30. August 2021, 17:31 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Kaugummis sorgen für frischen Atem, können über ein akutes Hungergefühl hinwegtäuschen und haben vor allem Vorteile für die Zahngesundheit. Oder doch nicht? Kann es denn wirklich gesund oder zumindest unbedenklich sein, den ganzen Tag mit den Zähnen zu malmen? Auf diese und weitere Fragen kennt FITBOOK die Antworten.
Kaugummi ist buchstäblich in aller Munde. Umso wichtiger ist es, herauszufinden, ob die beliebte Angewohnheit unbedenklich ist. FITBOOK hat bei einem Experten nachgefragt, was Kaugummikauen mit unseren Zähnen und unserem Kiefer macht und ob es wirklich so gesund für unsere Zähne ist.
Übersicht
Ist Kaugummikauen gesund für unsere Zähne?
Gute Nachrichten für alle Kaugummi-Fans: Natürlich haben Kaugummis auch gesundheitliche – insbesondere zahngesundheitliche – Vorteile. Neben der Tatsache, dass sie kurzweiligen Mundgeruch überdecken können, regen sie auch den Speichelfluss an, was den Zähnen richtig gut tut. „Die Zähne werden durch den Speichel remineralisiert und auch Säureangriffe können durch ihn neutralisiert werden“, erklärt Zahnarzt Dr. Joachim Hüttmann im Interview mit FITBOOK.
Speichelfluss und Speichelsimulation ist also erst mal etwas Gutes. Allerdings sollte man es laut dem Experten auch nicht übertreiben, denn bei ständigem und zu viel Speichelfluss wird der Mineralgehalt im Speichel geringer, sodass der zahngesundheitliche Effekt irgendwann nachlässt. Für einen höheren Speichelfluss muss man allerdings auch mehr bzw. viel trinken. „Viel“ trinken heißt aber nicht, dass man „oft“ trinken sollte: „Wenn man oft am Tag trinkt, hat man auch oft Flüssigkeiten im Mund, die dann den Speichel wegspülen und ihn verdünnen“.
Was ist bei der Kaugummi-Wahl zu beachten?
Wenn Kaugummis zuckerhaltig sind, verhalten sie sich gegenüber den Zähnen wie gewöhnliche Süßigkeiten – und zwar solche, die besonders lang im Mund verbleiben. Das bekannte Problem: Beim Verzehr kohlenhydratreicher Lebensmittel (so auch zuckerhaltiger Kaugummis) wandeln Bakterien den Zucker in Säuren um. Diese lösen Mineralien aus dem Zahnschmelz heraus und begünstigen so die Entstehung von Karies.
„Es ist natürlich besser, Kaugummis zu benutzen, die einen Zuckeraustauschstoff enthalten“, sagt dazu Dr. Hüttmann. Xylit sei zum Beispiel so ein Zuckeraustauschstoff, der von Bakterien nicht verstoffwechselt, also nicht zu Säure verarbeitet, werden kann. Damit sei man laut dem Experten auf der sicheren (kariesfreien) Seite. Welche Süßstoffe im Kaugummi enthalten sind, kann man mit einem Blick auf die Inhaltsstoffe erkennen.
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Kann Kaugummikauen das Zähneputzen ersetzen?
Kaugummikauen sei laut Dr. Hüttmann „niemals ein Ersatz für das Zähneputzen“. Speisereste und Zahnbelag ließen sich nicht durch den Speichelfluss wegspülen, sondern könnten nur mechanisch entfernt werden. Nichtsdestotrotz könne Kaugummikauen die gesunde Mundhygiene unterstützen, weil die Produktion von Speichel dabei helfe, sowohl den Mineralverlust der Zähne wieder auszugleichen, als auch den pH-Wert in der Mundhöhle insbesondere nach säurehaltigen Lebensmitteln, zu neutralisieren. Zahn-Erosionen können damit effizient vorgebeugt werden.
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Bekommt man vom Kaugummikauen ausgeprägte Kiefermuskeln?
Wer schon mal lange an etwas Zähem gekaut hat, der weiß, dass auch die Kiefermuskulatur – ähnlich wie Muskelkater – überlastet werden und schmerzen kann. Was macht das lange Malmen denn nun mit dem Kiefer? „Es trainiert die Kiefermuskulatur und führt zu einer Erhöhung des Muskeltonus (Spannungszustand eines Muskels oder einer Muskelgruppe, Anm. d. Red.) insgesamt“, sagt Zahnarzt Dr. Hüttmann. Das sei besonders bei Personen, die schon Probleme mit Zähnepressen und -knirschen haben, kritisch. Denn eine Erhöhung des Muskeltonus könne die Probleme vielleicht verstärken.
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Kann Kaugummikauen das Hungergefühl reduzieren?
Zwischen den Mahlzeiten schieben sich viele einen Kaugummi in den Mund, um die ersten Hungergefühle abzuschwächen. „Indem man kaut und dann auch Speichel schluckt, täuscht man dem Magen vor, dass man etwas isst. Kaugummikauen könnte durchaus das Hungergefühl dämpfen“, kann sich der Experte vorstellen, ohne es aber sicher zu wissen.
Wie lange sollte man maximal Kaugummi kauen?
Was die Kau-Dauer angeht, gibt es nach Dr. Hüttmanns Einschätzung keine feste Zeitbeschränkung, an die man sich halten könnte. Jeden Tag unaufhörlich Kaugummikauen sei aber definitiv nicht gesund. „Wenn man rund um die Uhr mit den Zähnen mahlt, ist das weder gut für die Kiefermuskulatur noch für die Zähne. Im Ruhezustand berühren sich die Zähne im Mund nämlich gar nicht, sondern schweben im Mund in der Ruhe-Schwebe-Lage“, so der Experte. „Die Zähne berühren sich während des Tages nur relativ kurze Zeit, beispielsweise beim Essen, da reiben sie aufeinander ähnlich wie beim Kaugummikauen.“ Diese Reibungen – egal ob beim Essen oder Kaugummikauen – führen zu Abnutzungen des Zahnschmelzes.
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Fazit
Dass die Kaugummis so beliebt sind, hat viele gute Gründe. Neben frischem Atem können die (zuckerfreien) Kaugummis die Zähne durch erhöhten Speichelfluss remineralisieren sowie Säure neutralisieren und damit zur Mundhygiene beitragen – und zusätzlich womöglich auch noch das Hungergefühl dämpfen. Als Zahnputzersatz sind sie – nicht sehr überraschend, – natürlich nicht geeignet. Außerdem gibt es wie bei allem auch beim Kaugummikauen ein „Zuviel“. Wer das meiste aus den gesundheitlichen Vorteilen der Kaugummis herausholen möchte, sollte vielleicht nicht rund um die Uhr Kaugummikauen und eher nur nach säurehaltigen Lebensmitteln zu den gesünderen, zuckerfreien Kau-Snacks greifen.