen. Dies betrifft offenbar nicht zuletzt die Armhaltung beim Blutdruckmessen. Wie eine aktuelle Studie zeigt, kann eine dabei häufig eingenommene Position drastisch erhöhte Werte hervorbringen – und in der Folge womöglich falsche Bluthochdruck-Diagnosen.
Als Patient muss man beim Blutdruckmessen in einer medizinischen Einrichtung nicht viel mehr tun, als seinen Arm freizumachen. Den Rest erledigt gemeinhin das Fachpersonal. Doch das scheint nicht unbedingt zu bedeuten, dass dabei auch alles korrekt abläuft. Die Wissenschaft überprüft immer wieder die gängigen Methoden beim Blutdruckmessen, mit mitunter überraschenden Ergebnissen. FITBOOK berichtete vor einigen Monaten von einer Untersuchung, der zufolge es falsche Werte hervorbringen kann, wenn Patienten beim Blutdruckmessen aufrecht sitzen. Und ganz aktuell kommt eine Studie bezüglich der Armhaltung zu ähnlichen Erkenntnissen.
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Übersicht
Studie zeigt Bedeutung der Armhaltung beim Blutdruckmessen
Forscher der Johns Hopkins University fanden heraus, dass eine falsche Armhaltung beim Blutdruckmessen zu deutlich erhöhten Blutdruckwerten führen kann.1 Dies galt demnach insbesondere dann, wenn der Arm bei der Untersuchung auf dem Schoß liegt oder frei herunterhängt. Die Ergebnisse unterstreichen demnach die Bedeutung der Einhaltung „klinischer Richtlinien“, betonen die Verantwortlichen in einer Pressemitteilung.2 Die Leitlinien der American Heart Association ebenso wie die der European Society of Hypertension sehen unter anderem vor, den Arm bei der Blutdruckmessung auf einer festen Unterlage zu platzieren.
Details zur Untersuchung
133 Frauen und Männer im Alter zwischen 18 und 80 Jahren haben an der Studie teilgenommen. Sie wurden per Zufallsprinzip auf sechs Gruppen aufgeteilt, die sich dadurch unterschieden, in welcher Reihenfolge die unterschiedlichen Armhaltungen untersucht wurden. Die Messungen erfolgten zu einem Zeitpunkt zwischen 9 und 18 Uhr. Wie dazu in der Pressemitteilung nachzulesen ist, waren die Studienteilnehmer angehalten, vor der Untersuchung ihre Blase zu entleeren. Daraufhin sollten sie sich zwei Minuten lang die Beine vertreten, um ein realistisches Szenario zu imitieren, genauer gesagt einen vergleichbaren körperlichen Zustand wie den von Patienten nach einer Anfahrt zum Arzt oder in ein Krankenhaus. Unmittelbar vor der Messung wurde noch eine fünfminütige Ruhephase eingehalten, was – wie auch die Blasenentleerung sowie das Vermeiden von Koffein und anderen Aufregungen – in den Leitlinien für Blutdruckmessungen empfohlen ist.
Die Forscher nutzten automatische Blutdruckmessgeräte mit jeweils an die Oberarmgrößen der Probanden angepassten Manschetten. Sie nahmen insgesamt drei Messungen im Abstand von 30 Sekunden vor. Das Prozedere wurde im Anschluss zwei weitere Male wiederholt. Vor jeder Messeinheit sollten die Studienteilnehmer noch einmal für zwei Minuten spazieren gehen und sich dann erneut für rund fünf Minuten ausruhen. Während der Messung selbst durften sie nicht mit den Forschern sprechen oder sich mit ihrem Handy beschäftigen.
Deutlich erhöhte Blutdruckwerte bei falscher Armhaltung
Die Auswertung zeigte: Ließen die Probanden bei der Messung ihren Arm auf dem Schoß liegen, trieb das den systolischen Blutdruck – dies ist der Wert, der zeigt, mit welchem Druck das Blut vom Herz in den Körper gepresst wird – signifikant in die Höhe. Konkret überschätzte diese falsche Armhaltung den Wert um 3,9 mmHg. Der diastolische Blutdruck (= der Druck, während das Herz erschlafft) stieg in dieser Position um 4,0 mmHg an. Ein nicht gestützter, zur Seite hängen gelassener Arm ließ den systolischen Blutdruck im Mittel um 6,5 mmHg und den diastolischen um 4,4 mmHg ansteigen.
Würde man es konsequent falsch machen, also beim Blutdruckmessen immer wieder eine inkorrekte Armhaltung einnehmen, könnte das für die Interpretation der Werte schwerwiegende Folgen haben, und somit auch für die Behandlung der Betroffenen. Studienautorin Sherry Liu warnt in der Veröffentlichung vor Verschiebungen auf Werte, die einer Hypertonie zweiten Grades entsprechen, also mittelschwerem Bluthochdruck. Ab diesem Schweregrad gilt eine medikamentöse Behandlung bereits als sinnvoll. Übersetzt könnten falsche Werte eine unnötige Medikamentenvergabe nach sich ziehen, und die gegen Bluthochdruck eingesetzten Arzneien sind nicht frei von Nebenwirkungen.
Ab welchen Werten Bluthochdruck vorliegt:
Systolischer Blutdruck | diastolischer Blutdruck | |
---|---|---|
Optimale Werte | unter 120 mmHg | unter 80 mmHg |
Normalwerte | 120 – 129 mmHg | 80 – 84 mmHg |
Hochnormal | 130 – 139 mmHg | 85 – 89 mmHg |
Hypertonie Grad 1 (leichter Bluthochdruck) | 140 – 159 mmHg | 90 – 99 mmHg |
Hypertonie Grad 2 (mittelschwerer Bluthochdruck) | 160 – 179 mmHg | 100 – 109 mmHg |
Hypertonie Grad 3 (schwerer Bluthochdruck) | über 180 mmHg | über 110 mmHg |
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Bedeutung der Ergebnisse
Die Forscher räumen ein, dass die Ergebnisse womöglich nur für Messungen mit automatischen Geräten gültig sind. Bei den älteren manuellen Messgeräten dagegen, die von Hand aufgepumpt werden – bei den neueren pumpen sich die Manschetten selbsttätig auf – könnte der Fall anders liegen und folglich die Armhaltung weniger von Bedeutung sein. Dennoch mahnt Seniorautorin Tammy Brady, sich an die empfohlene Armhaltung beim Blutdruckmessen zu halten. Dass dies wichtig ist, war im Grunde vorher schon bekannt, nicht jedoch das drastische Ausmaß der möglichen Werteverschiebungen.
Hinsichtlich der Armhaltung beim Blutdruckmessen ist offenbar vor allem zu beachten, dass der Oberarm auf Herzhöhe liegt. Denn nicht bloß kann der Wert, wie die aktuelle Studie ein Mal mehr zeigt, fälschlich hoch erscheinen, wenn er unterhalb dieser Marke positioniert ist. Liegt der Arm darüber, kann der Blutdruck zu niedrig ausfallen. Mehr wichtige Empfehlungen zum Blutdruckmessen zu Hause hat FITBOOK unter Berücksichtigung der offiziellen Leitlinien hier für Sie zusammengetragen.