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Gesundheitsexperte behauptet

»Vollkorn ist schlechter als Zucker!

Vollkornbrot
Von wegen vollwertig: In einer Scheibe Vollkornbrot sollen 10 Würfel Zucker stecken. Gehört das Lebensmittel jetzt auf die Verboten-Liste? Foto: Getty Images
Laura Pomer

10. April 2019, 13:23 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Vollkornprodukte gelten gemeinhin als gesunde Nahrungsmittel. Umso mehr dürfte die Überzeugung eines deutschen Osteopathen polarisieren, über die er sogar ein Buch veröffentlicht hat: Vollkorn sei gesundheitsschädlich – und das mehr als Schokolade! FITBOOK hat mit ihm darüber gesprochen.

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Klaus Wührer betreibt im bayerischen Ortenburg eine Praxis für Osteopathie und Sportphysiotherapie. Für seine Arbeit ist die ganzheitliche Betrachtung seiner Patienten wichtig, also ihrer gesamten Lebensweise und somit auch ihrer Ernährung. Und da sollten Vollkorn- und generell Getreideprodukte keinesfalls dazugehören. Seine Überzeugung (und der Titel seines aktuellen Buchs): „Zucker macht krank – Vollkorn macht kränker… und keiner merkt’s“.

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Gesunde Kohlenhydrate – gibt es nicht?!

Wührer bezeichnet ausgerechnet Vollkornprodukte als „goldenes Kalb“ der Ernährungsindustrie. Sie seien in Wahrheit nicht bloß weniger gesund als gemeinhin behauptet ­– sondern tatsächlich „sogar schlechter als Zucker“, betont er im FITBOOK-Interview. „Nach zwei Scheiben Vollkornbrot ist die Blutzuckerbelastung im Körper genauso groß wie nach 22 Würfeln reiner Zucker“, sagt er uns. Das entspräche rund eineinhalb 100g-Tafeln Schokolade.

So soll Vollkorn krank machen können

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So reagiert der Körper auf Zucker

„Wenn wir Zucker zu uns nehmen, bedeutet das für den Körper eines gesunden Menschen folgende Reaktion: Der Blutzuckerspiegel steigt an und bewirkt die Ausschüttung von Insulin, das dafür sorgt, dass Glukose aus dem Blut in die Zellen gelangt. Je schneller der Blutzuckerspiegel in die Höhe schnellt, desto höher ist der glykämische Index eines Lebensmittels. Ein niedriger Wert (= langsamerer Anstieg des Blutzuckerspiegels) ist aus gesundheitlicher Sicht zu bevorzugen. Ständige glykämische Belastungen und ein entsprechend dauerhaft hoher Insulinspiegel erschweren die Fettverbrennung, wodurch z.B. Abnehmen schwieriger wird. Noch schlimmer: Das Risiko auf Krankheiten (Insulinresistenz, Diabetes) ist erhöht.“

Der gute Ruf von Vollkorn

Wührer möchte bewirken, dass die Gefahren von Vollkornbrot und Co. publik werden: Denn auch Vollkorn soll – wie man es von übermäßigem Zuckerkonsum bereits kennt – die Ursache verschiedener Krankheiten und chronischer Entzündungen sein können. Es fasziniere Wührer, dass Vollkorn einen so guten Ruf genießt. Das sei nicht zuletzt die Schuld der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), wie er genauer ausführt.

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DGE rät zu häufigem Vollkornkonsum

Die DGE empfiehlt auf ihrer Website einen „reichlichen Verzehr“ von Vollkornprodukten, um die Zufuhr an wertvollen Ballaststoffen zu erhöhen und auf diese Weise das Risiko für „ernährungsmitbedingte Krankheiten“ wie starkes Übergewicht, Bluthochdruck und Herzkreislauf-Erkrankungen zu reduzieren. „Der Richtwert für die Ballaststoffzufuhr von mindestens 30 Gramm pro Tag lässt sich mit drei Scheiben Vollkornbrot“ decken, steht es da. In Wührers Augen ein Skandal, zumal die DGE für ihre Empfehlung keine wissenschaftliche Grundlage habe.

Vollkornbrötchen mit Avocado
Die großen Zuckermengen in Vollkornbrot sollen genauso schnell im Blut erscheinen wie der Zucker aus Süßigkeiten, warnt Wührer. „Und man isst viel, viel mehr davon!“ Foto: Getty Images

Keine wirklich guten Inhaltsstoffe

Die hochgelobten Ballaststoffe aus Vollkornprodukten könne man sich auch durch andere Nahrungsmittel zuführen, allen voran durch Gemüse. Und was Wührer uns amüsiert berichtet: In Schokolade sollen tatsächlich viel mehr Nährstoffe und Vitamine stecken als in Vollkorn. Das sei im Bundeslebensmittelschlüssel des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) nachzulesen. „Es ist bloß noch niemand vor mir auf die Idee gekommen, zu überprüfen und zu vergleichen, ob das goldene Kalb Vollkornbrot wirklich so nährstoffreich ist, wie alle meinen“, sagt Wührer.

