27. Januar 2021, 17:44 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Im Supermarkt findet man immer häufiger ein pflanzliches Produkt namens Seitan. Das Verblüffende daran: Seitan hat die Konsistenz von Fleisch und schmeckt auch ähnlich. FITBOOK erklärt, woraus es besteht, wo der Unterschied zu Tofu liegt und ob es ein adäquater Fleischersatz ist.
Nicht nur Supermärkte haben ihr Angebot an Fleischersatzprodukten ausgeweitet, sondern auch viele Restaurants, insbesondere asiatische. So findet man oft Gerichte auf der Speisekarte, die mit Seitan, vegetarischem Fleisch, Fleischersatz oder manchmal fälschlicherweise mit „Sojafleisch“ angeboten werden. Doch was verbirgt sich eigentlich dahinter?
Übersicht
Woraus besteht Seitan?
„Seitan besteht aus wasserunlöslichem Weizeneiweiß, auch bekannt als Gluten. Bei der Herstellung wird Weizenmehl mit Wasser vermengt und geknetet, nach einer Ruhephase wird der Teig solange in Wasser ausgewaschen bis die Stärke weitestgehend ausgewaschen ist und nur noch die reine Glutenmasse zurückbleibt“, erklärt Antje Gahl, Ernährungsexpertin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. auf Anfrage von FITBOOK.
Was ist der Unterschied zwischen Seitan und Tofu?
Seitan wird oftmals mit Tofu in eine Schublade gesteckt, das ist allerdings nicht ganz richtig. „Kurz gesagt ist Seitan ein Weizenprodukt und Tofu üblicherweise ein Sojaprodukt, inzwischen wird es aber auch aus anderen Hülsenfrüchten wie z. B. Lupinen hergestellt und angeboten“, erläutert Gahl.
Klassischer Tofu besteht aus geronnener Sojamilch. Diese wird aus zermahlenen, eingeweichten und gepressten Sojabohnen zusammen mit Wasser gewonnen. Dabei werden im Prinzip die Eiweißbestandteile der Sojamilch ausgeflockt. Anschließend erhitzt man die quarkartige Masse, entwässert sie und presst sie in ihre Form, ähnlich wie bei der Käseherstellung.
Eine Gemeinsamkeit gibt es aber laut Gahl doch: „Beide Produkte stammen aus alten asiatischen Kulturen und haben heute in den westlichen Gebieten, besonders in den vegetarischen und veganen Ernährungsformen, stark an Bedeutung gewonnen.“
Seitan oder Tofu – was ist gesünder?
Bei der Herstellung von Seitan werden weitestgehend alle Kohlenhydrate, Vitamine und Mineralstoffe ausgewaschen bis das reine Weizenprotein übrig bleibt, so Gahl. Seitan ist deshalb mit ca. 25 bis 30 Prozent Eiweiß sehr proteinreich. Darüber hinaus liefere es aber kaum weitere Nährstoffe, erklärt die Expertin.
Tofu ist ebenfalls proteinreich, der Eiweißgehalt kann bis zu 20 Prozent betragen. Der große Unterschied zum Seitan allerdings: „Aufgrund der Qualität der Aminosäuren im Tofu ist das Eiweiß besser verfügbar als das Protein aus Seitan“, sagt Gahl. Zudem liefere Tofu insgesamt mehr Nährstoffe, vor allem Magnesium, Calcium, Kalium und Eisen. Viele weitere Nährstoffe gingen aber auch in diesem Fall bei der Herstellung verloren.
Ein Vorteil den beide Produkte haben ist, dass sie in ihrer Reinform relativ kalorienarm sind. Tofu
hat auf 100 Gramm ca. 85 Kcal, Seitan ca. 150 Kcal. Das Fazit der Expertin „Insgesamt schneidet Tofu etwas besser ab“.
Nachteilig könnten beide Produkte allerdings bei einer Glutenunverträglichkeit bzw. einer Sojaallergie sein. „Dann ist das jeweilige Produkt unbedingt zu meiden“, warnt Gahl.
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Ist Seitan ein guter Fleischersatz?
Seitan eignet sich, bezogen auf seine Beschaffenheit, relativ gut als Fleischersatz, weil es eine fleischähnliche Konsistenz annimmt. Durch seine faserige Struktur und die Fähigkeit den Geschmack von Brühen, Soßen und Gewürzen aufzunehmen, imitiert es im Gegensatz zu Tofu (Sojaquark) praktisch jedes Fleischgericht. Nicht nur Steaks, Schnitzel und Buletten lassen sich daraus zaubern, sondern sogar Entenfleischgerichte.
