19. Juni 2018, 11:43 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten
Thomas Grömer hat schon länger eine Mission: Matcha-Tee in Deutschland populär machen. Aber nicht irgendeinen – und vor allem nicht den, den man in Drogeriemärkten billig erstehen kann. Thomas Grömer verkauft seinen eigenen Matcha. Der ist vielleicht kein Schnäppchen, aber dafür the „real deal“, wie er betont. Und Thomas Grömer sollte wissen, wovon er spricht, hat er doch in Japan Tea Science studiert und ist so zu dem Spitznamen „Teepapst“ gekommen. Mit Seiner Matcha-Majestät hat FITBOOK ein angenehm aufputschendes Interview geführt.
Als Thomas Grömer mit 18 Jahren zum ersten Mal nach Japan kam, konnte er seinen Augen nicht trauen. An schier jeder Ecke wurde ihm ein köstlicher Tee eingeschenkt: Seine Liebe für Grüntee war geboren. Auf den Rückflug nach Europa folgte die Ernüchterung. Nicht nur, dass die Grüntee-Auswahl in seiner Heimat Österreich überschaubar war, auch die Qualität – die er in Japan kennen- und lieben gelernt hatte – ließ so einiges zu wünschen übrig. Als er wenige Jahre später Wirtschaft und Japanologie studierte, stellte er sich die Frage, wieso es im deutschsprachigen Raum eigentlich keinen Markt für hochwertigen Grüntee gibt. Auf die Antwort kam er selbst: Weil hier keiner etwas davon weiß.
So erkennen Sie echten Matcha:
Doch Zeiten ändern sich, und mittlerweile haben Verbraucher eher Schwierigkeiten, die Matcha-Spreu vom Grüntee-Weizen zu trennen. Was uns unweigerlich zu der wohl wichtigsten Frage bringt: Wie erkenne ich als Verbraucher echten Matcha (schließlich ist das Original namensrechtlich nicht geschützt)? Glücklicherweise gibt es zwei verlässliche Indikatoren, um den echten Stoff von Imitaten zu unterscheiden. Angefangen mit seiner Herkunft.
Matcha kommt aus Japan
Auf vielen Etiketten liest man mittlerweile „Made in Vietnam“ oder „Made in China“. Klar, Tee kommt ursprünglich aus China und auch die Zubereitungsart des Matcha wurde höchstwahrscheinlich im Reich der Mitte entwickelt. Doch während die Matcha-Tradition in China schon vor vielen Jahrhunderten in Vergessenheit geriet, entwickelte sie sich in Japan im 16. Jahrhundert zur vollen Blüte und ist dort seitdem nicht mehr wegzudenken. Darum ist sich Grömer sicher: Bei Angeboten aus anderen asiatischen Ländern handelt es sich vielleicht um zermahlenen Grüntee, aber noch lange nicht um echten Matcha.
Unser Teeexperte geht übrigens auf Nummer sicher und fliegt jedes Jahr zur Erntezeit nach Japan, um die besten Teepflanzen für seinen Matcha auszuwählen. Dabei greift er auf ein Netzwerk an Teebauern zurück, die er während seines Tea Science-Studiums in Japan kennengelernt hat. Und weil er fließend Japanisch spricht, kann er mit den Teebauern auf Augenhöhe verhandeln und sicherstellen, dass sie das nötige Fachwissen für seine Qualitätsansprüche mitbringen.
„Weißwein und Champagner sind beides Weißweine, aber nur einer von beiden ist Champagner.“ (Thomas Grömer)
Ein weiterer Indikator sollte nicht allzu sehr überraschen:
Matcha hat seinen Preis
Laut Grömer ist eine 30g-Dose Matcha ähnlich wertvoll wie eine gute Flasche Wein. Oder besser gesagt: wie eine sehr gute. Zwar bekommt man schon erste Basisvarianten zum Kochen oder Backen ab zehn Euro. Aber die, erklärt Grömer, würden eben noch lange nicht zum puren Teetrinken taugen. Wirkliche Trinkqualitäten beginnen erst ab 20 Euro pro 30g-Dose, so der „Teepapst“ weiter. Warum das so ist, hat nicht zuletzt mit dem aufwendigen – und eigentlich nicht mehr zeitgemäßen – Herstellungsverfahren zu tun.
So wird echter Matcha hergestellt:
Matcha wird mehrere Wochen überschattet
Der wohl wichtigste Unterschied zwischen normalem Grüntee und Matcha-Verschnitten einerseits und echtem Matcha andererseits liegt in der sogenannten Überschattung. Damit ist gemeint, dass die Teeplantagen rund vier Wochen vor der Ernte mit dunklen Netzen bedeckt werden – was darauf abzielt, dass die Teepflanze das fehlende Sonnenlicht durch eine besonders intensive Chlorophyll-Produktion kompensiert. Das wiederum hat zur Folge, dass vermehrt Aminosäuren und Antioxidantien gebildet werden, die dem Tee seinen zarten, süßlichen Geschmack (und das leuchtende Grün, s.u.) verleihen.
