9. Juli 2021, 4:47 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Kohlenhydrate drastisch reduzieren (ja, auch den Zucker), dafür den Fettanteil der Ernährung stark steigern – was macht das mit dem Körper? Wie fühlt man sich? Nimmt man ab? Und kann man das überhaupt durchhalten? Fragen, denen FITBOOK-Redakteurin Melanie einmal auf den Grund gehen wollte. Gesagt, getan – und so waren 4 Wochen „Keto-Diät“ angesagt. Hier berichtet sie, wie sie an die ketogene Ernährung herangegangen ist, von den Herausforderungen und ihren Erfolgen.
Ich habe mich schon immer viel mit dem beschäftigt, was ich esse. Zum einen, um hier und da mal ein paar Pfunde loszuwerden. Zum anderen, weil ich mich nach Mahlzeiten häufig unwohl fühlte. Magenschmerzen und Blähbauch ließen grüßen. Mir war deshalb schon länger klar, dass ich an meiner Ernährungsweise etwas verändern wollte. Nur was? Irgendwann stieß ich auf den Begriff „Keto-Diät“ bzw. ketogene Ernährung. Bei näherem Hinsehen verwarf ich den Plan, mich ketogen zu ernähren, jedoch zunächst. Ich Schokoladenliebhaberin sollte auf Kohlenhydrate und damit auf Zucker verzichten? Und auch noch regelmäßig kochen? Ganz klar: Diese Hürden sind zu hoch für mich. Doch als eine Freundin es ausprobierte und regelrecht im „ketogenen Himmel“ schwebte, packten mich die Neugier und der Ehrgeiz. Vier Wochen „Keto-Diät“ im Selbstversuch – diese Challenge wollte ich einfach mal wagen.
Übersicht
Was ist ketogene Ernährung?
Auf den ersten Blick könnte man meinen, die „Keto-Diät“ wäre einfach eine Form von Low Carb. Der Unterschied ist, dass es um mehr als nur um die Kohlenhydrate geht. Auch Protein- und Fettanteil der Nahrung spielen eine wichtige Rolle. Jede Mahlzeit besteht aus 75 Prozent Fett, 20 Prozent Protein und 5 Prozent Kohlenhydraten. Da Portionen natürlich unterschiedlich groß sein können, gilt für Kohlenhydrate noch folgender Richtwert: 20 bis 50 Gramm am Tag sind erlaubt. Für den Einstieg entscheide ich mich für die strenge Variante mit maximal 20 Gramm Kohlenhydraten pro Tag. Ich habe nämlich gelesen, dass man so die Ernährungsumstellung schneller und besser schafft. Ich sage nur: „Keto-Grippe“. Dazu später mehr.
Hintergrund
In einem anderen FITBOOK-Artikel haben wir die Prozesse, die bei der ketogenen Ernährung im Körper ablaufen, genauer erklärt. Kurz zusammengefasst: Fehlen Kohlenhydrate in der Ernährung, suchen sich die Zellen alternative Energiequellen. Es kommt zur sogenannten Ketose. Dabei kommen Ketonkörper (oder: Ketone) im Blut auf, welche die Zellen mit Energie versorgen sollen. In der Ketose soll es zu einer erhöhten Fettverbrennung kommen. Die Folge: eine mögliche Gewichtsreduktion.
Mehr News von FITBOOK jederzeit aufs Handy – jetzt die kostenlose Buzz-App herunterladen: Google Play | Apple App Store.
Was darf ich essen und trinken?
Nachdem ich für meinen Selbstversuch die Grundsätze der „Keto-Diät“ verinnerlicht hatte, stellte ich mir die Frage, was ich denn nun eigentlich alles auf meinen Einkaufszettel schreiben soll und was nicht mehr geht. Das Offensichtlichste zuerst: keine Nudeln, kein Reis, keine Kartoffeln und – meine größte Sorge – kein Brot und keine Süßigkeiten. Was mich ehrlich überraschte, ist die Anzahl an Obstsorten, die aufgrund ihres hohen Fruktose-Anteils nun tabu waren. Meine geliebten Äpfel und Bananen wanderten jedenfalls nicht mehr in den Einkaufswagen. Stattdessen sattelte ich auf Beeren um (Brombeeren, Heidelbeeren, Himbeeren, Johannisbeeren) um. Also Früchte, die ich zuvor eher außen vor ließ.
