6. Mai 2020, 15:30 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Übermäßiger Alkoholkonsum kann verschiedene negative Entwicklungen im Körper fördern – so viel ist bekannt. In moderaten Mengen jedoch soll er sich positiv auf die Gesundheit auswirken können. Das erklären aktuell Forscher der Uni Erlangen unter Berufung auf eine aktuelle Studie. Was genau Alkohol ausrichten bzw. verhindern können soll und wie, lesen Sie bei uns.
Die Arbeit wurde nicht etwa vom Winzerverband gefördert. Und doch bescheinigen die Erkenntnisse aus der Studie, die in einer Pressemitteilung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) mit dem Titel „Riesling für das Immunsystem?“ eingeleitet werden, dem moderaten Konsum von Alkohol einige gesundheitsförderliche Effekte.
Alkohol soll Autoimmunkrankheiten verhindern können
Konkret vermöge Alkohol überschießende Immunreaktionen zu hemmen, die zur Entstehung von Autoimmunkrankheiten führen können. Kurz zur Erklärung: Bei einer Autoimmunerkrankung (wie bspw. Hashimoto-Thyreoiditis oder Psoriasis) wenden sich Antikörper gegen körpereigene Zellen – manchmal bis zur vollständigen Zerstörung von Gewebe und Organen.
Wie es in der Erklärung heißt, wirke Alkohol nicht generell immunsuppressiv (= das gesamte körpereigene Abwehrsystem unterdrückend), sondern ganz spezifisch gegen die sogenannten follikulären T-Helferzellen. Dabei handelt es sich um spezielle Immunzellen innerhalb der Lymphknoten und in entzündlichem Gewebe, welche die krankheitstypischen Autoimmunreaktionen – sprich Schübe – auslösen. Offenbar reagieren follikuläre T-Helferzellen empfindlich auf Acetat, das Abbauprodukt von Alkohol. Ihre Funktion werde somit gehemmt und dadurch auch die Entstehung von Autoimmunkrankheiten wie insbesondere Multiple Sklerose und Gelenkrheuma.
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Hinweise auf gesundheitsförderlichen Effekt gibt es schon länger
Die beteiligten Forscher sind Teil des Deutschen Zentrums Immuntherapie (DZI) am FAU-Universitätsklinikum. Ihre Untersuchung (vollständig nachzulesen im Fachjournal „Nature“) ergänze „zahlreiche Hinweise“ darauf, dass Alkohol ein funktionell eingeschränktes Immunsystem günstig beeinflussen kann. Es werden etwa Beobachtungen aus dem Jahr 1995 von Patienten angeführt, die nach einer Lebertransplantation jeweils moderate Mengen von Alkohol konsumierten oder gänzlich abstinent blieben. Bei Ersteren sei die Gefahr auf eine Abstoßung des eingesetzten Organs deutlich geringer gewesen.
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Viel hilft nicht viel
Trotz der dokumentierten positiven Eigenschaften weisen die Studienautoren darauf hin, dass die negativen Effekte übermäßigen Alkoholkonsums auch im Lichte dieser Daten immer bedacht werden sollten. Ab welcher Menge eine Alkoholzufuhr „übermäßig“ wäre, wird in der Studie nicht genauer definiert. Immerhin: „Ein Achtelliter Wein oder ein Viertelliter Bier pro Tag sind in der Regel unbedenklich“, erklärt auf FITBOOK-Nachfrage Prof. Georg Schett, Klinikdirektor der zuständigen Abteilung an der FAU.
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FITBOOK berichtete erst bereits über eine Studie Universität von Cambridge und der britischen Herzstiftung. Auch hier konnten positive Effekte durch Alkohol belegt werden, genauer gesagt, dass „der gemäßigte Konsum dabei helfen kann, länger zu leben und das Risiko auf verschiedene Herz-Kreislauf-Konditionen verringern“. So hieß es im Medizinblatt „The Lancet“.
Allerdings beziehen sich die Briten mit 14 Einheiten pro Woche auf relativ strenge Höchstwerte. Zur Einordnung: Eine Einheit entspricht etwa 91 ml Wein (mit 11 Prozent Alkoholgehalt) oder 200 Millilitern Bier. Durch Überschreiten dieser Obergrenze könne Alkohol die Gefahr auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen und die Lebenszeit teilweise deutlich verkürzen.