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Wührers Empfehlung für eine gesunde Ernährung

Glaubt man dem Ernährungsberater, sind Brot, Kartoffeln, Reis und Nudeln – egal, ob aus Weizen oder Vollkorn – als Nahrungsmittel obsolet und brächten nichts außer einer glykämischen Belastung. Er erinnert uns daran, dass es zwei Möglichkeiten der Energiegewinnung gibt: die aus Zucker und die aus Fett; und seinen Patienten (das seien vor allem junge Leistungssportler) rät er, den Fokus auf Fett zu legen. Bei sich selbst halte er es genauso und konzentriere sich auf Fleisch oder Fisch mit Gemüse, auf Nüsse, Joghurt und Ähnliches – „kleine Portionen mit einer maximalen Nährstoffdichte, viel Eiweiß und Fett“, fasst der Naturheilkundler zusammen.

Geht das in Richtung ketogener Ernährung? „Ja, wenn man das Obst noch mehr einschränken würde“, sagt er uns. Entsprechend könnte auch seine Ernährungsform noch ärmer an (Frucht-)Zucker sein – müsse sie aber nicht, weshalb er sogar auch mal ohne Reue ein Stück Kuchen esse. Hier komme es lediglich auf die Zubereitungsart an. Solange kein Getreide in den Teig kommt, sei sogar Zucker erlaubt. „Man kann Kuchen wunderbar aus Mandeln und Ei backen“, weiß er.

Frau nascht Schokolade
Laut Wührer ist sogar Naschen OK. Denn: Dabei handele es sich für gewöhnlich um überschaubare Mengen. Foto: Getty Images

Was sagt der Ernährungswissenschaftler?

FITBOOK hat auch bei Prof. Dr. Nicolai Worm nachgefragt. Und der Diplom-Ökotrophologe sieht es ähnlich:

Der Ernährungswissenschaftler bezieht sich auf eine Untersuchung aus dem Jahr 2016, an der Forscher verschiedener Abteilungen der Universitäten in Bonn und Sydney die Blutzucker- und Insulinwirkung der vier gängigsten deutschen Brotsorten verglichen haben. Die moderateste Blutzuckerwirkung sei hier bei grobem Schrotbrot erzielt worden, berichtet Prof. Worm. Dabei komme es aber darauf an, dass es mit allen Randschichten und mit traditioneller Sauerteigführung gebacken wurde, was u.a. eine Gärung über Nacht beinhaltet. Mit anderen Worten: nicht gerade das klassische Vollkornbrot vom Supermarkt um die Ecke.

»Nicht nur die Blutzuckerwirkung entscheidet

Prof. Worm räumt also ein, dass der Kern des Vollkorns – die Stärke – aus ernährungswissenschaftlichen Gesichtspunkten keinen nennenswerten Zweck erfüllt und nur „leere Kalorien“ liefert. In seinen Randschichten stecke aber Wertvolles: sättigende Ballaststoffe, die vom Darm als Energiequelle genutzt werden und ihn dank kurzkettiger Fettsäuren gesund halten sollen.

Doch selbst die böse Stärke pauschal zu verteufeln, hält Ernährungswissenschaftler Worm für „Unsinn“. Denn: „Hart arbeitende Muskeln lieben Stärke.“ Sportler oder Menschen, die körperliche Arbeit leisten, können den Zucker aus Nudeln, Kartoffeln und Co. gut verstoffwechseln, findet er. „Der dicke Durchschnittsdeutsche, der den ganzen Tag sitzt, sollte den Verzehr von Weiß-  UND Vollkornbrot tatsächlich einschränken“, sagt er uns, „also nicht gleich vier Scheiben Vollkornbrot essen, sondern nur eine.“

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Wer Kohlenhydrate verbrennt, dürfe sie auch essen

„Wer traditionell essen will, muss auch traditionell leben“, findet Fachmann Worm – also Sport treiben, körperliche Arbeit leisten – und nicht nur vor dem Fernseher sitzen. Ohne ausreichend Bewegung drohten durch die Aufnahme von Kohlenhydraten dauerhaft Stoffwechselstörungen wie Insulinresistenz. Durch Insulinresistenz würden die Regulierung des Blutzuckerspiegels und die Umwandlung von Zucker in Energie nachhaltig beeinträchtigt. Mögliche Folgen wären unter anderem Übergewicht und schlimmstenfalls Typ-2-Diabetes.

Vater mit Kindern vom TV
Fast Food vor der Glotze gehört für Prof. Worm nicht zu artgerechter Ernährung Foto: Getty Images

In Amerika sei bereits über die Hälfte der Bevölkerung von Insulinresistenz betroffen. „Für Deutschland gibt es noch keine repräsentativen Zahlen, hier wird es aber ganz ähnlich aussehen“, glaubt Worm. Er tippt auf 30, 40 Millionen deutsche Insulinresistente.

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Fazit

Tatsächlich ist es tückisch, dass Vollkornprodukte als absolut gesunde Lebensmittel gefeiert werden. Sie können nämlich tatsächlich ungewünschte Folgen mitbringen, wenn man sie im Übermaß verzehrt. Und das ist im Zweifelsfall schneller erreicht, als viele denken (eine Scheibe Vollkornbrot wiegt etwa 50 Gramm und beinhaltet im Schnitt 17,5 Gramm Kohlenhydrate). Vollkorn ist kein Gift und dank seiner anderen wertvollen Inhaltsstoffe großen Süßigkeitenportionen immer noch zu bevorzugen. Dennoch sollte man die glykämische Last, die ALLE stärkereichen Lebensmittel mitbringen, nicht unterschätzen.

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