Die Basis der ketogenen Ernährung ist kohlenhydratarmes Gemüse: Blumenkohl, Brokkoli und Spinat beispielsweise waren eh schon Dauerbrenner in meiner Küche. Neu hinzu kamen von mir bis dato noch eher verschmähte Sorten wie Sellerie, Kohl oder Pak Choi. Avocado ist übrigens ein Gemüse, das viel Fett enthält – dem Hauptenergielieferanten im Rahmen der „Keto-Diät“. Auch Fisch, Fleisch, sowie Nüsse sind aufgrund ihrer hohen Fettqualität ideal für meinen Selbstversuch.
Auch interessant: Darf ich (Light-)Bier trinken, wenn ich mich ketogen oder low carb ernähre?
Nicht vergessen darf man übrigens die Getränke. In ihnen verstecken sich Kohlenhydrate, gerne auch in Form von Zucker. Während der Verzicht auf Cola, Limonade oder Eistee für mich nicht weiter schlimm ist, musste ich leider auch Saftschorlen adieu sagen. Was immer geht, ist natürlich Wasser. Aber auch ungesüßter Tee oder schwarzer Kaffee funktionieren gut. An die Option Gurkenwasser muss ich mich dagegen wohl erst noch gewöhnen.
Auch interessant: Mit Filter oder als Espresso? Die gesündeste Art, Kaffee zuzubereiten
Woche 1 und 2 im „Keto-Diät“-Selbstversuch: Was ist eigentlich die „Keto-Grippe“?
Mit viel Elan stürzte ich mich in die Challenge. Schnell merkte ich, dass ich den Aufwand deutlich unterschätzt hatte. Täglich mittags und abends kochen und am Anfang eigentlich auch jeden Tag einkaufen, um den Inhalt des Kühlschranks „keto-fit“ zu machen. Auf Frühstück verzichtete ich in den ersten zwei Wochen. Auch das ist laut meiner Recherche eine Methode, um schneller die Ernährungsumstellung zu schaffen – und die gefürchtete „Keto-Grippe“ hinter mich zu bringen.
Keto… was? Ja, richtig, es gibt ein Phänomen, das als „Keto-Grippe“ bezeichnet wird. Manche nennen es auch „Zucker-Entzug“. Und das beschreibt es wohl recht gut: Auf die Ernährung mit wenig Kohlenhydraten und deshalb auch mit wenig Zucker muss sich der Körper erst einmal einstellen. In meinem Fall führte das dazu, dass ich mich in der ersten Woche ein paar Tage schlapp und müde fühlte und mir manchmal auch leicht übel wurde. Da ich aber schon vor diesem Selbstversuch meine Kohlenhydrate eingeschränkt hatte, erlebte ich nur eine leichte Form der „Keto-Grippe“. Von anderen Ketariern weiß ich, dass man sich in dieser Phase durchaus richtig krank fühlen kann – mit Husten, Schnupfen oder Kopf- und Gliederschmerzen. Fast wie bei einer Grippe eben.
Auch interessant: Gemüsesorten, die für die ketogene Ernährung ideal sind
Woche 3 und 4 im „Keto-Diät“-Selbstversuch: »Ich fühle mich fit und voller Energie
Als die Hälfte der Monats-Challenge geschafft war, merkte ich: Es tut sich etwas. Die Müdigkeit und Schlappheit waren wie weggeblasen. Ich fühlte mich wach und voller Energie. Was ich fast noch schöner fand: Ich kochte plötzlich gerne und alle Rezepte, die ich ausprobierte, schmeckten. Eins meiner Favoriten ist so simpel wie lecker – Kohlrabi-Püree mit Hähnchen. Einfach richtig gut. Außerdem stellte ich fest, dass ich weniger mit meinen Dauerleiden Magenschmerzen und Blähbauch zu kämpfen hatte. Im Gegenteil: Ich fühlte mich leichter, im doppelten Sinne. Denn an meiner Kleidung sah ich, dass ich auch abnehme.