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Erst Tencha, dann Matcha
Tee-Kenner wissen: An dieser Stelle spricht man noch nicht von Matcha, sondern noch von Tencha. Der Tencha wird nach seiner Ernte im April erst zu kleinen Teemanufakturen transportiert, wo die Blätter mit heißem Wasserdampf verarbeitet werden, um so die Fermentation zu stoppen und das Teeblatt (und seine Inhaltsstoffe) frisch zu halten. Anschließend werden die Blätter bei bis zu 180°C in einem Backofen getrocknet. Im nächsten Schritt werden die Teeblätter in einer Veredelungsfabrik durch sogenannte Teetaster in unterschiedliche Qualitätskategorien unterteilt. Schließlich werden noch die Stängel, Blattrippchen und Äderchen entfernt, bis am Ende das reine, grüne „Blattfleisch“ übrig bleibt und der Tee in eine einheitliche Form zurechtgeschnitten wird.
Matcha ist ein „Slow Food“ aus Steinmühlen
Die letzte Etappe auf dem Weg zum Matcha findet in einer Fabrik statt, wo der Tencha-Tee in handgefertigten Granitsteinmühlen zu Matcha gemahlen wird. Erst bei diesem Mahlprozess entsteht der intensive Matcha-typische Geschmack.
Und noch ein wichtiger Punkt zu dem Mahlprozess: Denn nicht nur, dass die Granitsteinmühlen ausschließlich von speziellen Meistern ihres Handwerks gebaut sein müssen. Sie schaffen außerdem kaum mehr als 30 g Matcha pro Stunde, was so ziemlich genau einer Standarddose im Einzelhandel entspricht. Massenproduktion sieht irgendwie anders aus. Das macht echten Matcha also zu einem echten Slow Food – und einem anachronistischen noch dazu. Schließlich kann ja heutzutage alles gar nicht schnell genug gehen. Bei einem so geringen Output ist auch rasch der Preis von Matcha erklärt. Oder andersrum ausgedrückt: Wenn man Matcha für zehn Euro die Dose in der Drogerie findet, kann man davon ausgehen, dass sich dahinter ein industriell hergestellter Verschnitt verbirgt. Der hat am Ende mit echtem Matcha, wie ihn beispielsweise Thomas Grömer anbietet, nichts zu tun.
Matcha ist äußerst exklusiv
Thomas Grömer vergleicht die Exklusivität von Matcha mit der von Safran in der Welt der Gewürze. Von Safran werden laut Grömer im Jahr nur 200 Tonnen hergestellt – und das weltweit. Zum Vergleich: Laut Geo-Informationen betrug die globale Produktion von Gewürzen im Jahr 2009 fast 1,6 Millionen Tonnen.
Und (echter) Matcha ist ähnlich exklusiv wie Safran. Denn von fünf Millionen Tonnen Tee, die weltweit produziert werden, gehen gerade mal 2.500 Tonnen auf die Kappe von Matcha. Das entspricht einem Anteil von 0,05 Prozent. Eine Zahl, die leicht erklärt, warum Original-Matcha ein recht kostspieliges Vergnügen ist.
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Und um den hohen Wert von Matcha noch mehr zu verdeutlichen, greift Grömer zu einer besonders einleuchtenden Analogie: „Weißwein und Champagner sind beides Weißweine, aber nur einer von beiden ist Champagner. Warum? Weil er perlt, für ihn nur drei Rebsorten aus einer speziellen Region in Frankreich verwendet werden und er nach einem bestimmten Verfahren hergestellt wird.“
So wirkt echter Matcha auf Ihren Körper:
Wachmach- und Wohlfühl-Erlebnis in einem
Dank seines Koffeins macht Matcha angenehm wach. Angenehm deswegen, weil man im Gegensatz zum Kaffeekonsum nicht hibbelig wird und seinen Bürokollegen dauertippelnde Beine erspart. Zu verdanken haben wir das dem L-Theanin, einer Aminosäure, die in den Blättern von grünem und schwarzem Tee enthalten ist. Allerdings: Was Grüntee betrifft, liegt es in relevanten Mengen nur in überschatteten Sorten vor – und damit an erster Stelle im Matcha. Das L-Theanin kann in unserem Gehirn sogenannte Alpha-Wellen auslösen. Und diese Hirnströme werden immer dann gemessen, wenn wir besonders fokussiert sind (Stichwort: Tunnelblick) oder einen Zustand der Entspannung erreicht haben. Somit ergänzen sich Koffein und L-Theanin perfekt, aufputschend und beruhigend zur selben Zeit. Yin und Yang at its best, wenn man so will.
Und was die vitalisierende Wirkung des Koffeins betrifft, hat Matcha gegenüber Kaffee einen weiteren großen Vorteil: Der Hallo-Wach-Effekt hält schlicht und einfach länger an – und zwar deutlich. Wo der Wirkung einer Tasse Kaffee nach 20 bis 30 Minuten die Puste ausgeht, hält ein Matcha zwischen vier und sechs Stunden fit. Verantwortlich sind dafür die Gerbstoffe, an die das Koffein gebunden ist und die erst im Laufe der Verdauung vom Organismus aufgenommen werden.
