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No-Sugar-Challenge

Das ist passiert, als ich 8 Wochen auf Zucker verzichten wollte

FITBOOK-Autorin Kristina Hallhake frustriert wegen Zuckerentzug
Gute Laune sieht anders aus, die Autorin vermisst ihren Zucker Foto: privat
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FITBOOK Redaktion

16. Juli 2020, 11:33 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten

Rohrzucker ist der Lieblingsfeind all jener, die sich gesund ernähren und gesund leben wollen. Zucker macht dick und könnte – neben Diabetes – für viele weitere Krankheiten mitverantwortlich sein. Es scheint also ratsam, komplett auf Zucker zu verzichten. Und wie schwer kann das schon sein? Unsere Autorin hat es versucht.

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Ich bin ohne Frage ein Zucker-Junkie. Man sieht es mir vielleicht nicht an, aber Süßigkeiten gehören für mich zu den Grundnahrungsmitteln. Konnte ich als Kind gut und gerne jede Jumbo-Schokoladenpackung innerhalb kürzester Zeit alleine verdrücken, reizen mich heute weniger Schokolade, Pudding oder Eis. Bei mir muss es Kuchen sein, am liebsten täglich. Außerdem ist für mich eine Mahlzeit nur dann abgerundet, wenn sie einen süßen Abschluss findet. Ohne Dessert macht Dinner keinen Spaß. Entsprechend kläglich gescheitert sind bisher meine Versuche, auf Zucker zu verzichten.

Mehr zum Thema: Sollten wir alle komplett auf Zucker verzichten?

Der Plan: 60 Tage ohne Zucker

Nun also ein neues Unterfangen mit folgendem Plan: Ich verzichte 60 Tage komplett auf Süßigkeiten sowie alle Lebensmittel, denen Rohrzucker zugesetzt wird. Alkohol ist ebenfalls tabu. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, die Zuckereinnahme auf 25 Gramm oder sechs Teelöffel am Tag zu reduzieren. Und die sind schnell erreicht: Schon eine kleine Flasche Coca Cola à 250 ml enthält 27 Gramm puren Zucker. Um den Überblick zu behalten, soll die Zuckerzufuhr im Rahmen des Experiments generell reduziert werden – nur ein Obststück am Tag ist erlaubt. Dafür kann ich ansonsten essen, was ich will. Gemüse, Fleisch, Ballaststoffe und auch kohlenhydrathaltige Lebensmittel wie Kartoffeln und Nudeln sind erlaubt.

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Woche 1: Abschied vom Feierabenddrink

Nachdem ich mich am Wochenende nochmal gebührend vom Zucker verabschiedet habe, inklusive eines köstlichen Aperol Spritz und einer großen Pizza am Sonntagabend, sortiere ich zu Beginn der entbehrungsreichen Zeit meinen Vorratsschrank. Besonders voll ist der leider ohnehin nicht und auch reinen Zucker findet man wenig, wie ich feststelle. Zum Geburtstag habe ich einen Kuchen gebacken und daher braunen Rohrzucker im Haus – dieser wandert vorerst in die Ecke, weißer Rohrzucker ebenso, Smoothies werden ausnahmslos verschenkt.

Beim Einkauf für die erste Woche ohne Zucker macht die Autorin direkt einen Fehler, der gewohnte Sojaquark enthält in geringen Mengen Rohrzucker

Danach geht’s in den Supermarkt und meine Auswahl fällt äußerst gesund aus: Sojaquark, Fisch, Brokkoli, Salat, Himbeeren und Chiasamen fürs Frühstück. Erst zu Hause schaue ich nach, was genau im Eiweißlieferanten Sojaquark enthalten ist. Schon an dritter Stelle kommt Zucker (2,5 g pro 100 g) und somit habe ich mir direkt einen Fehlkauf geleistet. Dann bereite ich das erste Abendessen zu, denn auch Fertiggerichte und -soßen enthalten gern versteckte Zuckerzusätze, die man nur durch Selberkochen umgehen kann.

3 Hauptmahlzeiten und neue Snacks

Morgens esse ich auch in der ersten Woche der Challenge wie gewohnt meine Mischung aus Haferflocken und -milch mit Chiasamen und dem Obststück des Tages – Beeren oder Banane, um genügend Energie für den Tag zu haben. Mittags esse ich meistens einen riesigen Salat mit Ei oder Fisch und abends folgt dann die größte, weil geselligste Mahlzeit. Fleisch, Fisch oder Tofu, Eier, jede Menge Gemüse, nochmal Salat, am liebsten an der Seite von Freunden. Dazwischen gibt es jetzt als Snack Nüsse statt des obligatorischen Kuchens.