Auch interessant:
FITBOOK-Autorin Anna entschied sich für einen 6-wöchigen Selbstversuch – von „No Carb“ über „Low Carb“ zu „Kohlenhydrate satt“. Ihr Experiment können Sie hier nachlesen:
»2 Wochen (fast) ohne Kohlenhydrate – ich bin fit, aber …
»2 Wochen Low Carb – Alles ist richtig gut, nur mein Taillenumfang nicht!
»2 Wochen Kohlenhydrate satt – ich bin aufgebläht und müde
Selbstversuch, Teil 2 FITBOOK-Redakteurin: »Wie ich die Keto-Diät für meinen Alltag abwandle
Selbstversuch, Teil 1 »2 Wochen (fast) ohne Kohlenhydrate – ich bin fit, aber …
Selbstversuch, Teil 2 »2 Wochen Low Carb – alles ist richtig gut, nur mein Taillenumfang nicht!
Fazit: »Ich bleibe dabei, aber…
Wie im Flug sind die vier Wochen meines „Keto-Diät“-Selbstversuchs vorbeigegangen und ich ziehe mein Fazit. Die Erfahrung war wertvoll und ich habe viel über Lebensmittel, Kochen und mich selbst gelernt. Zum einen: So ein Kochmuffel, wie ich immer dachte, bin ich dann wohl doch nicht. Zum anderen: Schokolade, Süßigkeiten, Kartoffeln oder Reis wegzulassen, fühlt sich für mich mit den richtigen Rezepten überhaupt nicht wie Verzicht an.
Auch interessant: Lebensmittel mit zugesetztem Zucker, in denen man ihn nicht vermutet
»Was früher säuerlich schmeckte, empfinde ich nun als süß
Das liegt unter anderem daran, dass sich tatsächlich mein Geschmackssinn leicht zu verändern scheint. Heidelbeeren zum Beispiel, die ich früher als eher säuerlich empfand, schmecken plötzlich deutlich süßer. Und wenn mich doch mal die Lust nach den genannten No-Go-Lebensmitteln packt, gibt es mittlerweile tollen Ersatz: Süßigkeiten mit alternativen Süßungsmitteln oder Lebensmittel mit wenig Kohlenhydraten – zum Beispiel Reis und Spaghetti aus Palmenherzen oder Brot aus Kokosmehl und Johannisbrotkernmehl, um nur ein paar Möglichkeiten zu nennen.
Auch interessant: 13 Alternativen zu Weizenmehl
Strenge „Keto-Diät“ erfordert viel Disziplin
Auf der anderen Seite ist die ketogene Ernährung durchaus aufwendig. Um wirklich sicher sein zu können, dass der Anteil von Kohlenhydraten, Protein und Fett stets stimmt, muss man eigentlich alles selbst zubereiten. Dazu gehört dann häufiges Einkaufen genauso wie das Abwiegen jeder Zutat. Mit Freunden einen schönen Abend im Restaurant zu verbringen, wird da schon echt schwierig.
Auch interessant: 7 geniale Tricks, wie man sich mit wenig Geld gesund ernährt
Deshalb mein Fazit zu vier Woche „Keto-Diät“ im Selbstversuch: Ich mache die „Keto-Diät“ weiter, aber mit Ausnahmen. Die Grundidee der Ernährungsform passt super zu mir, zu genau nehme ich es auf Dauer aber dann doch nicht. So trinke ich manchmal auch mehr als ein Glas Wein oder gönne mir ein leckeres Essen, das Low Carb, aber nicht ketogen, ist.