14. Mai 2020, 11:14 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Die ersten drei Monate meiner Vegan-Challenge sind um und ich muss mich neu organisieren. Ausgangsbeschränkungen halten weiter an und das Training ist eher krisenüberbrückend denn effektiv. Die Ernährung wird also immer wichtiger – nicht zuletzt, weil der Blick auf die Waage eine Überraschung bereithielt…
Aller Anfang ist schwer, das gilt auch für die ersten drei Monate meiner Vegan-Challenge. Das Credo, möglichst wenig an der Ernährung zu schrauben, um das Experiment einfach und unkompliziert zu halten, hilft durch die erhöhte Aufnahme an Ballaststoffen zwar beim Abnehmen. Das setzt aber gleichzeitig voraus, dass auch das Training stimmt. Letzteres ist jedoch durch die Umstände der Corona-Krise weiterhin stark eingeschränkt. Fehlende Hanteln und Geräte machen schweres Training mit geringen Wiederholungszahlen fast unmöglich. Dem gegenüber stehen etliche Übungen mit dem eigenen Körpergewicht – jedoch ist das für mich unbefriedigend.
Ich bin einfach zu gern in Pumperhöhlen und lausche den Klängen von Metall, um mich selbst zu pushen. Das Gefühl des Eisens und latenter Gestank, weil tonnenweise Testosteron in der Luft, lassen mich abschalten und dabei gleichzeitig hochfahren. Ich bin im Tunnel und kann die Sorgen des Alltags abschütteln – und davon gäbe es aktuell genug!
Was sagt die Waage?
Zuallererst: Mir ist klar, dass Gewichtsschwankungen völlig normal sind. Je nachdem, wie viel Salz ich esse, können schon mal die einen oder anderen Kilos zusätzlich Platz finden. Jedoch ernähre ich mich grundsätzlich sehr salzarm und habe meine Essgewohnheiten seit dem Start des Vegan-Selbstversuchs kaum geändert. Vor der Schließung der Fitnessstudios lag mein Gewicht bei 89,9 Kilogramm – bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich ganze 14 Kilo abgenommen.
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Momentan habe ich davon wieder rund vier Kilo auf den Hüften. Dafür mache ich aber nicht die vegane Ernährungsform verantwortlich, sondern das fehlende schwere Training. Aber woher kommt meine Gewichtszunahme? Durch die Trainingsabstinenz würde ich vermuten, dass auch Muskelmasse verschwunden ist. Muskeln sind bekanntlich schwerer als Fett – theoretisch müsste bei gleicher Ernährung und nur etwas gemindertem Sport mein Gewicht im schlimmsten Fall also stagnieren. Aber Pustekuchen!
Mir wird immer klarer, dass ich nicht im Ungewissen leben möchte. Nicht zu wissen, weswegen der Körper so reagiert, wie er es tut, ist für mich keine Option. Deswegen habe ich mich entschlossen, einige Änderungen vorzunehmen. Ganz nach dem Motto: Was nicht passt, wird passend gemacht. Trotz Corona möchte ich das Experiment erfolgreich über die Bühne bringen und nach sechs Monaten ein schlüssiges Fazit aufs virtuelle Papier pfeffern.
Meine erste Neuerung: Das eigene Fitnessstudio
Damit das auch klappt, habe ich das Internet durchforstet, um ein geeignetes Foltergerät für mich zu finden. Nach ewigem Hin und Her ist meine Entscheidung gefallen und ich bin bei einer Power Lifting Station fündig und eine Stange Geld losgeworden. Meine Vorfreude war riesig und der Fall tief, als ich nach zwei schier endlosen Wochen immer noch nicht pumpen konnte. Das Paket, immerhin 130 Kilo, wurde an das falsche Depot geliefert. Nach einer weiteren Woche war das Paket bei mir – jedoch unvollständig. Die Odyssee nahm ihren Lauf, als ich dem Hersteller hinterhertelefonieren sollte. Ganze sieben Tage, 15 versuchte Anrufe und fünf Mails später bekam ich eine Antwort. Endlich wurden die fehlenden Teile versandt und kamen auch bei mir an. Somit nahm das Projekt „Home-Gym“ erste Züge an – dachte ich zumindest!