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Nachts kommt der Hunger

Die Woche verläuft extrem energiegeladen, ich habe super Laune und der Verzicht auf Zucker macht Lust, generell gesünder zu leben. Neben der Arbeit schaffe ich noch ein tägliches Workout. Statt müde zu werden, habe ich eher das Problem, nicht mehr runterzukommen. Vielleicht liegt das aber auch an diesem herrlichen Wetter? Schnell wird in diesen ersten Tagen und mit meiner Ernährungsweise ein anderes Problem deutlich: Ich esse generell wenig Kohlenhydrate. Brot kommt meist nur beim Frühstück am Wochenende und bevorzugt in Form von Croissants auf den Tisch. Kartoffeln und Nudeln esse ich nur, wenn sie mir vorgesetzt werden, und Letztere eigentlich nur im Italienurlaub und daher leider äußerst selten. Warum? Weil ich einfach keinen Appetit darauf habe und nicht mal daran denke. In dieser ersten Woche denke ich allerdings regelmäßig daran – wenn ich nachts wachliege und mir der Magen knurrt.

Zucker gibt dem Körper nichts

Manon Goldhammer, staatlich examinierte Diätassistentin mit Praxis in Berlin, erklärt mir, dass mein Körper den Zucker vermisst: „Das sind typische Entzugserscheinungen. Bei einer derart rapiden Umgewöhnung fragt der Körper spätestens am Abend nach der gewohnten Zufuhr an Zucker. Bleibt diese aus, rebelliert er zunächst.“ Ihre Prognose macht mir dennoch Mut: „Zucker an sich gibt dem Körper einfach nichts außer schneller Energie, er hat keinen gesundheitlichen Mehrwert. Durch den Verzicht wirst du ausgeglichener sein, deine Konzentration wird sich erhöhen und auch Heißhungergelüste werden ausbleiben.“

 Salat auf der Seite der Testerin, bei den Kollegen Zucker und Fett in Reinform
Salat auf der Seite der Testerin, bei den Kollegen Zucker und Fett in Reinform Foto: FITBOOK

Ab dem dritten Tag erhöhe ich meine allgemeine Kalorienzufuhr und esse mehr. Mehr Gemüse, mehr Eiweiß, mehr Ballaststoffe wie Dinkel und Nüsse. Ich gewinne den Eindruck, dass mein Appetit auf Süßigkeiten genau diesen erhöhten Energiebedarf normalerweise abdeckt. Doch was snackt man, wenn Süßigkeiten wegfallen? Nüsse langweilen mich schnell. Ich lasse Zwischenmahlzeiten ab jetzt aus und nehme drei große Hauptmahlzeiten zu mir.

Übelkeit beim Zirkeltraining

An Tag vier steht mein Check-up beim Fitnesscoach an. Mein aktueller Stand: viel Kraft, wenig Kondition. Vor dem Training habe ich mein Obststück des Tages gegessen – eine Banane. Eine schnellere und bessere Energiezufuhr fällt mir nicht ein. Damit habe ich den Zuckerstar unter den Obstsorten ausgewählt: „Eine Banane enthält schon 30 Gramm Zucker. Generell gilt, Kohlenhydrate sollte man sich verdienen, mit Bewegung“, erklärt mir Ernährungsexpertin Goldhammer. Dafür bin ich bei dem Trainer an der richtigen Adresse. Beim Zirkeltraining, einer Abfolge aus Kniebeugen, Seitensprüngen, Sit-ups und Langhanteln, wird mir schon beim zweiten Durchlauf schlecht. Ob das in einigen Tagen durch weniger Zucker besser wird?

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Woche 2: Die Ersatzstoffe müssen her

So energiegeladen ich in Woche 1 war, so schlapp fühle ich mich in Woche 2. Ich bin müde, schlecht gelaunt und habe keine Zeit für Sport. Von der versprochenen Ausgeglichenheit und Konzentration keine Spur. Meine Gedanken kreisen halbstündlich um ein Stück Kuchen, der Süßigkeitenkonsum der Kollegen ist nicht gerade förderlich. Mir fehlt nicht nur der Zucker, mir fehlt das Ritual des Kuchenessens, der Ruhemoment, die Belohnung. Mehrfach stehe ich in dieser Woche beim Bäcker oder im Café und starre die süßen Teilchen an.

 In Woche 2 beginnt die Suche nach süßen Alternativen zum Rohrzucker
In Woche 2 beginnt die Suche nach süßen Alternativen zum Rohrzucker Foto: FITBOOK
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Doch der Wille ist stärker. Weil ich trotzdem eine Art Comfort Food brauche und Salatblätter einfach nicht befriedigend sind, suche ich im Biomarkt nach gesunden Alternativen. Neben Beeren landen rohe Schokolade und Kokosjoghurt, gesüßt mit Agavensirup, in meinem Einkaufswagen. Das ist alles irgendwie nett, richtig zufrieden macht es mich aber nicht und fühlt sich obendrein wie Schummeln an.

