3. April 2020, 4:31 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Einen Impfstoff gegen das neuartige Coronavirus gibt es noch nicht. Chinesische Forscher haben dafür womöglich einen Weg gefunden, Erkrankte medikamentös zu behandeln: mit Antikörpern aus dem Blutplasma bereits Genesener. Dieser Therapieansatz nennt sich „passive Immunisierung“, und in ersten Versuchen haben die Wissenschaftler aus Peking damit erfolgsversprechende Ergebnisse erzielt. Auch andere Länder (darunter Deutschland!) tüfteln an einer Methode, Covid-19 mit Antikörpern zu heilen. Dabei könnte ein Politiker bald eine entscheidende Rolle spielen…
Coronaviren verwenden ein sogenanntes Spike-Protein, um in die Zellen ihres Wirts einzudringen. Dort vervielfachen sie zahlreich und greifen immer weitere Zellen an. Die Reaktion des Immunsystems: Antikörper gegen den Erreger Sars-CoV-2 produzieren, also eine Art Schutzstoff (ebenfalls aus Proteinen), der das feindliche Spike-Protein des Coronavirus‘ am weiteren Replizieren hindern soll.
Es dauert etwa eine Woche, bis sich im Blutserum Antikörper gebildet haben. Zu dem Zeitpunkt ist die Infektion bereits im vollen Gange. Dafür verbleiben die Antikörper auch nach der Genesung im Blut des einstigen Betroffenen und werden spätestens dann vom Immunsystem eingesetzt, wenn das Virus ein weiteres Mal anzugreifen droht. Aus diesem Grund gelten Corona-Genese vorerst als immun – sie können sich (und andere) also nicht mit dem Virus anstecken.
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Das Prinzip ist der Wissenschaft nicht neu. Ebenso wenig: die Methode, Erkrankten Antikörper aus dem Blutserum von Menschen zu injizieren, welche die entsprechende Krankheit bald oder bereits gänzlich überstanden haben. Diese „passive Impfung“ oder auch „passive Immunisierung“ wird auch im Zusammenhang mit dem Coronavirus diskutiert. Und wie es scheint, könnte sie bald in der Praxis angekommen sein.
Die passive Immunsierung
„Bei einigen Krankheiten besteht die Möglichkeit, durch eine passive Immunisierung einen schnellen Schutz aufzubauen. Dies kann notwendig sein, wenn ein Mensch aktuell mit einem Krankheitserreger in Kontakt gekommen ist und kein ausreichender Impfschutz gegen diese Krankheit besteht. Hierzu muss man allerdings merken, dass man sich angesteckt hat. Bei der passiven Impfung werden Konzentrate von Antikörpern gespritzt, die in der Regel von Menschen stammen, die z. B. durch Impfung gegen die Krankheit immun sind. Im Unterschied zur aktiven Impfung bietet die passive Impfung einen sofortigen Schutz, der jedoch nur für kurze Zeit – ungefähr drei Monate – anhält.“– Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
Passive Immunisierung zur Behandlung von Covid-19
In verschiedenen Teilen der USA sollen zur Behandlung schwer erkrankter Patienten bald Antikörper zum Einsatz kommen, und zwar in einer von der FDA (= Lebensmittelüberwachungs- und Arzneimittelbehörde der Vereinigten Staaten) empfohlenen Weise. Über die „passive Impfung“ beim Coronavirus berichtet etwa der „Verband Forschender Arzneimittelhersteller“ (VFA). Wie es dort weiter heißt, sollen in bspw. Japan und Spanien Unternehmen bereits an der Herstellung von Medikamenten für Infusionen arbeiten, welche Antikörper enthalten sollen.
Chinesen mit Antikörper-Transfusionen geheilt
Chinesische Forscher könnten dafür in einer Mini-Studie die Weichen gelegt haben. Das beteiligte Team um Zhang Linqi von der Pekinger Tsinghua-Universität will Antikörper aus dem Blut genesener Patienten identifiziert und isoliert haben, welche das neuartige Coronavirus „äußerst wirksam“ am Eindringen in die Zellen hindern können soll. Daraus könnte sich womöglich ein Medikament zur Behandlung von Covid-19 herstellen lassen. Den Praxistest haben sie mit Spenderblut-Transfusionen unternommen, welche Antikörper aus dem Plasma einst Erkrankter enthielten.
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So lief die Studie ab
Fünf schwer an Covid-19 erkrankte Personen aus Shenzhen (drei Männer und zwei Frauen, Alter 36 bis 65) hatten an dem Versuch teilgenommen. Sie alle waren im Vorfeld bereits medikamentös behandelt und beatmet worden, ohne dass ihr Zustand sich verbesserte. Erst nachdem die Forscher ihnen per Transfusion Spenderblut (bzw. Plasma daraus) von Genesen verabreicht hatten, sollen ihre Krankheitsanzeichen deutlich zurückgegangen sein.
Alle Details zur Untersuchung sind aktuell im Fachjournal „JAMA“ nachzulesen. Dort ist dokumentiert, dass sich die Körpertemperatur der Probanden innerhalb von drei bis fünf Tagen normalisiert und auch die Lungenfunktion deutlich verbessert habe. Zudem sei die Virenlast schnell zurückgegangen – einer der Patienten sei schon nach einem Tag, und alle anderen spätestens nach 12 Tagen gänzlich virenfrei gewesen.
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Die Studie ist klein, macht aber Hoffnung
Mit fünf Probanden ist die Studie für wissenschaftliche Aussagekraft zu klein. Zudem fehlt eine Vergleichsgruppe mit ebenfalls schwer Covid-19-Erkrankten, um dem vermeintlichen Therapieerfolg einem -verlauf ohne Bluttransfusionen gegenüberstellen zu können.
Was die Forscher jedoch bestätigt: die gemessene Antikörper-Konzentration im Blut der Probanden, nachdem sie die Transfusionen bekommen hatten. Diese war offenbar ausreichend, um das Coronavirus zu verdrängen.
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Passive Impfung gegen das Coronavirus auch in Deutschland?
Auch in Deutschland forschen Wissenschaftler an wirksamen Methoden zum Einsatz von Antikörpern bereits Genesener. Diesem Zweck will womöglich Friedrich Merz seine (hoffentlich bald überstandene) Covid-19-Erkrankung nutzbar machen.
Der CDU-Politiker hatte sich Mitte des Monats März mit dem Coronavirus infiziert. Wie er über Twitter verkündete, werde er sich „mit den Medizinern des Universitätsklinikums Münster in Verbindung setzen“, sobald er gänzlich symptomfrei ist.