11. April 2019, 18:03 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Bei Müdigkeit schwören Sie auf Traubenzucker? Und bei Jobfrust oder Liebeskummer hilft Ihnen Schokolade? Das ist womöglich nur Einbildung. Eine aktuelle Studie widerlegt den Mythos vom Wachmacher und Stimmungsheber Zucker – und attestiert ihm sogar einen gegenteiligen Effekt.
Kinder sollen abends nichts Süßes essen und keine Limonade trinken, weil das „aufputschen“ soll – diese Ansicht hält sich schon lange und hartnäckig. Gleichzeitig schreiben Erwachsene Zucker „therapeutische“ Kräfte zu, die er offenbar gar nicht hat! Ein Team internationaler Forscher (u.a. aus Deutschland und Großbritannien) behauptet nämlich in einer aktuellen Meta-Studie, dass Zucker WEDER wach machen NOCH die Stimmung heben kann. Und sie gehen sogar noch einen Schritt weiter.
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„Falls er überhaupt etwas bewirkt, lässt Zucker Sie womöglich schlechter fühlen.“ Das sagt dazu Dr. Konstantinos Mantantzis von der Humboldt-Universität zu Berlin in einer Pressemitteilung der an der Untersuchung beteiligten Universität Warwick.
Zucker soll KEINEN Einfluss auf die Stimmung haben
Die Wissenschaftler haben rund 31 bestehende Studien unter die Lupe genommen, bei denen Probanden Zucker verabreicht bekommen hatten und die Reaktionen darauf untersucht worden waren. Dabei soll sich gezeigt haben, dass Kohlenhydrate aus Zucker die Stimmung in keiner Weise beeinflusst haben – egal, in welcher Situation und wie viel davon zu sich genommen wurde.
Er macht nicht wach – sondern müde?!
Tatsächlich soll Zucker nicht bloß nicht wach, sondern sogar müde machen, etwa eine halbe Stunde nach der Aufnahme. Weitere 30 Minuten später soll die Aufmerksamkeit deutlich herabgesunken sein. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal „Neuroscience & Biobehavioral Reviews“ veröffentlicht.
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Selbst Kinder bekommen keinen „Zuckerrausch“
Ob Kinder in diesem Zusammenhang anders ticken, da sie noch in der Entwicklung sind? Offenbar nein. Es hat schon in der Vergangenheit Untersuchungen gegeben, die sich mit etwaigen Prozessen im Körper von Kindern nach Zuckerkonsum beschäftigt haben. Eine davon veröffentlichte ein US-Forscherteam aus Oklahoma, Washington und San Diego im „Journal of the American Medical Association (JAMA)“. Jene Untersuchung legt nahe, „dass Zucker weder das Verhalten noch die kognitive Leistungsfähigkeit von Kindern beeinflusst“. Dennoch sei ein gewisser Effekt nicht von der Hand zu weisen. Den jedoch erklärten die Forscher damals mit der festen Erwartungshaltung der Eltern, dass Kinder durch Zucker aufgekratzt sein müssten, und einer entsprechenden Assoziation.
Die Gefahren von Zucker
In großen Mengen – und insbesondere in Kombination mit Bewegungsmangel – soll Zuckerkonsum die Ursache verschiedener Krankheiten und chronischer Entzündungen sein können. Nicht zuletzt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt daher, täglich maximal 25 Gramm Zucker zu sich zu nehmen. Zur Orientierung: Mit einer Standarddose Cola (0,33 Liter) und seinen 36,3 Gramm Zucker hat man diese Menge bereits deutlich überschritten.
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Umso mehr wollen die Forscher vor den Mythen warnen, die dem Zucker offenbar fälschlicherweise anhaften und dadurch (immer noch) eine Rechtfertigung zum Konsum darstellen.
„Der Vormarsch von Fettleibigkeit, Diabetes und metabolischem Syndrom (= krankhafte Verbindung aus hohem Blutdruck, erhöhtem Blutzucker und ungesunden Fettstoffwechselwerten, Anmerkung der Redaktion) in den vergangenen Jahren unterstreicht die Wichtigkeit neuer evidenzbasierter Ernährungsstrategien“, sagt dazu Dr. Sandra Sünram-Le von der Universität Lancester. Die Untersuchung beweise, dass zuckerhaltige Getränke und Snacks in Wahrheit KEINE „Kraftstoff-Nachfüller“ sind. Wenn dieser Vorwand wegfalle, viel Zucker zu konsumieren, würden künftig womöglich vernünftigere Ernährungsentscheidungen getroffen.