Ein Geburtstag wird mir zum Verhängnis

Das zweite Wochenende meiner Zucker-Challenge bricht an und neben diversen alkoholhaltigen Getränken werden mir auch immer wieder Backwaren angeboten. Ich widerstehe – bis ich am Sonntag bei einem Geburtstag eingeladen bin. Das Kuchenbuffet ist reichlich und verheißt das süße Versprechen, meine schlechte Laune zu kurieren. Beim gedeckten Apfelkuchen werde ich schwach und esse ein halbes Stück. Obwohl die Reue schnell einsetzt, ist mein Gefühl eindeutig: Es macht leider einfach glücklich.

Dieses Kuchenbuffet wird der Autorin zum Verhängnis.

Woche 3: Meine Energie ist zurück

Nach dem Patzer am Sonntag bin ich nun wieder wildentschlossen, die Challenge durchzuziehen. Den halben Kuchen verbuche ich gedanklich als Banane und mache einfach weiter. Seit dieser Woche schlafe ich sehr viel besser und vor allem durch. Außerdem fühle ich mich nach Mahlzeiten wirklich satt, sonst esse ich gerne auch nach dem Dessert, getriggert vom Zucker, immer weiter. Morgens stehe ich fitter auf und habe das Gefühl, weniger verquollen auszusehen. Gleichzeitig fühlt sich meine Haut glatter an. Tatsächlich bekomme ich auch mehr Komplimente, während ich für gewöhnlich häufiger höre, wie müde ich aussehe. Ich habe auch wieder Energie für Sport und gehe direkt am Montagabend laufen. An Süßigkeiten denke ich nicht und wiege mich zum ersten Mal wieder: Zwei Kilo weniger zeigt die Waage. Sind das die erhofften Vorteile des Zuckerverzichts?

Erstaunlicher Langzeit-Blutzuckerwert

In Woche 3 steht die Messung meines Langzeit-Blutzuckerwerts an. Durch die Entnahme eines Bluttropfens wird ermittelt, wie hoch der Blutzucker in den letzten zwei bis drei Monaten im Durchschnitt war – quasi mein Blutzucker-Gedächtnis. Ein normaler Wert liegt bei Nicht-Diabetikern bei unter 5,7 %, ein hoher Wert liegt bei über 6,4 % und ist ein Marker für das Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken. Mein Wert liegt bei 4,9 % und damit im sehr guten unteren Normalbereich. Die Expertin geht davon aus, dass mein Zuckerkonsum auch schon vor dem Experiment tatsächlich geringer ausfiel, als ich es selbst vermutet hätte: „Wenn Sie viel Sport machen, gleicht sich der Zuckerkonsum außerdem aus, weil ihr Körper die Energie tatsächlich verbraucht“, sagt Goldhammer. Wahr ist außerdem, dass mich insbesondere süße Getränke wie Limonaden überhaupt nicht interessieren. Vermutlich ist meine Zuckerabhängigkeit doch nicht so groß gewesen wie vermutet. Mein körperlicher Entzug vom Zucker sei nun, auch mit dem kleinen Rückfall, durchgestanden, so die Ernährungsexpertin.

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Woche 4: Der innere Schweinehund

Das Auf und Ab geht weiter: So motiviert ich Woche 3 beende, so düster startet Woche 4. Was in den letzten Tagen noch locker gelang, will irgendwie nicht klappen. Die Arbeit stresst, Zeit für Sport fehlt und ich bin grundsätzlich sehr schlecht gelaunt. Nichts hilft, nichts tröstet. Nicht das nette Abendessen mit Freunden, nicht die Erdbeeren als süße Alternative, nicht die Aussicht aufs Wochenende. In dieser Woche steht fest: Ich will Zucker, ohne Kompromisse. Die Vorstellung eines frisch gebackenen, noch warmen Apfelkuchens, am besten mit Streuseln, manifestiert sich an jedem einzelnen dieser Tage vor meinem inneren Auge. Das Zirkeltraining und die nächste Chance, meine Kondition zu testen, sage ich kurzerhand ab. Keine Lust auf gar nichts!

Ich stelle mir immer wieder die Frage, sollte ich wirklich noch einen weiteren Monat durchziehen? Wozu? Angesichts meines Dauertiefs fehlen mir die Argumente zum Weitermachen. Mitte der Woche und beim Verzehr des x-ten Salatblatts wird mir klar, mein Leben braucht Zucker. Nicht körperlich, aber mental bringt er mir als Genussfaktor zu viel Lebensqualität, um auch nur mittelfristig darauf zu verzichten. Zucker ist ein Teil von mir und das ist auch gut so. Und so beende ich das Zuckerexperiment einen Tag vor dem Ende des ersten Monats und breche das Fasten mit einem Besuch beim Lieblingsitaliener. Aperol Spritz gefällig? Selbstverständlich! Tiramisu zum Nachtisch? Unbedingt!

Aperol Spritz im Sommer
Der erste Aperol Spritz nach einmonatiger Zuckerabstinenz tut besonders gut Foto: FITBOOK

Zugegeben, das Getränk und das Dessert schmecken furchtbar süß. Aber dafür bin ich in diesem Moment auch sehr sehr glücklich.

Themen Challenge Zucker
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