19. Mai 2021, 12:38 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Straffe, pralle Haut, ein faltenfreies Gesicht und starke Nägel – was über die angebliche Wirkung von Kollagen-Supplementen berichtet wird, klingt nach einem Wundermittel. Ganz so einfach ist es aber nicht. FITBOOK hat sich die Studienlage angeschaut.
Zwar zeigen erste Studien zur Wirkung von Kollagen vielversprechende Verbesserungen bei Hautqualität, Nagelfestigkeit und sogar bei Cellulite. Viele Fragen sind aber noch ungeklärt. Ein Blick auf die Studienlage lohnt sich auf jeden Fall.
Übersicht
Welche Arten von Kollagen werden erforscht?
Auf den ersten Blick wirkt es einfach: Kollagen-Supplement einnehmen und nach ein paar Wochen über straffere Haut freuen. Tatsächlich ist Kollagen aber nicht gleich Kollagen. Aktuelle Studien untersuchen die Wirkung von Kollagen aus der Haut und anderen Teilen von Fischen, Schweinen und Rindern. Pflanzliche Kollagen-Supplemente aus beispielsweise Algen werden zwar angeboten, sind aber leider für den menschlichen Körper nicht nutzbar.
An tierischen Produkten führt daher kein Weg vorbei. Diese unterscheiden sich aber, je nach Quelle, in ihrer Wirksamkeit. Eine japanische Studie¹ der SOUKEN Labore in Tokio mit 60 Versuchspersonen zeigte deutlich, dass die Hautfeuchtigkeit nach acht Wochen bei Kollagen auf Fisch-Basis um 12 Prozent und auf Schweine-Basis um 28 Prozent verbesserte. Bei der doppelblinden Studie nahmen zwei Gruppen von jeweils 30 Frauen zwischen 40 und 59 Jahren entweder pro Tag ein Getränk mit 10 Gramm Placebo oder 10 Gramm eines Kollagen-Supplements auf Fisch- oder Schweine-Basis ein. Nach vier und acht Wochen wurden im Labor an verschiedenen Stellen des Körpers Messungen hinsichtlich der Hautfeuchtigkeit vorgenommen.
Bei der kritischen Einordnung der Studien-Ergebnisse ist zu beachten, dass die Präparate vom Hersteller bereitgestellt wurden. Auch eine Finanzierung der kompletten Studie durch das Unternehmen ist nicht auszuschließen.
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Rinder-basiertes Kollagen wohl am effektivsten
Eine weitere Studie aus Deutschland² mit 72 Frauen ab 35 Jahren zeigte, dass die Einnahme von Rinder-basiertem Kollagen eine noch größere Verbesserung bewirkt, da dessen Zusammensetzung dem menschlichen am ähnlichsten ist. Bei dieser Kooperation des Instituts für Biometrie und klinische Forschung der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und der Dermatest GmbH tranken die Probandinnen täglich eine Trinkampulle eines Kollagen-Präparats mit 2,5 Gramm Kollagen, Acerola-Fruchtextrakt, Vitamin C, Zink, Biotin und Vitamin E oder ein Placebo.
Während der Testphase wurden verschiedene Messungen zur Hautfeuchtigkeit, Elastizität, Dichte und Rauheit durchgeführt. Zusätzlich kontrollierte die Studie bei den Teilnehmerinnen, die das Präparat eingenommen hatten, vier Wochen nach Absetzen des Kollagen-Supplements, inwieweit die Hautveränderungen während der Studie erhalten blieben. Eine weitere, ähnlich aufgebaute Studie³ des deutschen proDERM Instituts in Hamburg unterstützt diese Ergebnisse. Auch diese beiden Studien wurden von den Herstellern der Supplemente unterstützt.
Wissenschaftlich bestätigte Wirkung
Ein häufig genannter Kritikpunkt an Kollagen-Supplements ist, dass das Kollagen nach der Einnahme verdaut wird und daher gar nicht dort ankommt, wo es gebraucht wird. Tatsächlich wird Kollagen nach der Einnahme im Magen aufgespalten. Aber die so entstehenden Aminosäuren gelangen ins Blut und können im Körper überall dort eingesetzt werden, wo sie nötig sind.
Anti-Aging
Die bereits erwähnte japanische Studie zeigte bei täglicher Einnahme von 10 Gramm über 56 Tage deutliche Verbesserungen bei Hautfeuchtigkeit, Elastizität. Außerdem verbesserten sich die Kollagen-Menge und -Vernetzung in der Haut. Diese Ergebnisse wurden u. a. durch eine französische Studie⁴ der COSderma Labore in Bordeaux unterstützt. Dort nahmen 106 Personen über zwölf Wochen jeden Tag ein Getränk mit 10 Gramm Fisch-basiertem Kollagen oder einem Placebo ein. Auch eine koreanische Studie⁵ mit 64 Teilnehmern sowie die Untersuchung von Gewebemustern im Labor kamen zu ähnlichen Resultaten. Mehrere deutsche Studien mit nur 2,5 Gramm über 12 Wochen zeigten ebenfalls Verbesserung bei Haut-Feuchtigkeit, -Rauheit, -Elastizität und -Dichte.