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Die Bestellung kam nie an und auf Nachfrage wurde mir bestätigt, dass die fehlenden Teile erste Ende Juni zur Verfügung stehen. Gut, dass ich mir vorher schon Hantelbank und anderes Equipment besorgt habe. Mit Hanteln und Widerstandsbändern lässt sich dennoch ein vernünftiges Training realisieren.
Schlussendlich musste ich nur noch einen geeigneten Platz für meine neue Errungenschaft finden. Das Problem: Ich habe nur zwei Zimmer. Kurzerhand habe ich das Schlafzimmer leergeräumt. Wer braucht schon Schlaf, wenn man pumpen kann? Bekanntlich muss man für Schönheit leiden. Daher muss die Couch im Wohnzimmer nun als nächtliches Domizil herhalten – lieber unbequem schlafen als schlecht trainieren! Somit bin ich nun unabhängig von geschlossenen Studios und kann mein Training wieder aufnehmen.
Die zweite Neuerung: Supplements
Das Training ist bekanntlich nur die halbe Miete. Um den Beach-Body für den Sommer noch zu verwirklichen, muss die Ernährung stimmen. Dazu zählt für mich auch, aus meinen Blutwerten zu lernen und Defizite auszugleichen. Dem Internet sei Dank landeten Vitamin D3, K2 und B12 schnell in meinem virtuellen Einkaufswagen und waren noch am selben Tag bei mir.
Das heißt aber auch: Ich habe mich von dem Gedanken verabschiedet, auf Fleisch zu verzichten, ohne ansonsten etwas zu verändern. Letzten Endes alleine dadurch, dass ich mich schlapper und ausgelaugter fühle. Mit Eiern und Bratkartoffeln kam ich mir noch quicklebendig vor. Nun stoße ich mit Soja an meine Grenzen. Für mich ist es deswegen an der Zeit, umzudenken und das Thema Veganismus mit mehr Grips anzugehen. Mehr auf meinen Körper zu hören als auf den Kopfkasper. Gleichwohl Nahrungsergänzungsmittel nur die Spitze des Eisberges sind. Ich möchte nämlich meine Einstellung zum Essen grundlegend ändern. Weg von Funktionalität, hin zur Vielseitigkeit!
Alle bisherigen Teile zum Nachlesen
- Warum ich mich ein halbes Jahr vegan ernähren möchte
- So lief meine erste Woche als Veganer
- Wie hat sich mein Fleischkonsum auf meine Gesundheit ausgewirkt?
- So lief mein erster Monat ohne massenweise Fleisch und Eier
- Wie Corona mein Leben als Pumper verändert
- So geht es mir nach 2 Monaten ohne mein geliebtes Fleisch
Zu guter Letzt: Ausgewogeneres Kochen
An diesem Punkt muss mein innerer Schweinehund überwunden werden. Bis jetzt sah ich Essen immer als Zeitverschwendung an. Im besten Fall sollten Zubereitung und Verzehr einer Mahlzeit aus meiner Sicht nicht länger als 20 Minuten dauern, weil ich meine Lebenszeit nicht mit Essen verschwenden wollte. Im Gegensatz zu anderen Baustellen fällt es mir bei diesem Thema jedoch schwerer umzudenken. Mein Plan: Ich muss mich selbst austricksen!
Leichter getan als gesagt. Zumal ich ungern Zeit in etwas stecke, ohne zu wissen, ob sich das Investment lohnt. Damit mich das Vorhaben langfristig motiviert und ich einen gewissen Druck verspüre, mich der Thematik dauerhaft zu widmen, habe ich (neben @lets_go_flavio) in Teamarbeit einen neuen Instagram-Kanal eröffnet. Dadurch erhoffe ich mir, dauerhaft am Ball zu bleiben und engagiert an die Ernährungsumstellung heranzugehen. Essen soll bei mir wieder einen Stellenwert haben, bei dem man sich gerne Zeit nimmt, Neues auszuprobieren und endlich mal zu genießen. Weg vom stumpfen Zählen von Makronährstoffen und Kalorien hin zur sportgerechter Ernährung mit Genuss.
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Klischees adieu? Wie ich über meine Veganer-Vorurteile mittlerweile denke
So geht es weiter
Ob ich das schaffe und welche Herausforderungen mich dabei erwarten, weiß ich selbst noch nicht. Wir hören uns spätestens nach Beendigung des vierten Monats. Bis dahin und bleibt gesund!