30. März 2022, 4:39 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Antibiotika können bei akuten Erkrankungen helfen, langfristig aber auch den gegenteiligen Effekt haben – und die Gesundheit angreifen. Sogar das Gehirn kann durch die Einnahme der Medikamente in Mitleidenschaft gezogen werden, wie eine neue Studie offenbart.
Erst vor Kurzem lieferte eine schwedische Untersuchung einen Beleg dafür, dass Antibiotika auf Dauer die Darmflora angreifen. Nun liefert eine Studie der Harvard Medical School in Massachusetts ein alarmierendes Ergebnis: Antibiotika können dem Gehirn schaden.
Übersicht
Darm-Gehirn-Verbindung
Studien konnten bereits belegen, dass es einen Zusammenhang zwischen Darmgesundheit und neurologischen Erkrankungen – darunter auch Demenz – gibt.1 Und wie eingangs erwähnt, zeigten Wissenschaftler auch schon den negativen Einfluss von Antibiotika auf den Darm auf.2 Im nächsten Schritt wollten US-Forscher nun herausfinden, ob sich die Medikamente auch auf das Gehirn auswirken.
Dafür führten die Wissenschaftler der Harvard Medical School in Massachusetts eine Kohortenstudie mit 14.542 Teilnehmerinnen der „Nurses‘ Health Study II“ durch. Die Frauen (Durchschnittsalter 54,7 Jahre) hatten im Rahmen der Gesundheitsstudie Fragen zu ihrem Lebensstil beantwortet – darunter auch Fragen zur möglichen Einnahme von Medikamenten. Sieben Jahre nach Erfassen ihrer Daten durchliefen sie zudem eine Reihe neurologischer Tests, um die Leistung ihres Gehirns zu prüfen.
Anhand dieser Daten analysierten die US-Forscher nun, ob chronischer Antibiotika-Gebrauch in der Lebensmitte mit kognitiven Beeinträchtigungen im späteren Leben verbunden ist.
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Wie sich Antibiotika auf kognitive Funktionen auswirken
Die Erkenntnis der Studie: Frauen mittleren Alters, die über einen Zeitraum von zwei Monaten oder länger Antibiotika genommen hatten, zeigten in den Tests schlechtere kognitive Ergebnisse als Frauen, die keine Antibiotika-Einnahme berichtet hatten. Beeinträchtigt waren die globale Kognition, das Lernen und das Arbeitsgedächtnis sowie die psychomotorische Geschwindigkeit und die Aufmerksamkeit. Die Verminderung der Gehirnleistung war gleichzusetzen mit dem, was bei einem normalen Alterungsprozess über drei bis vier Jahre hinweg beobachtet werden kann.3
Diese Ergebnisse blieben auch nach Berücksichtigung von Vorerkrankungen signifikant. Im Übrigen hatten die untersuchten Frauen die Antibiotika aus ganz unterschiedlichen Gründen eingenommen: von Atemwegserkrankungen, über Zahnbeschwerden, bis hin zu Akne.
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Einordnung der Studie
Die Studie kann zwar eine Verbindung zwischen Antibiotika und der Beeinträchtigung des Gehirns aufzeigen. Einen kausalen Zusammenhang belegt sie dagegen nicht. Ihre Ergebnisse geben jedoch Anlass für weitere Forschung, die dann idealerweise auch zwischen verschiedenen Arten von Antibiotika unterscheidet.
Schwedische Studie Wer über mehrere Monate Antibiotika einnimmt, erhöht sein Darmkrebsrisiko deutlich
Studie Forscher identifizieren Faktor, der genetischem Risiko für Alzheimer entgegenwirkt
Laut Studie Was die Häufigkeit des Stuhlgangs mit der Gehirngesundheit zu tun hat
Quellen
- 1. Polster, S.P., Sharma, A., Tanes, C. et al. (2020). Permissive microbiome characterizes human subjects with a neurovascular disease cavernous angioma. Nature.
- 2. Harlind, S., Moon Lu, S.S., Mohammed, Z. et al. (2021). Antibiotics Use and Subsequent Risk of Colorectal Cancer: A Swedish Nationwide Population-Based Study. Journal of the National Cancer Insitute.
- 3. Mehta, R.S., Lochhead, P., Wang, Y. et al. (2022). Association of midlife antibiotic use with subsequent cognitive function in women. PLOS One.