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Cellulite
Eine randomisierte, doppelblinde Studie⁶ der Universität Kiel untersuchte 105 Teilnehmerinnen, die unter mittelstarker Cellulite litten. Dabei konnten bei der Einnahme von 2,5 Gramm Kollagen über sechs Monate Verbesserungen nachweisen. Die Teilnehmerinnen nahmen jeden Tag ein in Wasser gelöstes Pulver ein. Alle weiteren Aktivitäten, wie z. B. das Eincremen oder das Massieren der von Cellulite betroffenen Hautpartien, mussten sie für die Dauer der Studie unterlassen. Neben einer generellen Verbesserung der Cellulite stellte sich auch heraus, dass sich bei Versuchspersonen mit einem Body-Mass-Index (BMI) über 25 stärkere Verbesserungen als bei solchen mit einem niedrigeren BMI abzeichneten.
Festere Fingernägel
Eine brasilianische Studie⁷ in Zusammenarbeit mit der Universität Kiel untersuchte die Wirkung von 2,5 Gramm Kollagen über vier Wochen bei 25 Frauen mit brüchigen Fingernägeln. Hierbei zeigte sich eine deutliche Verbesserung der Nagelfestigkeit. Diese Studie kombinierte objektive und subjektive Methoden. Zum einen wurde das Nagelwachstum gemessen, zum anderen die Einschätzungen der Probandinnen ausgewertet, die einen Fragebogen ausfüllen mussten.
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Fazit
Auch wenn die Ergebnisse vielversprechend wirken und keine Nebenwirkungen auffielen, befindet sich die Forschung zum Thema Kollagen-Supplementierung noch in den Anfängen. Bei den Studien handelte es sich immer um kleine Versuchsgruppen, weshalb die Ergebnisse nur bedingt belastbar sind. Außerdem sind vergleichbare Präparate zu den in den Studien verwendeten für Verbraucher noch recht teuer.
Wer die Wirkung von Kollagen ausprobieren möchte, kann, statt Tabletten zu nehmen, erst einmal regelmäßig Knochenbrühe trinken. Auch hier fällt der Kollagen-Gehalt je nach Zubereitung recht hoch aus. Und die Zutaten sind erschwinglicher.
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Quellen
- 1. Asserin, Jérome et all (2015), The effect of oral collagen peptide supplementation on skin moisture and the dermal collagen network: evidence from an ex vivo model and randomized, placebo‐controlled clinical trials. Journal of Cosmetic Dermatology Published by Wiley Periodicals, Inc.
- 2. Bolke, Liane et all (2019), A Collagen Supplement Improves Skin Hydration, Elasticity, Roughness, and Density: Results of a Randomized, Placebo-Controlled, Blind Study. Nutrients. 2019; 11(10):2494.
- 3. Laing, Sabrina et all (2020), A Dermonutrient Containing Special Collagen Peptides Improves Skin Structure and Function: A Randomized, Placebo-Controlled, Triple-Blind Trial Using Confocal Laser Scanning Microscopy on the Cosmetic Effects and Tolerance of a Drinkable Collagen Supplement. Journal of Medicinal Food, 01 Feb 2020, 23(2):147-152.
- 4. Asserin, Jérome et all (2015), The effect of oral collagen peptide supplementation on skin moisture and the dermal collagen network: evidence from an ex vivo model and randomized, placebo‐controlled clinical trials. Journal of Cosmetic Dermatology Published by Wiley Periodicals, Inc.
- 5. Kim, Do-Un et all (2018), Oral Intake of Low-Molecular-Weight Collagen Peptide Improves Hydration, Elasticity, and Wrinkling in Human Skin: A Randomized, Double-Blind, Placebo-Controlled Study. Nutrients 2018, 10(7), 826.
- 6. Schunck et all (2015), Dietary Supplementation with Specific Collagen Peptides Has a Body Mass Index-Dependent Beneficial Effect on Cellulite Morphology. Journal of Medicinal Food. Dec 2015.1340-1348.
- 7. Hexsel et all (2017), Oral supplementation with specific bioactive collagen peptides improves nail growth and reduces symptoms of brittle nails, Journal of Cosmetic Dermatology, Vol. 16, Issue 4, 520-526.