16. Januar 2025, 12:31 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Laut einer Analyse des Barmer Instituts für Gesundheitssystemforschung (bifg) sind rund 1,4 Menschen in Deutschland aufgrund von Alkoholsucht in medizinischer Behandlung. Die Zahl der tatsächlich Betroffenen dürfte deutlich höher liegen. Schließlich sind in den verwendeten Daten Erkrankte, die keine Therapie erhalten, nicht erfasst. FITBOOK geht genauer auf die Einzelheiten der Auswertung ein.
Das Barmer Institut für Gesundheitssystemforschung (bifg) ist eine wissenschaftliche Einrichtung der gleichnamigen Krankenkasse. Sie veröffentlicht regelmäßig Ergebnisse zu Untersuchungen verschiedener Gesundheitsaspekte in Deutschland, darunter auch das Vorkommen von Alkoholsucht. „Es ist an der Zeit, das Thema stärker in den Fokus der Gesundheitsvorsorge zu rücken und die gesellschaftliche Verharmlosung von Alkohol hierzulande kritisch zu hinterfragen.“ Das sagt bezüglich der jüngsten Datenanalyse der Barmer-Vorstandsvorsitzende Prof. Dr. med. Christoph Straub in einer aktuellen Pressemitteilung.1 Die ermittelten Zahlen scheinen ihm Recht zu geben.
Jetzt dem FITBOOK-Kanal bei Whatsapp folgen!
Übersicht
1,4 Millionen Deutsche wegen Alkoholsucht in Behandlung
Die Untersuchungen des bifg – so auch die aktuelle zur Alkoholsucht in Deutschland – basieren auf Daten von Versicherten bei der Barmer. Für repräsentative Werte werden sie auf die Gesamtbevölkerung hochgerechnet. Dennoch sind nur in medizinischer Behandlung befindliche Personen erfasst. „Die tatsächliche Zahl der Betroffenen wird wesentlich höher liegen“, betont Prof. Straub.
Auch interessant: Wie Angehörige ein Alkoholproblem richtig ansprechen
Für das Jahr 2023* kam die Analyse auf etwa 418.000 bestätigt alkoholabhängige Frauen und 1.013.000 Männer. Menschen im Alter zwischen 55 und 64 Jahren waren dabei den Daten zufolge besonders stark betroffen. Dies veranschaulicht eine von der bifg zur Verfügung gestellte Grafik.
Vor allem der Norden Deutschlands von Alkoholsucht betroffen
Es scheint große regionale Unterschiede hinsichtlich der Verteilung von Alkoholsucht in Deutschland zu geben. „In Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen etwa liegt der Anteil alkoholkranker Menschen über ein Drittel höher als im Bundesschnitt“, steht dazu in der Mitteilung. Dieser betrage etwa 1,7 Prozent. Die Bundesländer Hessen und Baden-Württemberg verzeichnen mit rund 1,5 Prozent eine niedrigere Rate, sie sind somit im Vergleich zum Rest von Deutschland am wenigsten von Alkoholsucht betroffen. Die Experten des bifg vermuten, dass soziale und demografische Faktoren für die Prävalenz eine Rolle spielen.
Die Gesamtzahl für das Jahr 2023 lag leicht unterhalb des Werts im Vorjahr (hier die Analyse von 2024), damals waren es rund 1,5 Millionen. Sie ist aber weiterhin alarmierend.
Alkoholsucht hat viele Facetten
„Der Pfad vom Feierabendbier in die Abhängigkeit kann kürzer sein, als sich viele Menschen eingestehen wollen“, schreibt Barmer. Um ein Bewusstsein für das Problem zu schaffen, sind auf der Website nähere Informationen zu den verschiedenen Arten von Trinkverhalten zu finden. Wissenschaftler versuchen, Auffälligkeiten in Typologien zu kategorisieren, was einerseits der zielgerichteten Behandlung dienen und andererseits potenziell Betroffenen dabei helfen kann, die eigene Situation zu bewerten. Nutzer haben beim Online-Auftritt der Krankenkasse weiterhin die Möglichkeit, einen Selbsttest durchzuführen, um ihr Konsumrisiko beurteilen zu können.
Inspirierendes Video Anthony Hopkins seit 45 Jahren trocken – wie er gegen die Alkoholsucht kämpft
Gesetzlich Versicherte Diese Krankenkassen planen, 2024 den Beitrag nicht anheben zu wollen
Studie zeigt Schon geringe Menge Alkohol soll das Demenz-Risiko erhöhen können
Wann man spätestens handeln sollte
Zusammenfassend sollte man sich laut der Barmer spätestens dann professionelle Hilfe suchen, wenn mindestens drei der folgenden Kriterien auf einen zutreffen:
- starkes Verlangen nach Alkohol
- steigender Konsum
- Entzugserscheinungen, wenn man nicht trinkt
- Fortsetzen des Konsums trotz merklicher Auswirkungen auf das Privat- oder Berufsleben
- Verlust von Interessen, Missachtung von Pflichten
- Unfähigkeit, das eigene Trinkverhalten zu kontrollieren
Weitere erste Anzeichen für eine mögliche Alkoholsucht hat FITBOOK hier für Sie gesammelt. Doch selbst wenn Sie sich darin nicht direkt wiedererkennen: Auch der subjektive Eindruck, ein Problem zu haben, ist ein wichtiges Signal. Um Hilfe zu erhalten, wenden Sie sich bitte in erster Instanz an Ihren Hausarzt.
* Die Barmer-Auswertungen zum deutschen Konsumverhalten erscheinen aufgrund des Zeitaufwands für die Datenerhebung, -aufbereitung und -analyse mit einer gewissen Verzögerung. So wurden auch die Werte für das Jahr 2022 erst Anfang 2024 veröffentlicht.