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Dr. Anne Heinz appelliert: „Kieferorthopädische Behandlungen nur von Profis machen lassen!“

22. Oktober 2024, 16:11 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Nicht wenige von uns haben in der Jugend unzählige Termine beim Kieferorthopäden wahrgenommen und jahrelang Zahnspangen getragen. Auch immer mehr Erwachsene entscheiden sich für eine Zahnkorrektur. Doch geht es bei der Kieferorthopädie um viel mehr als um ein gut aussehendes Gebiss. Warum der Gang zum Kieferorthopäden häufig aus gesundheitlichen Gründen zu empfehlen ist, worauf man achten sollte und warum dringend von günstigen Angeboten aus dem Internet abzuraten ist, erklärt uns „FITBOOK Experts“-Protagonistin Dr. Anne Heinz.

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Bei dem Begriff Kieferorthopädie denkt man vor allem an eins: Zahnspangen. Tatsächlich geht es vielfach auch genau darum – um die Korrektur einer Fehlstellung mithilfe einer Zahnspange. Doch bis die Behandlung erfolgen kann, bedarf es einer Reihe von Schritten, die, so betont Dr. Anne Heinz im FITBOOK-Interview, unbedingt ein Fachzahnarzt vornehmen sollte. Außerdem verriet sie uns das typische Alter, in dem der erste Gang zum Kieferorthopäden notwendig wird – sowie mögliche Risikofaktoren, die bereits im Kleinkindalter auftreten und die Entwicklung von Fehlstellungen begünstigen können.

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»Der erste Besuch beim Kieferorthopäden findet meistens im Alter von 12 Jahren statt

FITBOOK: Wann wird es Zeit für einen Besuch beim Kieferorthopäden?
Dr. Anne Heinz: „Im Idealfall besucht man den Kieferorthopäden das erste Mal, wenn der Zahnarzt irgendeine Unregelmäßigkeit im Gebiss findet. In den meisten Fällen findet das so im Alter von zwölf Jahren statt. Aber es gibt auch Extremfälle, da können Kinder schon mit fünf oder sechs Jahren zum Kieferorthopäden gehen.“

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Bestimmte Kleinkindernahrung kann Kieferfehlstellungen begünstigen

Was sind Gründe für Kieferfehlstellungen und wie können Eltern vorbeugen?
„Man erforscht schon recht lange, woran es liegt, dass bestimmte Kieferfehlstellungen entstehen. Und wir wissen heute, dass die Genetik eine Rolle spielt, aber auch unsere Lebensart. Also was essen wir, z. B. Brei? Bekommt ein Kind in sehr jungen Alter viel Brei, wird der Kiefer oft nicht funktionell ausreichend belastet. Dadurch können Platzmängel im bleibenden Gebiss entstehen – oder auch schon im Milchgebiss. Auch bestimmte Gewohnheiten, wie z. B. Daumenlutschen, führen dazu, dass der Kiefer sich nicht positiv verändert. Ebenso ein Faktor: der Gebrauch eines Schnullers und ich weiß, damit breche ich jetzt viele Herzen. Aber gerade beim Nuckie sollte man versuchen, wenn es möglich ist, so früh wie möglich abzugewöhnen. Es gibt auch bestimmte Schnullerformen, die eher positiv zu bewerten sind, wenn es um das Kieferwachstum geht, beispielsweise besonders flache Schnuller. Die finden wir viel besser als diese runden Kirschsauger zum Beispiel.“

»Fehlbiss-Situationen machen eine kieferorthopädische Behandlung notwendig

Wie sinnvoll sind Zahnspangen bei Kindern und Jugendlichen?
„Ich glaube, dass das ästhetische Bewusstsein für die Zähne in den letzten Jahren wahnsinnig zugenommen hat. Und deshalb muss natürlich auch jeder für sich selbst entscheiden: Wie wichtig sind mir gerade Zähne? Und gehe ich deshalb diesen Weg einer Behandlung, einer kieferorthopädischen Behandlung? In vielen Fällen muss man aber sagen, dass eine medizinische Indikation durchaus vorhanden ist. Denn wenn wir Fehlbiss-Situation haben, wirkt sich das in sehr vielen Fällen negativ auf unser Kiefergelenk und auf die umliegende Muskulatur aus.“

Wann ist es zu spät für eine Zahnspange?
„Es ist eigentlich nie zu spät für eine Zahnspange, solange wir einen gesunden Kieferknochen haben und ein gesundes Zahnfleisch. Denn in vielen Fällen profitieren wir auch über das 30. Lebensjahr hinaus davon, dass unsere Zähne und unser gesamtes Gebiss noch mal gerade gerichtet werden.“

»Bei der Kieferorthopädie nur Fachärzten vertrauen!