Bei Seitanprodukten auf den Verarbeitungsgrad achten
Aber wie sieht es eigentlich in puncto Nährwerte aus? „Bezogen auf Energie-, Gesamtfettgehalt, gesättigten Fettsäuren sowie Cholesterin schneidet Seitan als pflanzliches Produkt besser ab als Fleisch“, erklärt die Expertin.
Zu achten sei allerdings auf den Verarbeitungsgrad des Seitanproduktes. Je höher, desto ungünstiger sei häufig die Zusammensetzung, gibt Gahl zu bedenken. „Da Seitan oftmals nicht in seiner Reinform angeboten wird, sondern zum Beispiel als fertiger Würstchenersatz, enthalten diese Produkte oftmals viel Salz, Zucker oder Fett sowie Zusatzstoffe und Aromen, was sie dann ernährungsphysiologisch nicht unbedingt besser macht als das Original“.
Die Wahl von Bio-Produkten könne helfen ungewünschten Zusatzstoffen aus dem Weg zu gehen, dennoch sei dabei auf den Salzgehalt zu achten. „Zur Versorgung mit kritischen Nährstoffen tragen die typischen, fertigen Ersatzprodukte bis auf die Proteinversorgung, kaum bei. Insgesamt ist es also besser, Seitan als auch Tofu in seiner Reinform selbst zu verarbeiten und zu würzen“, empfiehlt Gahl. So könne es auch auf regelmäßiger Basis Teil einer vollwertigen Ernährungsform, insbesondere für Veganer*innen sein. Bei stark verarbeitetet Ersatzprodukten sei es empfehlenswert diese nur selten zu konsumieren.
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Wie können Veganer*innen Fleisch am Besten ersetzen?
Die Ernährungsexpertin empfiehlt Veganer*innen als Alternative zu Fleisch, vielfältige pflanzliche Proteinquellen wie Getreide, Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Nüsse und Sojaprodukte bei gleichzeitig ausreichender Energiezufuhr über den Tag verteilt zu verzehren. „Durch die gezielte Kombination verschiedener proteinreicher Lebensmittel wie Linsengemüse mit Reis oder Erbseneintopf mit Brot kann die Proteinqualität erhöht werden. So kann der Proteinbedarf bei einer veganen Ernährung ohne Ersatzprodukte gedeckt werden“.
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Anleitung: Seitan einfach selbst herstellen
Die Herstellung von Seitan ist relativ einfach und wird in Asien seit mehr als 1000 Jahren praktiziert. Ursprünglich wird Weizenmehl mit Wasser zu einem festen und trotzdem geschmeidigen Teig geknetet. Dabei kommen auf 1 Kilogramm Mehl 750 Milliliter Wasser. Nachdem der Teig ein paar Stunden geruht hat, fängt man mit Wasser an, die Stärke und Kleie herauszuwaschen. Diesen Vorgang wiederholt man so lange, bis das Wasser sich nicht mehr trüb färbt und nur noch eine zähe Masse übrig bleibt – das Weizengluten.
Doch es geht noch viel einfacher für jeden zum Selbermachen zu Hause: Um sich die mühseligen Waschvorgänge zu ersparen, kann man gleich fertiges, reines Weizengluten-Pulver kaufen. Dieses wird etwa 1:1 mit Wasser vermischt und zu der fertigen Grundmasse geknetet. Anschließend schneidet man diese nach Belieben in Scheiben oder Würfel oder formt sich ein schönes Fleischersatzstück und kocht es dann 20 bis 30 Minuten in einer Gemüsebrühe. In vielen Supermärkten wird Seitan aber auch schon fertig angeboten.
Seitan ist völlig geschmacklos und nimmt erst den Geschmack der Gemüsebrühe an. Je nachdem, wie man die Brühe würzt, kann der Seitan-Geschmack variieren. Gewürze können aber auch direkt in den Teig hineingegeben werden. Nach dem Kochen kann man Seitan bis zu einer Woche im Kühlschrank aufbewahren. Beim Weiterverarbeiten kann man es zum Beispiel wie ein Schnitzel panieren, wie ein Steak anbraten, einem vegetarischen Gulasch hinzufügen oder es zum Hackfleischimitat für Bolognese pürieren. Der Fantasie sind im Umgang mit Seitan kaum Grenzen gesetzt.