„Matcha gilt als der Espresso unter den Tees.“ (aiya – THE TEA)
Seinen Antioxidantien sei Dank: Matcha ist ein Superfood
Zudem kann Matcha mit besonders vielen Antioxidantien glänzen. Letztere schützen unsere Zellen, indem sie die sogenannten freien Radikale unschädlich machen, die zu Zellentartungen führen und dadurch Krebs auslösen können. So ist die antioxidative Fähigkeit von Matcha beispielsweise um ein Vielfaches höher als die von Goji-Beeren, die gerade überall als Superfood gehypt werden. Mit anderen Worten ist Matcha-Tee also selbst ein Superfood – und zwar mit dem höchsten ORAC-Wert (Oxygen Radical Absorbing Capacity) unter allen Naturprodukten. Um mal konkreter zu werden: Matcha enthält 140 Mal mehr Antioxidantien als normaler grüner Tee.
So schmeckt echter Matcha – und so muss er aussehen:
Sattes, leuchtendes Grün
Wer Bekanntschaft mit echtem Matcha-Tee macht, wird überrascht sein, wie grün grüner Tee sein kann. Denn leuchtender und satter kann ein Farbton kaum aussehen. Wie schon erwähnt, ist das die Folge des Beschattungsanbaus. Denn dadurch, dass die Blätter nur noch zehn Prozent des Sonnenlichts abbekommen, wird vermehrt Chlorophyll im Blatt angereichert. Und das Blattgrün macht dann seinem Namen alle Ehre. Übrigens: Je höher die Qualität, desto kräftiger das Grün. Wichtiger Hinweis: Schlechte Matcha-Qualitäten bzw. „Fake-Matcha“ erkennt man daran, dass die Farbe ins Gelbliche bzw. Bräunliche geht.
Ultrafeine Textur
Indem beim Tencha nur das reine Blattfleisch zur Verwendung kommt, erhält der Matcha nach dem Mahlprozess seine ultrafeine Textur. Außerdem kommt Matcha-Pulver besonders fein zermahlen daher, wenn man bei der Herstellung auf die jungen, frischen Blätter der Teepflanze setzt. Denn: Diese sind weicher als alte Blätter und können daher deutlich feiner vermahlen werden.
Süßer, sanfter Geschmack bis Umami
Auch das Aroma wird stark von der Überschattungsdauer beeinflusst. Je länger die Teepflanze überschattet wird, desto mehr Aminosäuren können sich bilden. Diese sind wiederum für den süßen, sanften und nussigen Geschmack von Matcha verantwortlich. Das Prädikat besonders wertvoll erhalten solche Matcha-Tees, die das Umami-Geschmacksniveau erreichen. Umami ist neben süß, sauer, salzig und bitter der fünfte und jüngste Geschmackssinn, den der japanische Chemiker Ikeda Kikunae 1908 als Erster beschrieb.
Doch Umami erreichen nur Matcha-Tees von besonders hoher Qualität. Denn: Matcha ist nicht gleich Matcha, selbst unter den echten. Bei aiya – THE TEA, dem größten Hersteller von Matcha-Tee, wird beispielsweise zwischen den Qualitätsstufen – und Sorten – For Beginners, Ceremonial, Premium, Super Premium und Deluxe unterschieden. Die qualitativen Nuancen schlagen sich natürlich auch preislich nieder (für Interessierte geht es hier zum Shop).
So wird echter Matcha zubereitet:
Kein kochendes Wasser, bitte!
Auf der Internetpräsenz von aiya – THE TEA wird Schritt für Schritt erklärt, wie Sie von Matcha-Pulver zu köstlichem Matcha-Tee kommen. Keine Sorge, es ist keine Raketenwissenschaft!
- Frisches, möglichst weiches Wasser kochen
- Das Wasser auf rund 80°C abkühlen lassen (z.B. Wasserkocher öffnen und 10 min. warten, oder das Wasser 4-5 Mal in ein anderes Gefäß umfüllen – bei jedem Umfüllen verliert Wasser ca. 4-5° Celsius.)
- 1 g Matcha Tee (½ Teelöffel) in eine Schale geben
- Mit ca. 80 ml Wasser (80°) aufgießen
- Den Tee schaumig schlagen (ca. 15 Sekunden).
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Fazit: Die wichtigsten Unterschiede zwischen Grüntee und Matcha
Zusammenfassend lässt sich sagen: Grüntee-Pulver besteht aus herkömmlichen Teesorten, die nicht oder nur sehr kurz überschattet wurden und deren Ausgangsbasis das ganze Teeblatt samt Stängel, Blattrippchen und Äderchen ist (bei Matcha hingegen nur das Blattfleisch). Darüber hinaus werden diese Produkte nicht in eigens angefertigten Steinmühlen, sondern auf industriellem Wege vermahlen. Das erklärt die Unterschiede in Sachen Aroma und Aussehen. Außerdem hat Matcha viel mehr Inhaltsstoffe, z.B. Antioxidantien oder L-Theanin, als normaler Grüntee.