25. Juni 2024, 4:04 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Einigen Obstarten wird nachgesagt, entzündungshemmend zu sein – allerdings gibt es wenig Studien, die die Wirkungen wissenschaftlich belegen können. Dennoch ist die richtige Ernährung durchaus in der Lage, Krankheiten günstig zu beeinflussen. FITBOOK hat bei drei Experten nachgefragt, welche neuen Erkenntnisse es gibt und ob sich Entzündungen tatsächlich einfach so „wegessen“ lassen.
Heidelbeeren, Ananas und Kirschen sind nicht nur lecker, sie sollen angeblich auch entzündungshemmend wirken. Im Jahr 2020 liefert eine Studie aus Japan erste Hinweise darauf, dass Heidelbeeren in der Tat eine entzündungshemmende Wirkung haben sollen. Doch was steckt dahinter?
Jetzt dem FITBOOK-Kanal bei Whatsapp folgen!
Übersicht
Nachweis bisher nur im Reagenzglas und an Mäusen
Also einfach eine Portion Obst essen – und schon bessert sich die Akne, heilt die Harnwegsinfektion, und Entzündungsherde im Körper verschwinden? So einfach ist es leider nicht. Zwar schadet das Obstessen nicht: „Aber eine seriöse Studie, die die entzündungshemmende Wirkung von Obst belegt, gibt es nicht“, sagt Prof. Hans Hauner, Direktor des Else Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungsmedizin (EKFZ) an der Technischen Universität München.
„Die gesundheitsfördernden bzw. auch entzündungshemmende Wirkung von sekundären Pflanzenstoffen wurde bislang lediglich bei Versuchen im Reagenzglas nachgewiesen“, betont Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE): „Solche Ergebnisse können nicht eins zu eins auf den Menschen übertragen werden.“
Weitere Forschung ist notwendig
Die Forschung zu sekundären Pflanzenstoffen bedarf noch weiterer Forschung. „Dennoch wird deutlich, dass die präventiven Wirkungen am besten durch die natürliche Aufnahme als Lebensmittel über eine vielfältige Ernährung realisiert wird, insbesondere durch den Verzehr von Gemüse und Obst. Hier scheinen Mengen und Mischungsverhältnisse dieser Substanzen notwendig, wie sie nur in Pflanzen vorliegen.“ Studien legen nahe, dass isolierte Formen dieser Stoffe in Nahrungsergänzungsmitteln nicht die gleichen positiven Effekte haben wie ihre natürlichen Quellen.
Eine japanische Studie aus dem Jahr 2020 konnte immerhin belegen, dass der in Blaubeeren vorkommende Wirkstoff Pterostilben (PSB) chronische Darmentzündungen (Colitis ulcerosa) bei Mäusen signifikant lindert.1 Eine Entdeckung, die den Forschenden Hoffnung auf ein neues Medikament für erkrankte Menschen macht.
Auch interessant: Intervallfasten könnte dem Körper helfen, Krebszellen zu bekämpfen
Zu viel Fleisch und Wurst fördern Entzündungen
Unumstritten ist, dass der übermäßige Konsum von Fleisch und Wurst Entzündungen im Körper fördert. Das liegt an der vor allem in rotem Fleisch enthaltenen Arachidonsäure. „Eine möglichst wurst- und fleischarme Kost wirkt auf den Körper von Patienten mit rheumatoider Arthritis entzündungsentlastend“, erklärt Prof. Johannes Georg Wechsler. Der Münchner Facharzt für Innere Medizin ist Präsident des Bundesverbands Deutscher Ernährungsmediziner (BDEM).
Omega-3-Fettsäuren könnten helfen
Einer kleinen Studie des Ernährungsmediziners Olaf Adam zufolge geht es diesen Patienten auch besser, wenn sie zusätzlich Fischöl-Kapseln einnehmen.2 Das könnte an den in den Kapseln enthaltenen Omega-3-Fettsäuren liegen. „Zum Stillstand bringen sie die entzündlich bedingte Gelenkzerstörung letztendlich allerdings nicht“, betont Hauner.
Denn die eigentliche Gelenkzerstörung läuft über andere Mechanismen ab, auf die etwa eine Reduzierung der Arachidonsäure keinen Einfluss hat. Das bedeutet: Eine wurst- und fleischarme Kost verbunden mit der Einnahme von Fischöl-Kapseln kann zwar bei Arthritis hilfreich sein, sie ist aber kein Ersatz für die Einnahme von Medikamenten.
Fischöl-Kapseln wird nicht nur bei Arthritis, sondern generell eine entzündungshemmende Wirkung im Körper nachgesagt. Das ist allerdings durchaus umstritten, die Ergebnisse sind konträr. Forscher konnten in einer Studie die schützende Wirkung von Omega-3-Fettsäuren bei ersten Anzeichen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen nachweisen. Genau das Gegenteil zeigte eine Untersuchung südkoreanischer Forscher. „Stichhaltige Belege für einen Nutzen der Kapseln fehlen also“, sagt Hauner. Er empfiehlt aber, dass auf dem Speiseplan möglichst zweimal pro Woche Fisch steht – auch wegen anderer wertvoller Inhaltsstoffe wie Eiweiß und Jod.
Expertentipp: Mediterrane Ernährung
Fisch ist ein wichtiger Bestandteil der mediterranen Ernährung. Sie besteht auch aus Gemüse, Obst, Olivenöl, Vollkornprodukten und Nüssen. „Die Mittelmeerkost kann etwa Gicht, aber auch Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen günstig beeinflussen“, erklärt Hauner. Außerdem hilft sie, schlank zu bleiben und auch auf diese Weise Erkrankungen vorzubeugen.
Krankheiten vorbeugen Lebensmittel, die Entzündungen im Körper hemmen können
Auf optimale Versorgung achten! Vitamin D und Fischöl senken Risiko für Autoimmunerkrankungen
Mediterrane Ernährung Wie funktioniert die Mittelmeer-Diät? Ernährungsexpertin erklärt’s
Weitere Studien
Erdbeeren senken atherosklerotische Risikofaktoren
Eine Studie aus dem Jahr 2010 untersuchte, ob die Einnahme von gefriergetrockneten Erdbeeren als Nahrungsergänzungsmittel, kardiovaskuläre Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Hyperglykämie und Entzündungen bei Personen mit metabolischem Syndrom senken kann. So liefern die Ergebnisse der Studie erste Hinweise darauf, dass eine Senkung der kardiovaskuläre Risikofaktoren möglich ist.3
Sauerkirschensaft kann entzündungshemmend wirken
Eine weitere Studie untersuchte die Wirkung von Sauerkirschsaft in Bezug auf Schmerzen bei Läufern eines Langstreckenstaffellaufs. Dabei wurden insgesamt 54 Läufer in zwei Gruppen aufgeteilt. Die eine Gruppe trank sieben Tage vor dem Wettkampf und am Renntag zweimal täglich 355 Milliliter Sauerkirschsaft und die andere ein Placebo-Kirschgetränk. Zwar berichteten beide Gruppen von verstärkten Schmerzen – allerdings hatte die Gruppe, die den Kirschsaft getrunken hatte eine deutlich geringere Schmerzzunahme vorzuweisen, als die, die das Placebo-Getränk zu sich genommen hatte.4