16. Juni 2020, 11:45 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Ungesund und kontraproduktiv – das sagt man über krasse Diäten, bei denen binnen kürzester Zeit viel abgenommen wird. Und nicht ohne Grund. FITBOOK sprach mit Experten darüber, warum man immer weiter Kalorien zählen müsste, wenn man sich einmal für die schlanke Linie kasteit hat, und welche weiteren (Figur-)Probleme man sich dadurch heranzüchtet.
Um möglichst schnell ihr Wunschgewicht zu erreichen, setzen viele Menschen auf eine Crash-Diät. Bei den Radikalkuren werden die Tageskalorien ad hoc auf ein Minimum reduziert und/oder für einige Wochen verschiedene Ernährungsbausteine, beispielsweise Kohlenhydrate, vom ohnehin oft schon mickrigen Speiseplan gestrichen. Die Folge, logischerweise: Man nimmt ab – dauerhaft aber wieder zu.
Jojo-Effekt kann nach einer Crash-Diät zum Dauerzustand werden
„Das unzureichende Nahrungsangebot und hartnäckige Hungergefühle gaukeln dem Körper magere Zeiten vor“, sagt Diplom-Ernährungswissenschaftler Uwe Knop zu FITBOOK. Während der Crash-Diät reduziere der Organismus seinen Grundumsatz, „er schaltet sozusagen in den ‚Energiesparmodus‘ um. Und ist die Diät zu Ende, traut der Körper dem Braten nicht.“ Heißt: Auch wenn jetzt wieder normal gegessen wird – der Stoffwechsel läuft weiterhin auf Sparflamme und verbrennt weniger Kalorien, um Reserven ansammeln zu können. Es könnte ja eine nächste Hungerperiode anstehen.
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Abgenommene Muskelmasse tut ihr Übriges
Auch Yannick Obenauer, Sportwissenschaftler und Coach zur Leistungsoptimierung aus Frankfurt am Main, bestätigt FITBOOK das mit dem Hungerstoffwechsel. „Durch zu häufige Diäten ‚ökonomisiert‘ man den Körper. Er lernt, mit weniger Energie zurechtzukommen, und stellt sich dauerhaft um.“
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Wer zu wenig Kalorien zu sich nehme, verliere zuerst an Muskelmasse. Das bringe gleich mehrere unerwünschte Folgen mit sich, unter anderem „Skinny Fat“ – also dass man zwar schlank aussieht, der Körperfettanteil im Verhältnis zur degenerierten oder nicht vorhandenen Muskelmasse aber überwiegt. „Das sorgt für wenig Bindegewebsspannung im Körper“, fasst der Sportwissenschaftler zusammen. Deshalb schlackert das „dünne Fett“ unschön von Po und Beinen.
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Obenauer rät daher dringend, die Kalorien nicht allzu sehr zu reduzieren, sondern besser – in Kombination mit einer vernünftigen Ernährung – Sport zu treiben. Insbesondere Krafttraining. „Eine gut ausgeprägte Muskulatur erhöht den Grundenergieumsatz“, erklärt der Experte. Muskeln verbrennen also auch im Ruhezustand Kalorien. Dadurch wäre das Abnehmen also auch ohne sinnlose Crash-Diät bereits erleichtert.
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Muskeln verändern sich durch Diäten nachhaltig
Offenbar gehen Muskeln nicht nur zurück: Die zurückbleibenden verändern sich sogar auf struktureller Ebene, wie man unter dem Mikroskop erkennen könne. Das erklärt Dr. med. Iris Zachenhofer, Neurochirurgin und Psychiaterin am Otto-Wagner-Spital Wien, im FITBOOK-Interview. „Wer in kurzer Zeit zehn Prozent seines Gesamtgewichts abgenommen hat, riskiert den Rückgang von Mitochondrien in den Muskelzellen“, sagt sie uns. Diese dienen eigentlich als eine Art zellulärer Brennstoff und machen sie funktionsfähig. Crash-Diäten können daher zur Folge haben, dass der gesamte Körper weniger Energie verheizt. Das Gewicht zu halten, geschweige denn abzunehmen, werde dadurch langfristig erschwert.
Eine Crash-Diät schadet auch dem Hirn!
„Crash-Diäten führen zudem zu Veränderungen im Hirn und einer Umstellung des Hormonhaushalts“, warnt die Ärztin. Sie kennt verschiedene Studien, die belegen, dass das Sättigungshormon Leptin selbst Monate nach abgeschlossener Crash-Diät im Blut in geringerer Menge vorliegt. Gleichzeitig bleibe Ghrelin – ein Hormon, das bei uns das Hungergefühl auslöst – nachhaltig erhöht. Die Folge: Man hat öfter Hunger und Appetit. „Wenn in kurzer Zeit viel abgenommen worden ist, erkennt der Körper das als Notsituation“, so Zachenhofer weiter. „Er trifft also Vorkehrungen, damit das verlorene Gewicht wieder zurückkommt.“
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Fazit zu Crash-Diäten
Wer auf radikale Diäten verzichtet, muss sich mittelfristig nicht nur weniger quälen, sondern hat auch längerfristig mehr davon. Das Erfolgsrezept lautet daher: den Körper daran gewöhnen, sich dauerhaft vernünftig zu ernähren.