Wie läuft eine kieferorthopädische Behandlung ab?
„Bei der Kiefer orthopädischen Behandlung ist es ganz besonders wichtig, dass wirklich ein Fachzahnarzt oder jemand, der eine fundierte Ausbildung in der Kieferorthopädie hat, die Diagnostik übernimmt. Da beginnt es immer mit der Anamnese: Gibt es bestimmte Erkrankungen? Rachitis zum Beispiel? Das hat eine Auswirkung auf die Behandlungsplanung. Dann werden Röntgenbilder erstellt, dann werden Modelle hergestellt von den Zähnen, entweder durch einen Abdruck oder einen Scan. Es werden Fotos gemacht vom Mund, innen und außen, also auch vom gesamten Gesicht. Und man macht einmal die jetzige Situation des Zusammenbeißens und auch noch mal die Situation, wie es idealerweise sein soll, wenn man zusammenbeißt. Das alles übernehmen Fachzahnärzte und wirklich Profis in ihrem Bereich. Sie setzen sich dann an den PC, werten das alles aus und planen die Behandlung. Das heißt, man plant von Anfang an die nächsten zwei Jahre Therapie und dann schickt man, wenn man z. B. gesetzlich versichert ist, diese Planung an die Krankenkasse, die genehmigt das dann oder hat vielleicht noch Rückfragen. Und dann beginnt man eigentlich schon mit der Herstellung im Labor einer lockeren Zahnspange. Oder man klebt eine feste Zahnspange in den Mund.“

Kostenbeteiligung durch Krankenkassen

Beteiligen sich die Krankenkassen an den Kosten einer kieferorthopädischen Behandlung?
„Es gibt bestimmte viele Fehlbiss-Situationen, bei denen die Krankenkasse sich zum großen Teil an den Kosten beteiligt, sie sogar komplett übernimmt. Je nachdem wie komfortabel man dann diese Behandlung haben möchte, kann jeder Patient für sich selbst entscheiden, ob er noch eine Zuzahlung leistet. Besondere Brackets, das sind die Knöpfe, die man auf die Zähne klebt, besondere Bögen, die besonders weich sind – all das sind Leistungen, die man selbst noch zusätzlich einkaufen kann, aber nicht muss.“

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Lieber teurer und qualitativ

Was taugen Zahnschienen aus dem Internet?
„Ich wurde mal eingeladen von einer Firma, die online wirklich einen wahnsinnig professionellen Marketing-Auftritt hat, wirklich auch eine tolle Art und Weise, Neukunden zu gewinnen. Das muss man sagen. Und auch der Service war spitzenmäßig. Aber die Qualität der Behandlung war unterirdisch, das muss man auch ganz klar sagen. Und deswegen möchte ich betonen, wie wichtig es ist, dass da wirklich Profis dran sitzen. Denn in den letzten Jahren gibt es immer mehr Firmen, die kieferorthopädische Behandlungen zu sehr günstigen Preisen verkaufen. Davon muss man wirklich ganz dringend abraten, weil oft keine Fachzahnärzte dahinter sitzen. Wenn es um mein Kind gehen würde oder auch um meine Mama, dann würde ich immer empfehlen, den Gang zum Fachzahnarzt in Kauf zu nehmen, auch wenn es mit höheren Kosten verbunden ist.“

Darauf kommt es bei der kieferorthopädischen Behandlung von Kindern an

Gibt es Unterschiede zwischen Erwachsenen und Kindern bei der kieferorthopädischen Behandlung?
„Die Behandlung in ihren Grundprinzipien eines Erwachsenen und eines Kindes sind komplett identisch. Denn wir behandeln immer das Gebiss, wir behandeln immer den gesamten Menschen. Ich glaube, dass man bei Kindern aber in vielen Fällen doch vielleicht genauer erklären muss, was da passiert und dass man die Kinder auch mehr animieren muss zur Mitarbeit. Denn die Erwachsenen, die sich im Erwachsenenalter noch für die Kieferorthopädie behandeln, die machen auf alle Fälle mit. Die wollen ja, dass die Zähne gerade werden. Bei Kindern ist es oft so, dass sie sich nicht so sicher sind, ob sie so richtig Lust auf die Zahnspange haben. Das heißt, die Mitarbeit ist der entscheidende Punkt bei der Kieferorthopädie.“

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Weisheitszähne entfernen oder stehen lassen?

Sollte man Weisheitszähne stehen lassen?
„Der Großteil der Menschen hat ja ein eigenes Ersatzteillager, wenn es um Zähne geht. Das sind die sogenannten Weisheitszähne. Oftmals brechen die im Alter zwischen 16 und 18 durch. Wir wissen heute, dass die uns ziemlich oft Probleme machen, denn teilweise können wir sie nicht richtig sauber machen, weil der Platz im Kiefer fehlt. Und genau dann ist das auch eine smarte Entscheidung, die zu entfernen. Aber in manchen Fällen, und das ist gar nicht so selten, entscheiden wir uns auch dafür, diese Zähne zu behalten. Denn wie schon gesagt, sie können auch ein sehr gutes Ersatzteillager für die anderen Zähne sein.“

FITBOOK Experts ist unsere neue Videoreihe, in der Experten aus Medizin, Wissenschaft, Ernährung und Sport Fragen beantworten und nützliche Tipps geben.

Protagonistin unserer ersten Staffel ist Kinderzahnärztin Dr. Anne Heinz. In der kommenden Wochen erwartet Sie eine weitere „FITBOOK Experts“-Folge – zu dem spannenden Zahngesundheitsthema Zahnbleaching

Themen Zahngesundheit
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